Der Markt für bildbezogene Software für den Journalismus und den Fotojournalismus ist stark von us-amerikanischen Unternehmen geprägt. Eine Ausnahme stellt das mittelständische Münchner Unternehmen picturemaxx dar, in Deutschland ein Marktführer in Bezug auf Bildrecherche und Bildverwaltung. Felix Koltermann sprach mit dem CEO des Unternehmens, Gerhard Feigl, über die Arbeit des Unternehmens und die Zukunft des Bildermarktes.
Was sind die Dienstleistungen, die picturemaxx Bildredaktionen primär anbietet?
picturemaxx bietet eine Vielzahl von Lösungen rund um das Bild an. Für die Bildredaktionen ist vor allem die Software my-picturemaxx interessant. Dabei geht es um die aggregierte Suche über verschiedene Bildmarktplätze. Wir haben mehrere hundert Bildagenturen und Archive angeschlossen, bei denen man parallel suchen kann. Es ist also eine Dienstleistung, um weit effizienter Bilder finden zu können, ohne dass man sich in unterschiedlichen Portalen einloggen muss. So lässt sich das beste Medium in kürzester Zeit finden. Wir unterstützen dabei das gängige Prinzip im deutschen Medienmarkt, die Abrechnung per Anstrich. Innerhalb von my-picturemaxx gibt es verschiedene Features, die das Auswählen der Bilder und die Organisation von Projekten erleichtern.
Das Programm lässt sich auch für mehrere Auftraggeber verwenden. Das heißt, eine freie Bildredakteur*in kann sowohl für Verlag A als auch für Verlag B arbeiten, für diese die Bilder suchen und der Redaktion dann direkt zur Verfügung stellen. Die Redaktion rechnet dann mit der Bildagentur ab. Das ist ein entscheidender Vorteil, weil nicht die freie Bildredakteur*in einkaufen muss und dann wieder eine Rechnung stellt, was für die Lizenzierung in vielen Fällen schwierig ist. Am Ende muss sicher sein, dass die Lizenzierung für den Verlag gilt. Für Bildredaktionen ist my-picturemaxx jedenfalls ein unglaublich mächtiges Tool und eine große Erleichterung. Das darf ich vielleicht mit meinem Hintergrund bei Burda, wo ich den Bildeinkauf betreut habe, so sagen. Ein zusätzlicher Aspekt ist, dass es immer mehr Wechsel in den Bildredaktionen gibt und die Kompetenz oft neu aufgebaut werden muss.
Sind Sie der Meinung, dass die Kompetenz in den Bildredaktionen abnimmt?
Nein, so pauschal würde ich das nicht sagen. Auch heute gibt es viele qualifizierte Bildexpert*innen, die einen exzellenten Job machen. Aber durch die Sparmaßnahmen in Verlagen wurden viele Bildredaktionen ausgedünnt. Gleichzeitig müssen viel mehr Bilder gefunden werden als früher. Da es keinen entsprechenden Ausbildungsberuf gibt, beruht viel auf Wissenstransfer. Wenn aber dieser Austausch durch schnelle Fluktuation und Umstrukturierungen nicht stattfinden kann, geht zwangsläufig Wissen verloren. In Teilen lässt sich da technisch Unterstützung leisten, so wie wir das mit picturemaxx versuchen. Bei der praktischen Anwendung von my-picturemaxx können wir auch Schulungen anbieten. Und dann gibt es natürlich Dinge, die generell im Redaktionsumfeld wichtig sind, die sich nicht ersetzen lassen. Das ist zum Beispiel eine gute Allgemeinbildung, aber vor allem auch ein gewisses visuelles Gespür. Und natürlich muss man sich die gewünschte Bildsprache aneignen, gerade bei Magazinen. Dazu gehört auch das Wissen, wo ich die dazu passenden Bilder finde.
Kritisch könnte man fragen, ob sie auf einem extrem umkämpften Markt nicht einen Teil vom Kuchen, der letztlich den Fotograf*innen zur Verfügung stehen sollte, mit abgreifen?
Wenn ich ein Software-System zur Datenspeicherung einsetze, eine Infrastruktur nutze oder eine kommerzielle Vertriebsplattform, muss ich in der Regel dafür etwas bezahlen, sonst könnten diese Angebote nicht existieren. Wir unterstützen die Produzent*innen mit unseren Leistungen dabei, ihre Motive zu vermarkten, zu archivieren und effizient ihr Business zu betreiben. Durch uns finden Angebot und Nachfrage zusammen. Da greifen wir nichts von einem Kuchen ab. Im Gegenteil, wir leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass die Bildersuche vielfältig ist und die Abnehmerseite effizient suchen kann. Wenn Sie z.B. als Verlag Zeit sparen und nicht X Anbieter-Accounts verwalten müssen, bleibt Ihnen vielleicht der Spielraum, noch einen Euro mehr für ein Bild zu zahlen und nicht nur auf Billiganbieter gehen zu müssen. Und der eigentliche Verkauf bzw. Kauf des Bildes, also die Lizenzierung, findet allein zwischen dem Anbieter und dem Abnehmer statt. picturemaxx rechnet auf Basis der genutzten Software ab, unabhängig von den Verkäufen. Es gibt auch Kunden, die ihre Bilder gar nicht vermarkten, denken Sie an Unternehmen, Institutionen oder PR-Agenturen. Da geht es vielmehr um Archivierung, Organisation und Verteilung.
