Fake News zu Israel und Hamas

Bild: Pixabay

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel und Israels Bodenoffensive in Gaza werden Bilder und Videos der vermeintlichen Geschehnisse verbreitet. Viele von ihnen sind falsch oder in einem anderen Kontext entstanden. Max Bernhard von Correctiv erklärt, wie man falsche Bilder im Netz erkennt und welche Rolle die sozialen Medien bei deren Verbreitung spielen. Im Kampf gegen Falschnachrichten und Hetze im Internet erhöht auch die Europäische Union den Druck auf X, Meta und TikTok.

Die Faktenchecker bilden der Organisation von Correctiv eine eigene Redaktion und überprüfen seit 2017 Gerüchte im Netz, vor allem in Sozialen Medien. Dabei bewerten sie die untersuchten Posts von „richtig“ über „unbelegt“ bis „frei erfunden“. Max Bernhard ist einer von ihnen.

Das Phänomen der Fakenews ist nicht neu: Falsche, irreführende oder aus dem Kontext gerissene Bilder und Nachrichten kursieren im Netz. In Bezug auf den Krieg gegen die Ukraine ist das zu beobachten und nun auch im Nahostkrieg. Hat die Quantität der Fakenews zugenommen?

#krassmedial: Max Bernhard, von Correctiv macht mit öffentlich zugänglichen Quellen wie
„Open Source Intelligence“, kurz „OSINT“, bekannt. Foto: Charles Yunck

Nach unserer Wahrnehmung hat sie das. Seit dem Krieg im Nahen Osten und der Attacke der Hamas auf Israel sehen wir uns mit einer enormen Flut von Desinformation konfrontiert. Es werden irreführende Aufnahmen verbreitet, manipulierte Politikeraussagen, gefälschte Regierungsdokumente. Auch Narrative, die wir schon aus dem Ukrainekrieg kennen, werden in diesem Kontext wieder neu verbreitet.

Ist die Machart der Desinformation gleich geblieben?

Größtenteils ja, aktuell werden vor allem Videos und Bilder im falschen Kontext verbreitet, das kennen wir bereits aus anderen Konflikten. Fotos oder Videos stammen dann zum Beispiel von einem anderen Ort, als behauptet wird, von einem anderen Zeitpunkt oder sogar aus Videospielen. Damit soll Aufmerksamkeit erregt und Verwirrung erzeugt werden.

Außerdem gibt es bestimmte Narrative, die wir auch schon vom Krieg gegen die Ukraine kennen und die nun im Krieg im Nahen Osten wieder auftauchen – zum Beispiel das der inszenierten Verletzungen. Dabei wird zu Bildmaterial behauptet, es zeige, dass Opfer gar nicht echt seien.

Tipps zum Faktencheck

Gezielte Falschinformationen im Internet bedrohen das Medienvertrauen und unsere Demokratie. Der beste Weg journalistisch zu berichten, ist zu wissen, worauf man achten muss, um sie zu erkennen: https://correctiv.org/faktencheck/faktencheck-tipps

Es werden auch Szenen aus Computerspielen verwendet. Beispielsweise wurde behauptet israelische Flugzeuge und Hubschrauber seien von der Hamas abgeschossen worden. Das Material, das das belegen soll stammt allerdings aus dem Computerspiel Arma3. Aus diesem Spiel wurden sehr viele Szenen verbreitet, sodass die Macher des Spiels sogar eine kurze Anleitung zum Fact-checking veröffentlichten, um Szenen aus ihrem Spiel als solche erkennen zu können. Vereinzelt sieht man mittlerweile KI-generierte Bilder. Aber auch bei authentischen Bildern, wird nun behauptet sie seien KI-generiert.

Wie verifiziert man diese Quellen?

Da gelten natürlich normale journalistische Standards. Zuerst sollte man auf den Absender schauen. Ist die Quelle verlässlich? Was verbreitet der Absender sonst noch für Inhalte? Ist die Meldung aktuell? Haben andere Medien schon dazu berichtet? Bei Bild-oder Videomaterial kann eine Bilder-Rückwärtssuche schon helfen, um zu prüfen, ob eine Behauptung zu einer Aufnahme schlüssig ist: ist das Bild vielleicht schon einmal in einem anderen Kontext verwendet worden? Mit fortgeschrittenen Tools kann man Aufnahmen auch geolokalisieren, also mit Hilfe von Satellitenbildern oder Straßenaufnahmen den Aufnahmeort bestimmen. Uns ist wichtig, unseren Rechercheweg transparent nachzuzeichnen, damit Leser*innen verstehen, wie wir zu unserem Ergebnis gekommen sind.

Als es um die Bombardierung des Al-Ahli-Krankenhauses in Gaza ging, gestaltete sich das fact-checking nicht so einfach.

