Bezahlen möglich

Payment-Systeme: Relevante Inhalte erzielen auch relevante Umsätze

M sprach mit Christian Hasselbring, Head of Business Development beim Micropayment-Anbieter LaterPay, über Bezahlsysteme im Online-Journalismus und darüber, wie sich mit digitalen Inhalten erfolgreich Geld verdienen lässt.

Christian Hasselbring, Head of Business Development von LaterPay Foto: privat

M | Closed Paywalls, also harte Bezahlschranken, Metered Model, bei dem nur eine bestimmte Anzahl an Artikeln pro Woche oder Monat gratis verfügbar ist, oder Micropayment-Systeme. Welche Möglichkeiten zur Monetarisierung digitaler Inhalte mittels Paid Content gibt es?

Christian Hasselbring | Ganz grundsätzlich lassen sich Bezahlmodelle nach Systemen unterscheiden, die eine regelmäßige Zahlungsverpflichtung für ein definiertes Bündel von Inhalten als Basis haben oder die, wie LaterPay oder Blendle, Impulskäufe von einzelnen Inhalten ermöglichen. Wobei wiederum Blendle die Aufladung eines Kontos mit einem Guthaben, von dem dann abgebucht wird, voraussetzt. Das einzige System im Markt, das tatsächlich Impulskäufe zu Kleinstbeträgen ermöglicht, ist LaterPay.

Warum funktionieren Paywalls, also Bezahlschranken, im Netz nicht durchgehend? Welche Voraussetzungen müssen für eine erfolgreiche Monetarisierung von Online-Inhalten mittels Bezahlschranken erfüllt sein?

Für lokale, wie auch für überregionale Medien, für General-Interest wie auch für Nischenanbieter gilt meiner Meinung nach: Wenn ich mit dem Verkauf von Inhalten relevante Umsätze erzielen will, muss ich das entsprechende inhaltliche Produkt anbieten und den Service rund um das Produkt auf die Bedürfnisse des Users, also des potenziellen Käufers zuschneiden. Ein Bezahlprodukt folgt anderen Gesetzmäßigkeiten als Eines, das über Vermarktung indirekt Umsatz generiert. Damit der Verkauf von Inhalten erfolgreich wird, müssen also einige Faktoren zusammenwirken: Der tatsächliche und bestenfalls einzigartige Mehrwert des Inhalts für die Käufer. Eine angenehme und einfache Benutzbarkeit und Inszenierung der Inhalte passend zur Nutzungssituation. Und letztlich Kauf- und Bezahlprozesse, die es dem User so einfach und risikofrei wie möglich machen, sich für den Kauf im Moment des Interesses zu entscheiden.

In einer Auflistung des BDVZ, laut der 160 deutsche Zeitungen auf Paywalls unterschiedlicher Art setzen, ist auch zu erfahren, dass die „taz“ neben dem „Neuen Deutschland“ die einzige ist, die auf ein freiwilliges Bezahlsystem setzt. Das scheint ja gut zu funktionieren. Warum bei der „taz“ und bei anderen nicht?

Bei der taz funktioniert das freiwillige Bezahlen meines Erachtens wegen des Zuschnittes der Zielgruppe und der hohen Bindung dieser Zielgruppe an ihr – im deutschen Markt recht einzigartig positioniertes – Produkt. Dieses Modell lässt sich nicht ohne Weiteres übertragen. Und es lässt meiner Meinung nach erhebliche Umsatzpotenziale für die taz, zum Beispiel über ein gestaffeltes Modell aus Einzelverkauf und Zeitpässen hin zum Abo, liegen. Wenn ich der Meinung bin, dass meine Arbeit eine Bezahlung rechtfertigt, sollte ich nicht darum bitten, dass ich diese bekomme, sondern sie einfordern.

Sie sind Head of Business Development beim Micropayment-Anbieter LaterPay. Wie funktionieren diese Systeme?

