Filmtipp: „Dirty Games“ – die dunkle Seite des Sports

Filmplakat: Dirty Games

Vor den Spielen und vor der Fußball-WM müsse man die Probleme ansprechen und Proteste organisieren, sagte der Vertreter einer NGO in Rio de Janeiro. Wenn der Ball erst einmal rollt, will niemand von den dunklen Seiten des Sports etwas hören. So lässt sich auch der Starttermin für den Dokumentarfilm „Dirty Games“ verstehen. Rechtzeitig zwei Wochen vor Beginn der Fußball-WM und wenige Wochen vor den Olympischen Spielen macht Regisseur Benjamin Best überdeutlich aufmerksam, dass die Welt des Sports und der Sportevents nicht heil ist. In acht Länder ist er gereist, hat hinter die Kulissen geschaut, dorthin, wo die Geschäfte gemacht werden, wo Korruption und Bestechung regieren.

Das Thema ist gewiss nicht neu, etwa die schmutzigen Geschäfte der FIFA können kaum jemandem entgangen sein. Aber in dieser Zusammenballung ist, was der Autor hier zusammenträgt, doch recht eindrucksvoll. Es bleibt auch nicht beim Fußball. Wettbetrug in der US-Basketballliga oder Schiebung beim Profiboxen kommen auch vor. Überraschend ist die Offenheit mancher Zeugen. Etwa Bonita Mersiades, ehemals Pressechefin bei der Bewerbung Australiens für die Fußball-WM – sie spricht über die Lügen und Finanztricks, die die Bewerbung hintertrieben. Oder Tim Donaghy, der als Schiedsrichter in der Basketball-Liga NBA auf eigene Spiele wettete und sie entsprechend manipulierte. Oder Charles Farrell, der als Box-Manager hunderte Kämpfe verschob, von der Mafia aus dem Geschäft gedrängt wurde und heute als Jazz-Musiker reüssiert. Von ihm stammt der schönste Satz des Films: „Professionelle Verlierer machen oft mehr Geld als Sieger.“

„Dirty Games“ ist ein Stationendrama. Ein Tatort folgt auf den anderen, eine Episode auf die andere. Benjamin Best erzählt übersichtlich und entlang der Geschichten, die seine Protagonisten zu erzählen haben. Dabei interessiert er sich nicht für Funktionäre, sondern für Opfer des großen Geschäftes. Für die Familie aus Nepal, deren Sohn aus Katar, beschäftigt auf den Baustellen der Fußball-WM, tot zurückgeflogen wird. Kein Einzelfall, nach Schätzungen einiger NGO’s werden bis zur WM-Eröffnung etwa 4000 Bauarbeiter in Katar ums Leben gekommen sein. In Rio spricht der Regisseur mit Männern, die mit ihren Familien aus ihren Häusern vertrieben wurden, weil die Stadtverwaltung Gelände für einen Olympia-Park arrondiert.

Es sind diese Geschichten vor allem, die den Film interessant machen. Sie sind konkret und anschaulich und eben nicht nur Statements. Dafür nimmt sich der Filmemacher auch Zeit, die Erzählungen der Menschen können sich entwickeln. Freilich hat sein Film dadurch auch einige Längen.
Ans Ende setzt Benjamin Best eine Episode aus Manchester. Als der dortige Großklub Manchester United vom amerikanischen Milliardär Malcolm Glazer übernommen wurde, wandten sich viele Fans ab und gründeten den Amateurclub FC United. Fans und Vereinsmitglieder finanzierten sogar mit 8,5 Mio Euro den Bau eines eigenen Stadions. Dort wird jetzt wieder „ehrlicher Fußball“ gespielt und die Fans fühlen sich zu Hause. Das dürfte der Autor des Films durchaus auch als Appell verstanden wissen: die Liebhaber des Sports müssen selbst etwas ändern, damit sich wirklich etwas ändert.

„Dirty Games“ kommt ab dem 2.6. 2016 in den Kinos. Termine auf der Website des Films

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Ampelbilanz: Von wegen Fortschritt

"Mehr Fortschritt wagen" wollte die Ampel-Regierung laut Koalitionsvereinbarung von 2021 – auch in der Medienpolitik. Nach der desaströsen medienpolitischen Bilanz der vorausgegangenen Großen Koalition, so die Hoffnung, konnte es nun eigentlich nur besser werden. Von wegen. Die meisten der ohnehin wenig ambitionierten Vorhaben der Ampel blieben im Parteiengezänk auf der Strecke. Für den gefährdeten Lokal- und Auslandsjournalismus bleibt weiterhin vieles im Unklaren.
mehr »

Österreichs Rechte greift den ORF an

Eines muss man Herbert Kickl lassen – einen Hang zu griffigen Formulierungen hat er: „Die Systemparteien und die Systemmedien gehören zusammen, das ist wie bei siamesischen Zwillingen,“ sagte der FPÖ-Spitzenkandidat auf einer Wahlkampfveranstaltung im September. „Die einen, die Politiker, lügen wie gedruckt, und die anderen drucken die Lügen. Das ist die Arbeitsteilung in diesem System“. Seinen Zuhörenden legte Kickl mit seinen Worten vor allem eins nahe: Die rechte FPÖ könne dieses dubiose System zu Fall bringen oder zumindest von schädlichen Einflüssen befreien.
mehr »

Filmtipp: September 5 – Olympiattentat 1972

Einen ungewöhnlichen Blick auf das Olympia-Attentat 1972 in München zeigt Tim Fehlbaum in seinem neuen Film "September 5 – The Day Terror Went Live". Die Ereignisse, die zu dem Tod von elf Mitgliedern der israelischen Delegation und fünf palästinensischer Geiselnehmer führten, wird ausschließlich aus der Perspektive von TV-Journalisten geschildert, die zu der Zeit in der Sportredaktion des Fernsehsenders ABC arbeiteten.  Der Film kommt am 9. Januar in die deutschen Kinos.
mehr »

Faktenchecks: Metas Rechtsschwenk

Verdrehter scheint es kaum zu gehen: Vor vier Jahren, am 7. Januar 2021, sperrte Meta die Konten von Donald Trump auf Facebook und Instagram. Das war die Reaktion darauf, dass seine Anhänger, angefeuert durch seine Äußerungen, das Kapitol in Washington gestürmt hatten. Auf den Tag vier Jahre später erklärt der Meta-Konzernchef die Finanzierung der Faktencheck-Programme für null und nichtig, die vor allem Lügen und Desinformation einordnen sollten. Correctiv kritisiert den Rechtsschwenk vor dem Hintergrund der bisherigen Zusammenarbeit mit Meta.
mehr »