Die Pressefreiheit muss weltweit erkämpft werden. Denn selbst in Demokratien gerät sie zuweilen unter Druck. In Hamburg wurde am Montag die erste internationale Woche der Pressefreiheit eröffnet. Beim Auftakt im großen Saal des Hamburger Rathauses wurde dabei deutlich, dass Pressefreiheit viele Aspekte hat und auf vielfältige Weise gefährdet ist. „Wo die Pressefreiheit endet, gerät auch die Demokratie in Lebensgefahr“ sagte der Gastgeber des Abends, Hamburgs Kultur- und Mediensenator Carsten Brosda in der Begrüßungsrede.
Gegner*innen der Demokratie würden deshalb immer zuerst versuchen, die Pressefreiheit zu schwächen und einzuschränken. „Auch in Europa gerät die Presse mehr denn je unter Druck“, so Brosda. „Was jahrzehntelang für Journalistinnen und Journalisten selbstverständlich war, muss mitunter gegen Widerstände und Drohungen verteidigt werden. Man könne dabei viel aus den Erfahrungen der Journalist*innen und Verleger*innen in Osteuropa lernen, so Brosda. „Zugleich sollten wir alles daransetzen, dass ihr Mut und ihre Tapferkeit hierzulande niemals nötig sein werden. Gesellschaft und Politik sind gefordert, die Freiheit der Medien und des Journalismus zu sichern.“
Die eigentlichen Veranstalter der Woche sind die Hamburger Körber-Stiftung sowie die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Beide engagieren sich schon lange für die Pressefreiheit. Die Körber-Stiftung unter anderem, indem sie jährlich das „Exile Media Forum“ in Hamburg veranstaltet, die ZEIT-Stiftung, indem sie seit 2016 gemeinsam mit der norwegischen Stiftung „Fritt Ord“ – deutsch: „das freie Wort“ — die „Free Media Awards“ für mutigen Journalismus aus Osteuropa verleiht. Für die Woche der Pressefreiheit wurden beide Veranstaltungen kombiniert. Gleichzeitig werden sie ergänzt durch Vorträge und Diskussionen anderer Organisationen, wie Reporter ohne Grenzen, die Neuen deutschen Medienmacher:innen oder das Netzwerk Recherche. Auch die Ausstellungseröffnung der World Press Photo Awards – erste Station in Deutschland – gehört dazu.
Rund 250 Gäste aus dem In- und Ausland diskutierten bei dem abendlichen Festakt über die Gefahren für die Pressefreiheit. In seiner Keynote erklärte Friedensnobelpreisträger Dmitry Muratov, wie Pressefreiheit seiner Meinung nach wichtig für den Weltfrieden sei: „Der kalte Krieg endete, als Michail Gorbatschow in der Sowjetunion Denk- und Redefreiheit förderte und Pressefreiheit zuließ“, sagte er. „Und dass wir jetzt wieder einen Krieg in Osteuropa haben und sich geopolitische Blöcke bilden, passiert, nachdem die Pressefreiheit in Russland erst schrittweise, und dann wie selbstverständlich eingeschränkt wurde.“
In der an- und abschließenden Podiumsdiskussion mit dem ehemaligen „Cumhuriyet“-Chefredakteur Can Dündar, Der „Zeit“-China-Korrespondentin Xifan Yang und Sevgil Musaieva, Redakteurin der „Ukrainska Pravda“ und diesjährige „Free Media“-Preisträgerin, wurde deutlich, auf wie viele verschiedene Weisen die Pressefreiheit unter Druck steht: „In meinem deutschen Exil kann ich schreiben, was ich will“, sagte Can Dündar. „Ich habe allerdings keine Möglichkeit, meine eigentliche Zielgruppe damit zu erreichen. In der Türkei selbst muss eigentlich nichts mehr zensiert werden, denn alle wichtigen Medien befinden sich mittlerweile in der Hand von Erdogan und seinen Freunden. Außerdem sind meine Liebsten alle noch in der Türkei und damit quasi Geiseln des Staates, so dass ich in dem, was ich mich zu schreiben traue eingeschränkt bin.“
„In China gibt es keine Pressefreiheit, für die man kämpfen könnte“, sagte Xifan Yang. „Das sah vor etwa zehn Jahren für kurze Zeit anders aus, als Internetportale und soziale Medien sich etwas mehr trauten, aber das ist vorbei. Selbst an Gesprächspartner und Informationen kommt man nur noch sehr schwer heran. Viele haben Angst. Was wir aber von hier aus tun können und müssen, ist mit gutem Beispiel voranzugehen und ein Zeichen zu setzen, dass es sich lohnt, für Pressefreiheit einzutreten.“
Sevgil Musaieva berichtete von den Schwierigkeiten, in einem Land zu schreiben, das im Krieg steht. „Wir müssen ständig Entscheidungen treffen“, sagte sie. „Die Redaktionen sind ausgedünnt, weil viele Kolleg*innen das Land verlassen oder sich zum Militär gemeldet haben. Einige sind auch schon umgekommen. Gleichzeitig ist es ja nicht so, dass die Probleme, die vor dem russischen Angriff im Land vorhanden waren, auf einmal weg wären. Unlängst hatten wir Kenntnis eines Korruptionsfalls. Sollten wir berichten oder nicht? Wir haben berichtet, trotz Kriegsrecht. Aber die Entscheidung war schwer.“
Die Woche der Pressefreiheit endet am Sonnabend, 16. September mit dem Hamburger Reporter-Slam.