Durch das illegale Streaming entsteht der Filmindustrie jährlich allein in Deutschland ein Schaden von 300 bis 400 Millionen Euro, schätzt die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU). Jetzt ist einer der Betreiber des illegalen Internetportals kinoX.to und der Vorgänger-Seite kino.to verurteilt worden.
Der Prozess endete überraschend bereits am 14. Dezember. Das Urteil beruht laut offizieller Lesart „auf einer Verständigung mit den Verfahrensbeteiligten“ und erübrigte damit mindestens fünf weitere Prozesstage, die bis Ende Januar 2016 angesetzt waren. (M 6 / 2015) Die 11. Strafkammer des Landgerichts Leipzig verurteilte den 29jährigen Angeklagten im Verfahren um die Internetportale kino.to und kinoX.to wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken in 606 tateinheitlichen Fällen (kino.to), wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken in 2284 tateinheitlichen Fällen (kinoX.to), wegen Computersabotage, wegen Beihilfe zur Computersabotage und wegen Nötigung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten. Daneben wurde u.a. der Verfall von Wertersatz in Höhe von 20.420 Euro angeordnet. (Az: 11 KLs 390 Js 9/15).
Kinox.to gilt als Nachfolgeportal der 2011 abgeschalteten Seite Kino.to, die von Leipzig aus betrieben wurde. Das Portal verlinkt massenhaft auf Raubkopien aktueller Filme und Serien. Der Angeklagte war schon bei kino.to dabei gewesen. Als das aufflog, stieg er als technischer Geschäftsführer bei kinoX.to ein und beschaffte nach Ansicht der Ermittler eine Sicherheitskopie, aus der die kriminellen Macher den Klon kinoX.to programmierten. Weil diese Seite genau so aussieht wie ihr Vorgänger, bemerkten viele Nutzer den Übergang wohl gar nicht und blieben dem Portal treu. Das sicherte den Drahtziehern den Erfolg: Sie konnten weiterhin hohe Werbeeinnahmen generieren. Im Prozess hatte der Verteidiger des Angeklagten, Endrik Wilhelm, versucht, die Schuld seines Mandanten herunterzuspielen. Der Anwalt vertrat die Auffassung, dass kinox.to die Nutzer „nur zu anderen Servern“ verlinke: „In die echte Welt übertragen wäre kinoX.to ein Bus, der die Menschen zu einer Videothek fährt, wo sie Filme ansehen.“
Der Angeklagte kann nach Ansicht der Ermittler kinoX.to nicht allein betrieben haben. Noch immer sucht die Generalsstaatsanwaltschaft in Dresden mit internationalem Haftbefehl nach zwei Brüdern aus Lübeck. Aber von den ehemaligen „Teamkollegen“ des Angeklagten, Kastriot (26) und Kreshnik S. (22), fehlt bislang jede Spur. Die Brüder sollen über die Zugangscodes für kinoX.to verfügen. So ist das Portal trotz der Verurteilung eines Betreibers immer noch am Netz und wird weiter aktualisiert, denn den Ermittlungsbehörden fehlen die Passwörter. Der Angeklagte hatte im Prozess zwar ein Geständnis abgelegt, aber zu seinen mutmaßlichen Komplizen im Prozess keine Angaben gemacht.
Der Angeklagte konnte nach 14 Monaten Untersuchungshaft das Landgericht auf freiem Fuß verlassen, denn der Haftbefehl gegen ihn wurde aufgehoben.
Die meisten Beteiligten an kino.to, darunter der Gründer und der Chefprogrammierer, waren in Leipzig bereits zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Auch ihnen hatte die Staatsanwaltschaft gewerbsmäßige Urheberrechtsverletzung vorgeworfen.
-gl