Dreyeckland-Journalist wegen Link angeklagt

Razzia bei Radio Dreyeckland in Freiburg, Foto: RDL

Am 18. April beginnt der Prozess gegen den Journalisten Fabian Kienert. Dem Mitarbeiter von Radio Dreyeckland in Freiburg wird die Unterstützung einer verbotenen Vereinigung vorgeworfen, weil er das Archiv eines Onlineportals in einem Artikel verlinkt hat. Das Portal mit Open-Posting-Prinzip war von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) 2017 als kriminelle Vereinigung verboten worden.

Wenn es nach dem Landgericht Karlsruhe gegangen wäre, hätte der Prozess gar nicht stattgefunden. Dort hatte man im Mai 2023 die Anklage gegen den Redakteur nämlich nicht zugelassen. In der Begründung betonte das Gericht, Kienert habe mit dem Link keinesfalls eine verbotene Vereinigung unterstützt, sondern sei seinen journalistischen Aufgaben nachgekommen, seine Leser*innen zu informieren. Doch die Staatsanwaltschaft legte Beschwerde ein und bekam bei der nächsten juristischen Instanz Recht.

Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) ließ die Anklage zu und so wird ab 18. April vor dem Landgericht Karlsruhe gegen  den Journalisten verhandelt. Dabei wird es um die Frage gehen, wo die Freiheit von Journalist*innen endet. Kienert hatte über die Einstellung des Verfahrens gegen mehrere Freiburger*innen berichtet, denen von der Anklagebehörde  die  Betreibung der Internetplattform Linksunten.Indymedia vorgeworfen wurde. Am Ende seines kurzen Textes setzte er einen einen Link auf das Archiv der seit 2017 abgeschalteten Plattform. Damit habe er seine journalistischen Informationspflichten erfüllt, begründet der Journalist die Verwendung des Links.

Schließlich kennen sich Leser*innen der kurzen Meldung dann selbst ein Bild machen, welche Beitrage auf der im August 2017 vom Bundesinnenministerium verbotenen Plattform überhaupt zu finden waren. Der Link führte zu polizeilichen Durchsuchungen von   Redaktionsräumen des Radios und Privatwohnungen von zwei Redakteuren. Damals wurden Mobiltelefone,  Computer und Datenträger beschlagnahmt, also alltägliches Arbeitsgerät von Journalist*innen. Die Maßnahmen von Polizei und Justiz stießen von Anfang an auf Kritik von Menschenrechtsorganisationen, die den Prozess beobachten und begleiten werden.

Für die Pressefreiheit relevant

In dem Verfahren  wird es um Fragen gehen, die auch über den konkreten Fall hinaus für Journalist*innen und die Pressefreiheit relevant sind. Daher hat sich ein Unterstützer*innenkreis für Kienert gegründet, der sich Soliwelle Dreyeckland nennt. „Der ganze Fall wirft ein schlechtes Licht auf  auf den Zustand der Pressefreiheit!“ meint Ila Peters, vom Solidaritätskreis. Auch die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GfF) unterstützt den angeklagten Journalisten.  Der GfF-Mitarbeiter und Jurist David Werdermann erklärte: „Wenn Medien mit Strafverfahren rechnen müssen, nur weil sie kritisch über staatliche Vereinsverbote berichten, dann bleibt von der Pressefreiheit nicht mehr viel übrig. Die Verlinkung einer Archivseite ist keine Propaganda, sondern gehört zu den Aufgaben der digitalen Presse. Nur so können Leser*innen sich selbst informieren und eine Meinung bilden.“

Weitere aktuelle Beiträge

Faktenchecks und Alternativen

Hat Mark Zuckerberg, der Chef des Meta-Konzerns, einen Tabubruch begangen? Anfang Januar verkündet er das Ende der Faktenchecks in den USA für Facebook und Instagram. Beide Social-Media-Plattformen gehören zu Meta. Es stellt sich die Frage, ob nun auch das Ende der Faktenchecks in Europa und damit in Deutschland droht. Die Gesetzeslage liefert hier keine Eindeutigkeiten. Aber was könnte Facebook in diesem Zusammenhang von Wikipedia lernen?
mehr »

Pressefreiheit EU: 1548 Angriffe in 2024

Die Medien- und Pressefreiheit steht weltweit unter Druck – auch in Europa. Laut eines aktuellen Berichts des EU-Projekts Media Freedom Rapid Response (MFRR) wurden im Jahr 2024 1.548 Angriffe auf insgesamt 2.567 Medienschaffende in 35 europäischen Ländern dokumentiert. Das heißt: Auch in Europa ist es längst keine Selbstverständlichkeit mehr, dass Journalist*innen frei und unabhängig berichten können. Das gilt nicht nur für autokratische Staaten, sondern auch für Deutschlands demokratische Nachbarn.
mehr »

WDR: Risiken besser managen

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hat sein Risikomanagement breiter aufgestellt. Ausführlicher berücksichtigt würden nun auch Reputationsrisiken. Damit gemeint seien „Ereignisse oder Handlungen, die möglicherweise eintreten und das öffentliche Ansehen und die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens negativ beeinflussen können“ - rechtliche, programmliche, technische oder sonstige Risiken. Dafür, dass solche Risiken entsprechend erfasst werden, hatte der WDR-Verwaltungsrat plädiert, der die Finanzen der Rundfunkanstalt kontrolliert.
mehr »

Umgang mit KI in Film und Fernsehen

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und die Schauspielgewerkschaft Bundesverband Schauspiel e.V. (BFFS) haben mit der Produktionsallianz Bedingungen zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz (KI) in Filmproduktionen vereinbart. Abgeschlossen sind damit auch die Tarifverhandlungen zur Anwendung von generativer KI. Zunächst waren Neuabschlüsse des Tarifvertrags Film- und Fernsehschaffende (FFS) sowie des Schauspieltarifvertrages erzielt worden, außerdem gab es eine tarifliche Einigung zur betrieblichen Altersversorgung und eine zu Nachwuchsfilmen im letzten Jahr.
mehr »