Erneute Warnstreiks bei ARD und ZDF

Streik beim WDR im Köln.

Streik beim WDR im Köln. Foto: ver.di

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) intensiviert seit Mittwoch (25. September 2024) die Streiks bei zahlreichen ARD-Sendern und dem ZDF. Sie will mit den Angestellten und arbeitnehmerähnlichen Freien in den Rundfunkanstalten endlich entscheidende Bewegung in die Tarifverhandlungen für die einzelnen Rundfunksender bringen. Es kam bereits zu zahlreichen Programmausfällen.

Für die Erhöhung von Gehältern und Honoraren fordert ver.di 10,5 Prozent sowie Mindesterhöhungen von 500 Euro bzw. von 250 Euro für Auszubildende. Die Rundfunkanstalten bieten dagegen innerhalb eines dreijährigen Tarifabschlusses bisher lediglich knapp 2,4 Prozent pro Jahr an.

„Die Strategie der Intendantinnen und Intendanten ist es offenbar, die Beschäftigten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk von der allgemeinen Lohnentwicklung und der Tariferhöhung im öffentlichen Dienst deutlich abzukoppeln.“

„Dies stößt wegen der damit drohenden Reallohneinbußen auf nachhaltige Ablehnung bei Festen und Freien in ARD und ZDF. Auf der heutigen Tagung der Intendantinnen und Intendanten in Köln sollten die Senderverantwortlichen eine Kurskorrektur mit fairen Tarifangeboten vornehmen oder sich dem ver.di-Angebot zu einer Tarifschlichtung im SWR anschließen. Sonst verhindern sie eine baldige Lösung des Tarifkonflikts und provozieren weitere Streiks“, erklärte Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im ver.di-Bundesvorstand. Die Streiks machten deutlich, dass sich die Politik in den Bundesländern in gleicher Weise mit steigenden Personalkosten im Rundfunk befassen müssten, wie sie es in ihren eigenen Landeshaushalten auch täten, so der Spitzengewerkschafter.

Tariferhöhungen gefordert

„Gute Arbeit und steigende Ansprüche an öffentlich-rechtliche Medien mit Angeboten in Radio und Fernsehen, Social Media, Mediatheken, Onlineauftritten der Sender sowie von deren Rundfunkorchestern und Chören muss mit angemessenen Tariferhöhungen von Gehältern und Honoraren bedacht werden. Dafür braucht es eine höhere Rundfunkabgabe. Die bisher kalkulierte Erhöhung um 58 Cent ab 2025 reicht nicht aus und führt zum Programmabbau. Das gerade in der Rundfunkkommission diskutierte Aussetzen der Erhöhung fügt dem Rundfunksystem weitgehenden Schaden zu, der unbedingt vermieden werden muss“, betont Schmitz-Dethlefsen.

Kritik der Redakteursausschüsse

Auch die Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio haben in einem Brief, der M vorliegt, an die Ministerpräsidentenkonferenz und die Mitglieder der Rundfunkkommission kritisiert, die Vorschläge kritisiert. Viele Vorschläge seien rückwärtsgewandt und weltfremd, heißt es darin. Weiter betont die Arbeitsgemeinschaft: Die Vorschläge widersprächen

„den dringenden Empfehlungen des von Ihnen eingesetzten „Zukunsrats“ und wurden ohne Einbeziehung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erarbeitet. Wir fordern deshalb, dass diese Pläne überarbeitet und die Programmmacherinnen und -macher in den Entscheidungsprozess einbezogen werden.“

Denn gerade in einer Zeit, in der Fake News, Manipulationen und Hetze das Internet und die Social-Media-Plattformen überschwemmen, brauche es einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der den Bürgerinnen und Bürgern unabhängigen Journalismus biete.

Warnung vor Verfassungsbruch

Außerdem verlangen die Unterzeichner*innen das verfassungsgemäße Procedere bei der Beitragsanpassung einzuhalten. Das Verfahren, bei dem die Sender ihren Bedarf anmelden und die KEF als unabhängige Institution den Beitrag berechnet und festlegt, haben die Bundesländer auf eine Weisung des Bundesverfassungsgerichts selbst eingeführt. Jetzt dagegen zu verstoßen, sei ein Verfassungsbruch.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »