Tarifverhandlungen: Unfaire Forderungen

Foto: Christoph Boeckheler

Für die zweite Tarifverhandlungsrunde mit der dju in ver.di hatte der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) ein Angebot zu Tariferhöhungen angekündigt. Doch der Verband legte am 25. Juli in Frankfurt am Main keine konkreten Zahlen vor. Die Tarifverhandlungen hatten am 27. Mai begonnen. Die dju in ver.di fordert zwölf Prozent mehr für Gehälter und Honorare. Damit soll der eingetretene Reallohnverlust ausgeglichen werden.

Der BDZV sei vielmehr mit Gegenforderungen gekommen, die die Gewerkschaft äußerst unfair nennt. So solle es nach Berufsjahresstufen zustehende Einkommensschritte nur noch dann geben, wenn der Redakteur oder die Redakteurin eine thematisch vorgegebene, aber ansonsten vollkommen eigenverantwortlich zu organisierende Weiterbildung vorweisen kann. Dafür seien aber weder nötige Freistellungen, die Bezahlung der Weiterbildung oder anderweitige Mithilfe des Verlages vorgesehen.

Außerdem sollen Vorbeschäftigungszeiten nur noch aus Zeitungsberufsjahren angerechnet werden. Erfahrungen aus anderen Medien wie Rundfunk, Agenturen oder Zeitschriftenverlage zählten demnach nur ausnahmsweise, so wie es bisher bei Dienstjahren in Pressestellen üblich sei.

„Wer wegen Arbeitsverdichtung, knapper Stellenbesetzung und im Sandwich von Beruf und Privatleben nicht noch dem Verlag das Weiterbildungsmanagement und das auf eigene Kosten abnimmt, soll keine Einkommensfortschritte machen können“, kritisiert ver.di-Verhandlungsführer Matthias von Fintel. „Für alle, die Führungsverantwortung übernehmen wollen, soll es zudem keine tarifliche Höhergruppierung geben. Diese Vorstellungen bei ausbleibenden Tariferhöhungen nach Jahren des Reallohnverlustes sind eine krasse Missachtung der Arbeitsbedingungen in Zeitungsredaktionen und in hohem Maß respektlos.“

BDZV will nicht über KI-Regeln verhandeln

Außerdem will die dju in ver.di iden Einsatz von Systemen generativer Künstlicher Intelligenz (KI) regeln, „die zur stärkeren Autonomie der Zeitungsjournalistinnen und -journalisten beim Einsatz der Instrumente, mehr Mitbestimmung beim KI-Einsatz und Beteiligung an den zu erwartenden Effizienzerlösen führen sollen“.

Darüber wolle der BDZV nicht verhandeln, so von Fintel. Aus Sicht der Verlage sei das kein Thema für Tarifverhandlungen. Sie kündigten hingegen Leitlinien zum KI-Einsatz an, denen sich die Journalist*innen und Gewerkschaften dann anschließen könnten.

Gerade für das Vertrauen in den Zeitungsjournalismus bei einer zunehmend medienkritischen Öffentlichkeit sei aber solch ein Schulterschluss von Kreativen und Autor*innen einerseits sowie Verlagen nötig, so von Fintel. „Stattdessen wird vom BDZV selbstherrlich die alleinige Kompetenz zur Beantwortung der tagtäglichen und grundsätzlichen Fragen beim KI-Einsatz beansprucht. “

Die Verhandlung wurde ohne Verabredung eines konkreten Folgetermins beendet.

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