Die Digitalisierung revolutioniert Mediennutzung und Medieninhalte – mit spürbaren Konsequenzen für öffentlich-rechtliche Angebote, für Berufsbilder genauso wie für die Einkommenssituation von Kreativen. Vor diesem Hintergrund diskutierten gewerkschaftliche Gremienvertreter, Medienschaffende und medienpolitisch Interessierte am 15. und 16. Oktober beim MDR in Leipzig auf der Tagung „Digital total? Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Internetgesellschaft“
Detaillierte Einblicke in die aktuellen Marktentwicklungen lieferte Peter Kerckhoff, Leiter Content bei der Deutschen Telekom. Wesentlich sei, dass Menschen heute neben dem Fernsehen parallel im Netz surfen, mailen und kommunizieren und gleichzeitig der Anteil nicht-linearen Fernsehkonsums wachse, wie die stark zunehmenden Umsätze im Video on Demand-Bereich zeigten. Hier seien vor allem mit internationalen Anbietern wie Amazon Instant Video oder Netflix schon heute den Markt bestimmende Akteure unterwegs.
Warum gerade YouTube so erfolgreich ist, erläuterte Jan Kottmann, Leiter Medienpolitik bei Google Deutschland. Hierfür verantwortlich sei vor allem der in den USA feststellbare Trend, wonach die Hälfte der unter 30-Jährigen TV-Inhalte nur noch online konsumiere. Hinzu kämen besondere Eigenschaften der YouTube-Nutzer, die kein Publikum mehr seien, sondern „Fans“: Ein Publikum schaut zu, Fans wollen teilhaben. So kommt es, dass bei YouTube heute 400 Stunden Content pro Minute hochgeladen und pro Monat neun Milliarden Videos aufgerufen werden. Das Geschäftsmodell dahinter: die hochgeladenen Inhalte mit Werbung vermarkten und professionelle YouTuber darin unterstützen, möglichst professionelle Inhalte zu produzieren – um diese wieder zu vermarkten.
Dass diese und ähnliche Geschäftsmodelle bestens funktionieren, veranschaulichte Thomas Laufersweiler von der ARD-Onlinekoordination in einem Überblick der aktuellen Player in der globalen Medienlandschaft. Die Konzerne weiteten vor allem stetig ihre bestehenden Geschäftsfelder aus: Der Alphabet-Konzern (ehemals Google) investiert in Robotik, Drohnen, Körperdaten und Medizintechnik. Apple drängt mit Apple News auf den Nachrichtenmarkt, Facebook mit Instant Articles. Darüber hinaus setze das soziale Netzwerk verstärkt auf Videoinhalte. Als langfristiges Ziel wolle es die „Maschinenlesbarkeit von Menschen“ erreichen – durch die Kombination von künstlicher Intelligenz und Big Data. Amazon wiederum wandele Kundendaten bereits in Echtzeit um und hat daraus ein Geschäftsmodell generiert.
Wie reagieren ARD und ZDF auf diese Entwicklungen? Am Beispiel der Krimi-Serie „The Team“ erläuterte Susanne Müller, Leitern der ZDF-Hauptredaktion Spielfilm, das Konzept von „online first“. Da große Teile des jüngeren Publikums heute nur noch im Netz erreichbar seien, wurde die komplette Serie vor der Fernsehausstrahlung online gestellt. So habe man zusätzliche Zuschauer generiert und die Reichweite der Sendung sogar erhöht. Auch die Aktivitäten in den sozialen Medien zielten darauf ab, die Hörer und Zuschauer dort zu erreichen, wo sie sind. Aus diesem Grund, so erklärte es Jan Quickels, Social Media Beauftragter des WDR, sei auch der WDR auf Plattformen wie Facebook, Instagram, YouTube oder Twitter aktiv.
Weitere Themen waren der Wandel der Berufsbilder und der dafür notwendigen Ausbildung sowie die Veränderungen journalistischen Arbeit im Rundfunk. Der zweite Tagungstag befasste sich mit den Urheberrechten im digitalen Zeitalter und warf einen Blick auf die zurzeit in der Diskussion stehenden Gesetzesvorhaben wie die Reform des Urhebervertragsrechts.
Ein ausführlicher Bericht über die gemeinsam von ver.di und DGB veranstaltete Tagung findet sich unter: http://rundfunk.verdi.de/ueber-uns/rundfunkpolitik/++co++c7b81362-7260-11e5-bedb-525400248a66