Micropayment bedeutet für LaterPay, dass der Verleger einzelne Inhalte zu Kleinstbeträgen anbietet und der User sich spontan entscheiden kann, ob er einen bezahlpflichtigen Inhalt erwerben möchte oder nicht. Der User kauft also nicht die Katze im Sack – wie beim gebündelten Verkauf im Abo – sondern das, was er im jeweiligen Moment will. Dieses Prinzip entspricht grundsätzlich den Gewohnheiten der Menschen in der digitalen Sphäre: Jederzeit das suchen, benutzen, erwerben, bestellen können, was sie oder er gerade will.
Durch Aggregation der einzelnen Käufe auf eine Rechnung, die erst bei Erreichen von 5 Euro zur Bezahlung fällig wird, senkt LaterPay den Transaktionskostenanteil für den einzelnen Kauf erheblich. Mit LaterPay können die User mit zwei Clicks kaufen und werden erst später zur Bezahlung aufgefordert: Jetzt lesen, später zahlen.
Wir denken und erleben es zunehmend bei unseren Kunden – wie der Hamburger Morgenpost oder Gruner + Jahr – dass dieser Ablauf die Kaufbereitschaft erhöht; die MoPo verkauft beispielsweise einzelne Artikel im vierstelligen Bereich pro Tag. Ist dieser Prozess einmal gestartet, kann der Verleger über alle möglichen Kombinationen von Einzelverkauf und Zeitpässen unterschiedlichste Angebote machen und so die User Schritt für Schritt in Käufer und ggf. in Abonnenten wandeln. Dies ist nach unseren Erfahrungen der deutlich effizientere und effektivere Weg zu Bezahlerlösen im Vergleich zur Einführung von Abomodellen bzw. Paywalls.

Die meisten großen Verlage wie beispielsweise die Süddeutsche Zeitung mit „SZ Plus“ nutzen Metered oder Freemium-Modelle. Gibt es auch große Medienunternehmen, die Micropayment-Systeme benutzen?

Das LaterPay-Modell ist für alle „Verleger“ – also Unternehmen jeder Größe, deren Geschäft die Produktion und der Vertrieb von Inhalten ist – interessant. Schon jetzt gehören mit Gruner + Jahr, Dumont und Sport1 große Medienhäuser zu unseren Kunden. Weitere Große werden zeitnah mit LaterPay starten.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

„Das Problem mit der Leidenschaft“

Lena Hipp ist Professorin für Soziologie an der Universität Potsdam und leitet die Forschungsgruppe „Arbeit und Fürsorge“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Mit M sprach sie über „Gute Arbeit“, Stressoren im Journalismus und weshalb die Trennung von Arbeit und Privatleben für Medienschaffende so wichtig ist.
mehr »

Fünfter Streik beim Bundesanzeiger

Mit rund 130 Millionen Euro Jahresumsatz und einer stattlichen Gewinnmarge von 18 bis 20 Millionen Euro ist der Bundesanzeiger Verlag die Cash Cow der DuMont Verlagsgruppe. Doch der Verlag verweigert Tarifverhandlungen. Dabei, so formuliert es Bundesanzeiger-Betriebsrat Gerhard Treinen, befindet sich ein großer Teil der rund 560 Beschäftigten und der bis zu 280 Leiharbeitenden in prekären Arbeitsverhältnissen. Daher hat ver.di jetzt zum fünften Mal in diesem Jahr zu einem Warnstreik aufgerufen. Rund 100 Streikende hatten sich dann auch vor dem DuMont Gebäude in Köln versammelt und verliehen ihrem Unmut hörbar Ausdruck als sie „Tarifvertrag jetzt“ skandierten. „Ich habe…
mehr »

Dreyeckland-Journalist wegen Link angeklagt

Am 18. April beginnt der Prozess gegen den Journalisten Fabian Kienert. Dem Mitarbeiter von Radio Dreyeckland in Freiburg wird die Unterstützung einer verbotenen Vereinigung vorgeworfen, weil er das Archiv eines Onlineportals in einem Artikel verlinkt hat. Das Portal mit Open-Posting-Prinzip war von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) 2017 als kriminelle Vereinigung verboten worden.
mehr »

Die Verantwortung der Redaktionen

Auf die mentale Gesundheit zu achten, ist keine individuelle Aufgabe. Auch Arbeitgeber*innen können und sollten etwas für psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter*innen tun. Wie funktioniert das in einer Branche, die so geprägt ist von Zeit und Leistungsdruck und belastenden Inhalten wie der Journalismus? Wir haben uns in zwei Redaktionen umgehört, die sich dazu Gedanken gemacht haben: das Magazin Neue Narrative und der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (SHZ).
mehr »