Crossmedial arbeiten

Netzwerk für trimediale Weiterbildung von Journalisten in Europa

Die Deutsche Hörfunkakademie Dortmund arbeitet derzeit in einem Netzwerk europäischer Medienunternehmen, Bildungseinrichtungen, Verbänden und Sozialpartnern an einem Konzept einer trimedialen Weiterbildung für Journalisten. Im Februar wurden erste Ergebnisse einer Journalistenbefragung in den einzelnen Partnerländern präsentiert.

Der Slogan „One Content, all Media“ fasst die Entwicklung zusammen, die sich in den letzten Jahren für journalistisches Arbeiten abzeichnet. Zugleich werden damit Strategien der Medienunternehmen beschrieben, Inhalte nur einmal zu produzieren und mittels digitaler Technologien auf verschiedenen medialen Verbreitungsplattformen gleichzeitig zu verwerten. Für Journalistinnen und Journalisten bedeutet diese Entwicklung, sich mehrmediale Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen. Gleichzeitig sind Spezialisierung und Flexibilität gefragt. Die ideale Kompetenzmischung besteht augenscheinlich aus fundierten Sachkenntnissen auf speziellen Wissengebieten einerseits und einer breit gefächerten Fachkenntnis in den sich in der digitalen Welt eröffnenden Verwertungsmöglichkeiten andererseits.

Motivation von Lokaljournalisten verbessern

Seit Oktober vergangenen Jahres wird unter Federführung der Deutschen Hörfunkakademie an einem Konzept für eine trimediale Weiterbildung für Journalisten gearbeitet. Es soll den aktuellen Qualifikationsanforderungen multimedialen Arbeitens gerecht werden und den Journalistinnen und Journalisten eine fundierte Basis für verbesserte Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem europäischen und nationalen Arbeitsmarkt geben. Durch die Entwicklung eines solchen Konzepts sollen zugleich die Weiterbildungsmotivation von Lokaljournalisten verbessert sowie bei den Verantwortlichen ein Bewusstsein für systematische Personalentwicklung geweckt und gestärkt werden. Das Projekt „Trimedial“ wird durch das EU-Berufsbildungsprogramm Leonardo da Vinci gefördert. Neben der Deutschen Hörfunkakademie sind als Projektpartner beteiligt: aus Deutschland der Verband Lokaler Rundfunk e.V. und ver.di., aus Österreich das Kuratorium für Journalistenausbildung, aus Bulgarien die St. Kliment Ohridski University of Sofia, aus Dänemark der Center for Journalistik og Efteruddannelse, aus den Niederlanden das European Journalism Centre, die European Journalism Training Association und die Media Academie, aus Rumänien die University of Bucharest, Faculty of Journalism and Sciences of Communication, aus Slowenien die Radio Academija und HISA IDEJ. Besonders interessant bei dem Projekt ist die Einbindung von Universitäten und Akademien aus den EU-Beitrittsländern Bulgarien, Rumänien und Slowenien.

In den nächsten zwei Jahren werden Fortbildungsangebote zum Multimedia- bzw. Cross Media-Journalisten in Europa untersucht, analysiert und weiterentwickelt. Die zentralen Fragen des Projektes sind: Wie sehen zukünftige Anforderungen an den Journalismus-Beruf in Europa aus? Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten brauchen Lokaljournalisten in den unterschiedlichen Medien? Wie wird in den europäischen Partnerländern der Fortbildungsbedarf formuliert?

Seit Jahresbeginn liegen erste Ergebnisse einer Journalistenbefragung in den einzelnen Partnerländern vor. Dabei spielten unter anderem die folgenden Fragen eine Rolle: Wie qualifizieren sich Journalisten und was ist ihnen dabei wichtig? Wie sind die Inhalte der Weiterbildung? Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten sind ihnen dabei wichtig? Über welchen Zeitraum und wo qualifizieren sie sich? Welchen Stellenwert hat trimediales Arbeiten?

Große Übereinstimmung festgestellt

Trotz unterschiedlicher Bildungs- und Mediensysteme stellten die Projektpartner bei der Auswertung große Übereinstimmungen fest. Insgesamt zeigte sich, dass der Trend zum cross- bzw. multimedialen Arbeiten im Journalismus in allen europäischen Ländern vorhanden ist. Gleichwohl gibt es unterschiedliche Strukturen und damit auch unterschiedliche Geschwindigkeiten in der digitalen Contentproduktion. Bulgarien hinkt in der Online-Entwicklung deutlich hinter den anderen Ländern hinterher, während in Rumänien crossmediales Arbeiten bereits gelebte Realität ist. In Belgien, Dänemark, Österreich und Deutschland ist der Entwicklungsstand etwa gleich. In der beruflichen Weiterbildung geht der Trend in Richtung inhouse-Training. Zudem werden 2 – 3-tägige Seminarmodule im Gegensatz zu langfristigen Maßnahmen bevorzugt. Beim trimedialen Arbeiten wird nach wie vor Wert auf publizistisch-journalistische Fähigkeiten, aber auch auf die Ausbildung der technischen Fertigkeiten gelegt.

Jutta Klebon, die Vertreterin von ver.di im Projekt resümierte diese Ergebnisse so: „Vieles ist bei den europäischen Partnern ähnlich! Der Anteil des learning by doing ist überall sehr hoch. Gemeinsamkeiten zeichnen sich bei der Seminardauer ab. Es war ein sehr spannender, interessanter Überblick, der geboten wurde. Mein Fazit: Freelancer dürfen nicht vernachlässigt werden, denn gerade sie sind es, die ihre Themen für mehrere Medien aufbereiten!“

Das Leonardo da Vinci Projekt Trimedial wird im Sommer einen ersten Zwischenbericht veröffentlichen. Anfang 2006 soll dann das Weiterbildungskonzept vorgelegt werden.

Hans Paukens, Projektleiter

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Journalismus unter KI-Bedingungen

Digitalkonzerne und Künstliche Intelligenz stellen Medienschaffende vor neue Herausforderungen. „KI, Big Tech & Co. – was wird aus dem Journalismus?“ lautete folgerichtig der Titel der 11. Medienpolitischen Tagung von ver.di und DGB am 16. Oktober in Berlin. Über 80 Wissenschaftler*innen, Rundfunkräte und Journalist*innen informierten sich auch über den aktuellen Stand der Debatte über den neuen Medien“reform“staatsvertrag.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »

Traditionelle Medien zu wenig divers

Vielfalt in traditionellen Medien ist gefährdet - durch Chefetagen, die überdurchschnittlich mit weißen Männern besetzt sind. Dazu kommt eine zunehmend stärker werdende Berufsflucht. Daneben entsteht ein „peripherer Journalismus“ – entweder mit einem hohem Anspruch an Diversität oder andererseits sehr eingeschränkter Vielfalt. Das Meinungsspektrum verschiebt sich von „migrantischen zu ultrakonservativen Stimmen“. Schlaglichter auf die kritisch-konstruktive Tagung „Diversität und Geschlecht im Journalismus“.
mehr »