Deutschland ist einer der größten Medienmärkte weltweit. Wie wichtig ist für Sie der deutsche Markt im Vergleich zur weltweiten Vermarktung Ihrer Produkte?
Das Mediennetzwerk hat seinen Schwerpunkt definitiv im deutschsprachigen Raum und dort die meisten Abnehmer. International sind wir in über 10 Ländern aktiv, haben zum Beispiel Kunden in Italien, Spanien, Skandinavien, Großbritannien, USA, im arabischen Raum oder in Japan. Der Vertrieb dort wird von unserem Head of Sales International betreut. Aber wir möchten die Kultur und die Sprache der verschiedenen Regionen noch besser verstehen. Deshalb werden wir punktuell mit lokalen Handelsvertreter*innen zusammenarbeiten, die vor Ort noch besser agieren können. In Österreich und in UK sind wir im Oktober mit entsprechenden Teams gestartet.
Macht es für Sie einen Unterschied, ob Sie jetzt Editorial, Creative oder PR anbieten?
Diese Trennung ist in der Branche gesetzt, aber am Ende geht es ja darum, was ich bebildern will. Wir bieten alles an und gliedern die Dienstleistung definitiv nicht danach. Aber wir haben Filter und die Möglichkeiten, den Content so zu strukturieren, dass damit die Suche einfacher wird, damit ich den richtigen Content finde. Da sind wir beim Thema Verschlagwortung. Am Ende des Tages dreht sich alles um gutes Metatagging. Die Grenzen zwischen Editorial und Creative sind oft fließend. Gleichwohl sind unsere Datenbank-Lösungen dann spezifisch auf die einzelnen Branchen ausgerichtet. Weil eine Bildagentur andere Anforderungen hat als eine Institution oder eine PR-Agentur. Aber das Technikkonzept dahinter ist identisch, das ist das Schöne.
Wo sehen Sie denn in Zukunft die größten Veränderungen auf dem Bildermarkt?
Durch den technischen Fortschritt bedingt gibt es eine größere Masse an Bildern, aber es gibt auch mehr Möglichkeiten. Bilder werden immer gebraucht und zwar noch zunehmend mehr, weil immer visueller gearbeitet wird. So lassen sich Emotionen erzeugen. Das heißt, die Nachfrage wird steigen. Aber wenn das Angebot größer wird, wird sicherlich auch in irgendeiner Form für Bilder, die austauschbar sind, der Preis sinken. Jede Branche hat da ihre eigenen Entwicklungen. Man sieht das bei den Lebensmitteln. Da gab es die Zeit der Discounter mit „Immer mehr, immer billiger“. Das war ermüdend. Und dann kamen alle mit einer Premiumstrategie. Ich glaube, dass dies auch auf dem Bildermarkt passieren wird. Es wird immer Bilder geben, die besser und nicht austauschbar sind und dann die anderen, die Massenware.
Wie beurteilen Sie die Rolle der KI in Ihrem Geschäftsbereich in der Zukunft?
Es spielt bei uns jetzt schon eine sehr wichtige Rolle. Wir werden noch in diesem Jahr für die Bildagenturen eine KI-basierte Bilderkennung und damit verbundene Möglichkeiten der Verschlagwortung anbieten. Ziel ist ja, das beste Bild in kürzester Zeit so effizient wie möglich zu beschaffen. Das funktioniert nur, wenn die Bilder eine top Verschlagwortung haben. Den aufwendigen Prozess der Verschlagwortung vereinfachen wir KI-gestützt für Fotograf*innen und Bildagenturen. Was im engeren Sinne keine KI ist, aber was picturemaxx schon lange anbietet, ist dass wir über Regeln und Automatismen verschlagworten können. Das kann man sich ein bisschen wie „Wenn-Dann-Funktionen“ vorstellen, die sehr komplex werden können. Damit vereinfachen wir die Verschlagwortung.
Kann denn eine KI Bildredakteur*innen ersetzen?
Am Ende braucht es immer kreative Menschen. Eine gute Bildredakteur*in, das ist ein unglaublich wichtiger Job. Die Person muss visuell sein, muss Bilder erkennen können, muss die Quellen und die Rechte kennen. Und entsprechend braucht man kompetente Leute, um die KI füttern zu können. Vielleicht lassen sich später auch Trends über KI vorhersagen. Aber was ist KI? Man füttert einen Algorithmus mit Daten, die es schon gibt. Das ist ein Versuch, in die Zukunft zu sehen. Echte Trends werden wohl zum Glück noch immer von Menschen gemacht.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview ist Teil eines Projektes zur Bildredaktionsforschung von Felix Koltermann am Studiengang Fotojournalismus und Dokumentarfotografie der Hochschule Hannover. Im Rahmen einer Kooperation erscheint das Interview auch auf der Webseite des European Journalism Observatory (EJO).