Chance für neuen Schub?

Filmmuseum Potsdam wird in Hochschule „Konrad Wolf“ integriert

Das Filmmuseum Potsdam wird zum 1. Juli 2011 zu einem Institut in der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg. Gefeiert wird diese Integration offiziell erst am 3. November bei der Eröffnung der neuen ständigen Ausstellung „Traumfabrik – 100 Jahre Film in Babelsberg“. Doch zum Feiern ist nicht allen Beteiligten zumute. Viele Beschäftigte sehen der Konstellation mit Sorge entgegen.


Dabei sind beunruhigende Nachrichten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des 1981 im Potsdamer Marstall  eröffneten „Filmmuseums der DDR“ nichts Neues. Schon 2003 hatte das finanzschwache Brandenburg eine Wirtschaftlichkeitsstudie in Auftrag gegeben, ob das Filmmuseum erfolgreich aus der Reihe der Landesmuseen ausgegliedert werden könne. „Die untersuchten Modelle reichten von der Privatisierung bis hin zum Zusammenschluss sowie der Integration mit bestehenden Einrichtungen“, heißt es dazu auf eine Anfrage der Fraktion „Die Linke“ 2010. Die Antwort war damals nein.
Anfang der 1990er Jahre arbeiteten 35 Beschäftigte im Filmmuseum, 2007 wurde dem Museum angekündigt, dass es von 26 Personalstellen auf 21 Stellen zum Jahresende 2010 gesenkt werde. Die Direktorin Bärbel Dalichow protestierte damals energisch und sah durch den Personalabbau die Arbeit von 20 Jahren in Gefahr. Dazu kamen Kürzungen im Sachmitteletat. Einen Ausweg hatte das Land in einer Kooperation oder einem Zusammenschluss mit dem Filmmuseum Berlin – Deutsche Kinemathek erhofft, das vom Bund finanziert wird. Der künstlerische Leiter des Berliner Filmmuseums, Rainer Rother, erinnert sich, dass dies „interessante Überlegungen“ gewesen seien, die aber nicht detailliert genug durchdacht waren und auch keine finanzielle Grundlage hatten. Der Pressereferent des Bundeskulturministers erklärt, entsprechende Überlegungen seien „ausschließlich in der Presse diskutiert worden. Es haben aber zu diesem Thema keine förmlichen Gespräche unter Beteiligung des BKM stattgefunden, noch sind diese geplant.“

Keine Personalkürzungen

Das sah das Brandenburger Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur offenbar weniger förmlich, denn es unterstrich im Sommer 2010, es habe den Bund mehrfach zu überzeugen versucht, dass eine Bundesbeteiligung oder eine Übernahme des Filmmuseums Potsdam „museumsfachlich wie kulturpolitisch sachgerecht wäre“. Dies sei mit Hinweis auf die Haushaltskonsolidierung abgelehnt worden. Da diese „Optimalvariante“ nicht greife, sei nunmehr die Integration in die HFF die „vorrangige Entwicklungsoption“.
Am 1. Juli erhält das neue HFF-Institut Filmmuseum zunächst eine Doppelspitze: Direktorin Bärbel Dalichow wird das Haus in dieser schwierigen Phase zusammen mit dem HFF-Professor für Medienwissenschaft und Mediengeschichte Michael Wedel leiten. Weitere Personalkürzungen seien nicht geplant, so die Zusage des Landes Brandenburg. Die Beschäftigten des Filmmuseums bleiben im Landesdienst, bestätigt Personalratssprecherin Renate Schmal im Gespräch mit M. Die Zusammenarbeit mit dem Personalrat der HFF sei gut. Die Enttäuschung der Museumsmitarbeiter hat andere Gründe als die Angst um den Arbeitsplatz. Sie fürchten eine schleichende Verschiebung der Stellen und einen Bedeutungsverlust des Filmmuseums innerhalb der HFF, wenn entscheidende Personen der Fusion wie HFF-Präsident Dieter Wiedemann und Museumsdirektorin Bärbel Dalichow 2012 und 2013 in Ruhestand gehen. Sie sind enttäuscht, dass sich das Land nicht zu seinem einzigartigen Filmschatz und dem geschlossenen Bestand der DEFA-Zeit bekennt.
Das Interesse der Studierenden zu wecken, sieht auch HFF-Präsident Wiedemann als Aufgabe, doch eine bauliche Möglichkeit, nämlich das 3.000-Quadratmeter-Archiv von der Pappelallee in ein neues Haus 6 der HFF umziehen zu lassen, hat sich bereits erledigt: „Die für den Neubau geplanten Mittel reichen dafür nicht aus“, so Wiedemann zu M. Doch Dalichow und Wiedemann setzen auf „Synergieeffekte“, um die Vermählung einer „Museumsbraut mit ausgeprägter Finanzschwäche“ (Dalichow in einer Presseerklärung zum Jahreswechsel) mit einem ebenfalls rechnenden Hochschulbräutigam („die Fusion zweier Armer“, schrieb die Märkische Allgemeine) zumindest zu einer erfolgreichen „Vernunftehe“ (Wiedemann) zu machen. Gemeinsame Drittmittel-Projekte, digitale und Akquise-Schulung der Museumsmitarbeiter, Einbindung von Lehrveranstaltungen in die Ausstellungen sowie ein europäischer Studiengang „Filmkulturerbe im digitalen Zeitalter“ schweben Dalichow vor. Der Master-Studiengang ist laut Wiedemann bereits entwickelt, die Einführung hänge aber von den Finanzen durch das Land ab. „Die HFF hat ihre Hausaufgaben gemacht…“
Der Vorstand des Fördervereins des Filmmuseums sieht die Fusion zwischen Hochschule und Museum „als einen sehr sinnvollen Zusammenschluss innerhalb des Netzwerks der Region“. Für den Vorsitzenden Ulrich Kling ist es „Chance und ein praktischer Schritt für einen neuen Schub“, den Marstall „zu einem weiteren Zentrum der Medienwelt“ zu machen. „Nachteile für das Filmmuseum durch die Fusion sehe ich nicht, und wenn sie sich zeigen sollten, werden wir sie hoffentlich ausräumen können.“
Der Filmverband Brandenburg in ver.di hat im Februar erklärt, die Hochschule könne für das Filmmuseum „genau der richtige Partner“ werden. Die Vorsitzende Katharina Riedel: „Die Verantwortung der Gestalter der Integration ist groß, das Vertrauen könnte größer sein…“

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