Pascal Beucker

Totgesagte leben länger

Die Via Angelo Bargoni gehört nicht zu den einladenden Flecken von Trastevere, dem angesagten Ausgehviertel in Rom. In der von Schlaglöchern übersäten Straße steht ein achtstöckiger Bürokomplex, der auch schon bessere Tage erlebt hat. Auf dem Balkon in der ersten Etage steht Matteo Bartocci und raucht. Er ist Redakteur einer Zeitung, von der viele glauben, sie hätte längst das Zeitliche gesegnet: il manifesto. „Es ist ja auch ein Wunder, dass es uns noch gibt“, sagt der 38-jährige Journalist, der seit elf Jahren für das kleine unabhängige Blatt arbeitet.
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Porträt: Flucht und Vertrauen

Yücel Özdemir sitzt in seinem schmucklosen Büro im Technologiepark im Kölner Stadtteil Müngersdorf. Der Deutschlandkorrespondent der türkischen Tageszeitung Evrensel (Universal) bereitet sich auf einen Fernsehauftritt vor. Das Studio von „Hayat TV“ ist nur wenige Meter entfernt. Dort wird ihn gleich die Moderatorin Suna Canan für ihre sonntägliche Sendung „Avrupa’da hayat“ („Leben in Europa“) befragen. Zum NSU-Prozess.
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„Wahrheiten“ vor Gericht

Ein bizarres Schauspiel mit vielen Aufzügen. Seit Anfang dieses Jahres kämpft der Kölner Ehrenbürger Alfred Neven DuMont mit juristischen Mitteln verbissen um die Familienehre, die er durch despektierliche Berichte in diversen Medien über Grundstücks­geschäfte der Neven DuMonts im Nationalsozialismus in den Schmutz gezogen sieht. Am 31. Oktober kam im Kölner Oberlandesgericht ein weiterer Akt zur Aufführung.
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Schaler Geschmack

Lange hat es gedauert. Und ganz freiwillig wirkt auch das jetzige Engagement nicht: Über sechzig Jahre nach dem Untergang des Dritten Reiches will der Kölner Großverlag M. DuMont Schauberg (MDS) nun endlich seine Geschichte in der Nazizeit „differenziert“ aufarbeiten lassen. Vor Gericht beginnen indes die Prozesse gegen verschiedene Medien wegen kritischer Äußerungen zur Vergangenheit des Konzerns.
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Verpasste Chancen

Das Ende kam schnell, sehr schnell. Zur Mittagszeit des 10. Juli hatte Ekkehard Kuppel ins Crowne Plaza Hotel am Rudolfplatz geladen. Bei Mineralwasser erklärte der aus Zürich angereiste Vorstandsvorsitzende der "20 Min Europa Holding" der Führungscrew seiner Kölner Dependance: "20 Minuten Köln" werde umgehend eingestellt.
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Sensationelles Ergebnis

Siebeneinhalb Jahre. Seyid Battal Köse kann es nicht fassen. Bis zuletzt hatte er mit seinem Freispruch gerechnet. Doch nun muß der Polizist ins Gefängnis. Schockiert ruft er: "In diesem Land werden nicht nur die Schuldigen, sondern auch die Unschuldigen bestraft." Doch Seyid Battal Köse ist kein Unschuldiger. Er war der unmittelbare Vorgesetzte der Polizisten, die am 8. Januar 1996 den 27jährigen Journalisten Metin Göktepe grausam zu Tode folterten. Er hätte die Tat verhindern können. Aber er tat es nicht.
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Türkei: Göktepe- Prozess ohne Ende

Angesichts der immer noch ungebrochen großen öffentlichen Aufmerksamkeit, die der "Fall Göktepe" in der Türkei erregte, schlug Staatspräsident Süleyman Demirel am "Tag der Presse" starke Töne an: "Die türkische Ehre" stünde auf dem Spiel. Der Prozeß gegen die elf des Mordes an dem Journalisten Metin Göktepe angeklagten Polizisten habe sich zu einem "Problem" entwickelt, "das gelöst werden muß". Der Eindruck, hier solle etwas vertuscht werden, müsse schleunigst beseitigt werden. Doch Demirels Intervention vom 24. Juli dieses Jahres verhallte ungehört. Auch nach dem neunten Verhandlungstag am 11. Oktober ist das Ende des Prozesses nicht absehbar.
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