Nach dem Angriff der Hamas auf Israel und Israels Bodenoffensive in Gaza werden Bilder und Videos der vermeintlichen Geschehnisse verbreitet. Viele von ihnen sind falsch oder in einem anderen Kontext entstanden. Max Bernhard von Correctiv erklärt, wie man falsche Bilder im Netz erkennt und welche Rolle die sozialen Medien bei deren Verbreitung spielen. Im Kampf gegen Falschnachrichten und Hetze im Internet erhöht auch die Europäische Union den Druck auf X, Meta und TikTok.
Die Faktenchecker bilden der Organisation von Correctiv eine eigene Redaktion und überprüfen seit 2017 Gerüchte im Netz, vor allem in Sozialen Medien. Dabei bewerten sie die untersuchten Posts von „richtig“ über „unbelegt“ bis „frei erfunden“. Max Bernhard ist einer von ihnen.
Das Phänomen der Fakenews ist nicht neu: Falsche, irreführende oder aus dem Kontext gerissene Bilder und Nachrichten kursieren im Netz. In Bezug auf den Krieg gegen die Ukraine ist das zu beobachten und nun auch im Nahostkrieg. Hat die Quantität der Fakenews zugenommen?
Nach unserer Wahrnehmung hat sie das. Seit dem Krieg im Nahen Osten und der Attacke der Hamas auf Israel sehen wir uns mit einer enormen Flut von Desinformation konfrontiert. Es werden irreführende Aufnahmen verbreitet, manipulierte Politikeraussagen, gefälschte Regierungsdokumente. Auch Narrative, die wir schon aus dem Ukrainekrieg kennen, werden in diesem Kontext wieder neu verbreitet.
Ist die Machart der Desinformation gleich geblieben?
Größtenteils ja, aktuell werden vor allem Videos und Bilder im falschen Kontext verbreitet, das kennen wir bereits aus anderen Konflikten. Fotos oder Videos stammen dann zum Beispiel von einem anderen Ort, als behauptet wird, von einem anderen Zeitpunkt oder sogar aus Videospielen. Damit soll Aufmerksamkeit erregt und Verwirrung erzeugt werden.
Außerdem gibt es bestimmte Narrative, die wir auch schon vom Krieg gegen die Ukraine kennen und die nun im Krieg im Nahen Osten wieder auftauchen – zum Beispiel das der inszenierten Verletzungen. Dabei wird zu Bildmaterial behauptet, es zeige, dass Opfer gar nicht echt seien.
Tipps zum Faktencheck
Gezielte Falschinformationen im Internet bedrohen das Medienvertrauen und unsere Demokratie. Der beste Weg journalistisch zu berichten, ist zu wissen, worauf man achten muss, um sie zu erkennen: https://correctiv.org/faktencheck/faktencheck-tipps
Wie verifiziert man diese Quellen?
Da gelten natürlich normale journalistische Standards. Zuerst sollte man auf den Absender schauen. Ist die Quelle verlässlich? Was verbreitet der Absender sonst noch für Inhalte? Ist die Meldung aktuell? Haben andere Medien schon dazu berichtet? Bei Bild-oder Videomaterial kann eine Bilder-Rückwärtssuche schon helfen, um zu prüfen, ob eine Behauptung zu einer Aufnahme schlüssig ist: ist das Bild vielleicht schon einmal in einem anderen Kontext verwendet worden? Mit fortgeschrittenen Tools kann man Aufnahmen auch geolokalisieren, also mit Hilfe von Satellitenbildern oder Straßenaufnahmen den Aufnahmeort bestimmen. Uns ist wichtig, unseren Rechercheweg transparent nachzuzeichnen, damit Leser*innen verstehen, wie wir zu unserem Ergebnis gekommen sind.
Als es um die Bombardierung des Al-Ahli-Krankenhauses in Gaza ging, gestaltete sich das fact-checking nicht so einfach.
Das ist richtig. Es gibt nach wie vor keine sichere Bewertung zu dem Vorfall. Das ist momentan auch eine Schwierigkeit, weil sich nicht so viele Journalist*innen vor Ort befinden. Abgesehen von den Open-Source Quellen können wir deshalb nur auf wenige zusätzliche Informationen zurückgreifen. Ich würde aber empfehlen auch transparent zu machen, wenn es eben keine abschließende Sicherheit in der Bewertung einer Situation oder Behauptung gibt.
Wer verbreitet denn diese absichtliche Desinformation?
Desinformation wird aktuell sowohl von pro-israelischer, als auch von pro-palästinensischer Seite oder Hamas-Unterstützenden gestreut. Falschmeldungen verbreiten sich unserer Wahrnehmung nach vor allem auf X, TikTok und Telegram. Aber auch Facebook und Instagram. Absender sind häufig schon wegen Desinformation im Krieg gegen die Ukraine oder als Corona- oder Klimaleugner aufgefallen. Jetzt verbreiten diese Accounts weiter falsche Informationen zum Krieg im Nahen Osten. Und auch prorussische Netzwerke verbreiten diese Desinformationen.
Die EU versucht dem einen Riegel vorzuschieben und ermahnt die Plattformen.
Mit dem Digital Services Act (DSA) hat die EU nun ein neues Instrument zur Reglementierung von Inhalten in den sozialen Medien und nutzt es auch. Wegen der Welle falscher Informationen und irreführender Inhalte im Zusammenhang mit den Ereignissen im Nahen Osten hat sie eine Untersuchung gegen X eingeleitet. Laut einer Studie der EU, verbreiten sich auf X seit der Übernahme von Musk mehr Falschinformationen in größerer Geschwindigkeit. Aber auch Meta und TikTok müssen gegenüber der EU nun Stellung beziehen.
CORRECTIV.Faktencheck direkt erreichen
Falschmeldungen und Fakes verbreiten sich rasend schnell – auch auf Whatsapp. Deshalb ist der CORRECTIV.Faktencheck dort direkt erreichbar. Der Chatbot nimmt Ihre Hinweise entgegen und verschickt kostenlos Faktenchecks.