Endlich Novemberhilfe, leider nicht für alle

Fotograf und Journalist Markus Golletz spricht per Video über seinen "zweiten Lockdown". Screenshot: https://nds-bremen.verdi.de/branchen-und-berufe/medien-kunst-und-industrie/dju/

Endlich: Seit 12. Januar, so informiert die Bundesregierung, seien die technischen Voraussetzungen für die reguläre Auszahlung der „außerordentlichen Wirtschaftshilfe“ für den Monat November geschaffen. Die Länder starten mit der Überweisung der seit 25. November beantragten Gelder. Soloselbstständige konnten bis zu 5000 Euro Hilfen direkt beantragen. Doch bislang wurden bestenfalls Abschläge ausgezahlt. Was das für sie bedeutet und warum viele ganz durch Raster fielen, beleuchtet ein Projekt von Selbstständigen bei ver.di Niedersachsen-Bremen.

Mit den Novemberhilfen können direkt und indirekt von den Schließungen betroffenen Selbstständigen und Betrieben im Grundsatz Zuschüsse bis zu 75 Prozent ihres Umsatzes aus dem Vergleichszeitraum 2019 gewährt werden. Das europäische Beihilferecht erlaubt solche Förderung bis zu einer Million Euro ohne konkretere Nachweise der Verluste. Für die „allermeisten Unternehmen“, so heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium, könnten die Hilfen also nun im beantragten Umfang gewährt werden.

Zu kritisieren bleibt, dass die Hilfen so lange auf sich warten ließen. Die bisher gezahlten Abschläge – 1,3 Millionen für die November- und 643 Millionen Euro für die Dezemberhilfen – machen nur einen Bruchteil der angekündigten Förderung aus. Bekanntlich waren allein für den November Hilfen im Umfang von 10 Milliarden Euro avisiert. In der Hauptstadt etwa wurden bisher von beantragten 329 Millionen erst 95 Millionen in Form von Abschlägen ausgereicht, informiert die Investitionsbank Berlin. Bei den Dezemberhilfen seien es 41 von beantragten 104 Millionen Euro.

Wesentlicher Grund: Bisher hatten die Bewilligungsstellen der Länder keinen Zugriff auf die bundeseinheitliche IT-Plattform. Seit 12. Januar sind nun die reguläre Antragsbearbeitung, die Ausstellung von Bescheiden und die Auszahlung der Gelder möglich.

Viele vom Shutdown Betroffene stehen durch die späte Hilfe vor zusätzlichen enormen Problemen – so sie die außerordentlichen Wirtschaftshilfen überhaupt beantragen konnten. Freie Journalisten beispielsweise fielen weitgehend durch das Raster, weil Einbußen, etwa durch ausfallende Kultur- und Sportveranstaltungen, auch nicht mittelbar den sie beauftragenden Medien zuzurechnen sind.

Um Politik und Öffentlichkeit besser klarzumachen, warum sie bei den Corona-Hilfen überwiegend unberücksichtigt geblieben sind, und welche soziale Absicherung sie in Zukunft benötigen, haben Solo-Selbstständige verschiedener Berufsgruppen bei ver.di Niedersachsen-Bremen eine Kampagne „Solo-Selbstständige – ohne uns läuft es nicht!“ gestartet.  Mit kurzen Video- und Audio-Beiträgen stellen sie sich und ihre Arbeit vor. Sie wollen etwas dagegen tun, dass ihre teils prekäre Beschäftigungssituation noch immer zu wenig wahrgenommen werden.

Die ersten Videos stehen auch zusammengefasst online. Sie beleuchten vorrangig die Unzulänglichkeiten bisheriger Selbstständigen-Hilfen.

Die Reihe der „Vorstellungsfilme“ soll fortgesetzt werden. „Wir wollen ab jetzt auch die soziale Absicherung – Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung – zum Thema machen“, erklärt Annette Rose, Sprecherin dju-Landesvorstand Niedersachsen-Bremen, für das Initiatoren-Team. Im September sei Bundestagswahl, davor stünden in einigen Bundesländern wie in Niedersachsen Landtagswahlen an. „Die Image-Initiative für Solo-Selbstständige und Einzel-Unternehmer*innen kann Verstärkung und weitere Projekte gebrauchen, aus anderen Landesbezirken, von engagierten Selbstständigen oder von Menschen, die sich für verbesserte Arbeitsbedingungen und soziale Absicherung der Solos stark machen wollen. Macht mit!“ lautet deshalb der Aufruf aus Hannover.

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Eine Stimme für afghanische Mädchen

Die iranische Filmemacherin Sarvnaz Alambeigi begleitet in ihrem Dokumentarfilm „Maydegol“ über viele Jahre eine junge Muay-Thai-Boxerin aus Afghanistan, die im Iran unter schwierigen Umständen für ein selbstbestimmtes Leben kämpft. Im Interview erzählt Alambeigi, welche Rolle das Kopftuch für den Film spielt, was sie von der jungen Generation gelernt hat und warum der Film endet, bevor Maydegol endlich gelingt, was sie sich wünscht.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

Mediatheken löschen ihre Inhalte

In Zeiten von Video-on-demand, Streaming und Mediatheken haben sich Sehgewohnheiten verändert. Zuschauer*innen  gucken wie selbstverständlich Filme, Serien, Dokus oder Nachrichten online. Private und öffentlich-rechtliche Fernsehsender pflegen daher inzwischen umfangreiche Mediatheken. Sendung verpasst? In den Online-Videotheken der TV-Anstalten gibt es nahezu alle Medieninhalte, um sie zu einem passenden Zeitpunkt anzuschauen, anzuhören oder nachzulesen. Irgendwann werden sie dann aber gelöscht.
mehr »

Fehlender Schutz für Journalistinnen

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen fordert die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di von der Politik und Arbeitgebern endlich mehr Schutz für Frauen in den Medien. Die Zahlen von Gewalttaten an Frauen sind sowohl online als auch offline gestiegen. Der Lagebericht 2023 der Bundesregierung zu geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichteten Straftaten zeigt: Besonders hoch ist der Anstieg bei frauenfeindlichen Straftaten im Zusammenhang mit politisch motivierter Kriminalität - 322 Straftaten - 56,3 Prozent mehr als noch in 2022.
mehr »