Das ist richtig. Es gibt nach wie vor keine sichere Bewertung zu dem Vorfall. Das ist momentan auch eine Schwierigkeit, weil sich nicht so viele Journalist*innen vor Ort befinden. Abgesehen von den Open-Source Quellen können wir deshalb nur auf wenige zusätzliche Informationen zurückgreifen. Ich würde aber empfehlen auch transparent zu machen, wenn es eben keine abschließende Sicherheit in der Bewertung einer Situation oder Behauptung gibt.

Wer verbreitet denn diese absichtliche Desinformation?

Desinformation wird aktuell sowohl von pro-israelischer, als auch von pro-palästinensischer Seite oder Hamas-Unterstützenden gestreut. Falschmeldungen verbreiten sich unserer Wahrnehmung nach vor allem auf X, TikTok und Telegram. Aber auch Facebook und Instagram. Absender sind häufig schon wegen Desinformation im Krieg gegen die Ukraine oder als Corona- oder Klimaleugner aufgefallen. Jetzt verbreiten diese Accounts weiter falsche Informationen zum Krieg im Nahen Osten. Und auch prorussische Netzwerke verbreiten diese Desinformationen.

Die EU versucht dem einen Riegel vorzuschieben und ermahnt die Plattformen.

Mit dem Digital Services Act (DSA) hat die EU nun ein neues Instrument zur Reglementierung von Inhalten in den sozialen Medien und nutzt es auch. Wegen der Welle falscher Informationen und irreführender Inhalte im Zusammenhang mit den Ereignissen im Nahen Osten hat sie eine Untersuchung gegen X eingeleitet. Laut einer Studie der EU, verbreiten sich auf X seit der Übernahme von Musk mehr Falschinformationen in größerer Geschwindigkeit. Aber auch Meta und TikTok müssen gegenüber der EU nun Stellung beziehen.


CORRECTIV.Faktencheck  direkt erreichen

Falschmeldungen und Fakes verbreiten sich rasend schnell – auch auf Whatsapp. Deshalb ist der CORRECTIV.Faktencheck dort direkt erreichbar. Der  Chatbot nimmt Ihre Hinweise entgegen und verschickt kostenlos Faktenchecks.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

KI: Menschen wollen Regeln

Rund drei Viertel der Menschen in Deutschland sorgen sich einer Umfrage zufolge um die Glaubwürdigkeit der Medien, wenn Künstliche Intelligenz (KI) im Spiel ist. 90 Prozent der Befragten fordern dazu klare Regeln und Kennzeichnungen. Dies ergab eine am Mittwoch in Berlin veröffentlichte Studie der Medienanstalten. Für die repräsentative Erhebung "Transparenz-Check. Wahrnehmung von KI-Journalismus" wurden online 3.013 Internetnutzer*innen befragt.
mehr »

Lokaljournalismus: Die Wüste droht

Noch sei es nicht so weit, aber von einer "Steppe" könne man durchaus schon sprechen, sagt Christian Wellbrock von der Hamburg Media School. Wellbrock ist Leiter von "Wüstenradar", einer Studie, die zum ersten Mal die bundesweite Verbreitung und zahlenmäßige Entwicklung von Lokalzeitungen in den letzten 30 Jahren unter die Lupe genommen hat. Sie erhebt, wie stark der Rückgang lokaler Medien inzwischen tatsächlich ist und warnt: In etlichen Regionen droht tatsächlich die Verbreitung von "Nachrichtenwüsten".
mehr »

Altersdiskriminierung beim WDR?

Der WDR serviert freie Mitarbeiter*innen ab, die im Rentenalter für den Sender arbeiten wollen. Damit tut er genau das Gegenteil von dem, was in der öffentlichen Diskussion derzeit geraten wird. Während Angestellte sich also über Jahre hinweg auf einen Termin für ihren Ruhestand vorbereiten konnten, wird langjährigen freien Mitarbeiter*innen nun mit kurzer Frist mitgeteilt, wann für sie angeblich Schluss sein soll. Altersdiskriminierung will man beim WDR aber nicht erkennen – für den Sender gehe es vielmehr darum, jüngeren Mitarbeitenden nicht den Einstieg zu blockieren.
mehr »

Buchtipp: Das Prinzip Trotzdem

Wie könnte ein selbstbewusster Journalismus aussehen, der sich gegen die aktuelle Medienkrise zu behaupten weiß und sich auf seine zentrale Rolle für funktionierende demokratischen Gesellschaften besinnt? Roger de Weck war Zeit-Chefredakteur, Generaldirektor des Schweizer Radios und Fernsehens sowie Mitglied des Zukunftsrats für Reformen des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks in Deutschland. In seinem jüngst erschienenen Essay „Das Prinzip Trotzdem. Warum wir den Journalismus vor den Medien retten müssen“ beschäftigt er sich mit genau diesen Fragen.
mehr »