1926 vereinbarten die Vertreter von Organisationen aus 19 Ländern, künftig gemeinsam für die Interessen von Journalisten und Journalistinnen zu kämpfen. Es war die Geburtsstunde der Internationalen Journalisten-Föderation (IJF). „Ein einziges Wort kennzeichnet das Programm: Zu dienen. Es wird nur von einer Idee getragen: Aus dem Journalismus eine Vereinigung zu machen, einschließlich allem, was dieser Begriff an Abgrenzung und Disziplin einschließt“. So lautete die Botschaft von Georges Bourdon zum Sinn der Internationalen Journalisten-Föderation vor 90 Jahren.
Am Gründungskongress am 12. und 13. Juni 1926 in Paris nahmen Kolleginnen und Kollegen aus 17 europäischen Ländern sowie aus China und Japan teil. Sie vertraten im Geiste der Solidarität rund 25.000 Journalistinnen und Journalisten in ihren Ländern. Die gemeinsame Verteidigung der Interessen, gegenseitige Hilfe und die Anerkennung des besonderen Status von Journalist_innen waren die vordringlichsten Ziele. Treibende Kraft der internationalen Vereinigung war Georges Bourdon, Vorsitzender des französischen Syndicat national des journalistes (SNJ). Er wurde dann auch zum ersten Präsidenten der IJF gewählt. Von deutscher Seite bei der Gründung mit dabei: Gustav Richter und L. Stahl vom Reichsverband der Deutschen Presse.
Noch 1926, auf dem ersten ordentlichen Kongress am 25. und 26. September in Genf, wurde die Ausgabe eines Presseausweises auf den Weg gebracht – einem Vorläufer des heutigen Internationalen Presseausweises der IJF. Ganz im Sinne der Arbeiterbewegung formulierte 1927 L. Stahl gemeinsam mit anderen Kolleg_innen den Entwurf für einen internationalen Standard-Tarifvertrag für Journalistinnen. Als „professionelle Journalisten“ galten zu jener Zeit Kolleginnen und Kollegen, die mindestens drei Jahre lang in Vollzeit im Beruf gearbeitet hatten. So bezeichnen durften sich auch Korrespondent-innen, die für mehrere Zeitungen arbeiteten.
Der dritte Kongress vom 22. bis 25. Oktober 1930 in Berlin stand ganz unter dem Zeichen der Berufsethik. Ein Verhaltenskodex wurde verabschiedet und ein internationales „Ehrengericht“ für Journalisten gebildet. Auch diese Idee kam von deutscher Seite: Vom Reichsverbands-Vorsitzenden Gerhard Richter. Es war der Beginn von Selbstregulierung, heute vom Deutschen Presserat umgesetzt. Unter anderem wurde die Veröffentlichung „falscher oder absichtlich verzerrter Informationen, die die internationale Atmosphäre vergiften“ als „schwerwiegender beruflicher Verstoß“ definiert. Bei Feststellung eines solchen wurde die Heimatorganisation des Betreffenden aufgefordert, das Mitglied aus der Journalistengemeinde auszuschließen.
Journalistenorganisationen aus kommunistischen Ländern konnten nicht in die IJF. Im Juni 1933 wurde der Reichsverband der Deutschen Presse angesichts seiner Unterordnung unter die Propagandamaschinerie des Hitler-Regimes von der IJF-Mitgliedschaft suspendiert. Den Vorsitz des deutschen Verbandes hatte zu diesem Zeitpunkt der Reichspressechef der NSDAP Otto Dietrich übernommen.
In den Kriegsjahren traten neue Organisationen in Erscheinung. Der deutsche Reichsverband schmiedete einen Verband der nationalen Journalistenverbände über die von den Nazis beherrschten Länder hinweg. Die Antwort darauf war eine Internationale Föderation der Journalisten in alliierten oder freien Ländern, die von London aus operierte und Journalisten_innen im Exil unterstützte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich vor dem Hintergrund des Kalten Krieges die Spaltung der internationalen Journalistengemeinde fort. Ein Kongress vom 3. bis 9. Juni in Kopenhagen schuf die Internationale Organisation der Journalisten (IOJ). Sie nahm schließlich in Prag ihren Sitz und bot vor allem Organisationen in sozialistischen Ländern und in Staaten der entkolonialisierten Dritten Welt ein Dach. Bei einem Kongress vom 5. bis 10. Mai 1952 in Brüssel wurde die Internationale Journalisten-Föderation (IJF) erneut aus der Taufe gehoben, die ihren Schwerpunkt im ¬„Westen“ sah.
Anlass für den gemeinsamen solidarischen Kampf um die Interessen von Journalistinnen und Journalisten gab es weiter genügend. „Pressefreiheit gibt es auf mehr als der Hälfte des Erdballes nicht mehr“, musste vor 40 Jahren auf dem Weltkongress der IJF in Wien am Mai 1976 der damalige Präsident H. A. Crous berichten. Hauptthema war damals der Vormarsch neuer Techniken in den Medienhäusern. Eine Forderung war 1976: „Die Einführung neuer Techniken ist, wenn sie bisher übliche journalistische Arbeitsweisen verändert, nur akzeptabel, wenn garantiert wird, dass damit keine Entlassungen verbunden sind … Größte Bedeutung ist den physischen Folgen für die Journalisten beizumessen, die mit neuen Techniken arbeiten“.¬¬
Vor allem die in der IJF verbundenen europäischen Gewerkschaften übernahmen auf manchen Gebieten eine Vorreiterrolle und setzten weltweite Standards. Viele Themen, mit denen sich die IJF die Jahre über befasste, sind heute so aktuell wie eh und je. Die Fürsorge für die freien Kolleginnen und Kollegen wurde immer wichtiger. Der Schwerpunkt des Kongresses vor 30 Jahren, im Juni 1986 im dänischen Elsinor, lag auf der Verteidigung der Urheberrechte. Die EG-Kommission hatte zuvor ein Weißbuch für Fernsehen ohne Grenzen vorgelegt – für die IJF ein „Freibrief für Ätherpiraterie“ und eine „drohende Enteignung geistigen Eigentums“.
1989 waren 40 Länder in der IJF vertreten und 90 in der IOJ. Wirtschaftliche und personelle Probleme brachten die Aktivitäten der IOJ zum Erliegen. Ein Zusammenschluss zwischen IJF und IOJ auf Augenhöhe, wie sie unter anderem die IG Medien anstrebte, gelang nicht. Der IOJ fehlte sogar das Geld für die förmliche Auflösung. Die meisten gewerkschaftlich organisierten Journalistinnen und Journalisten melden gegenwärtig die IJF-Mitgliedsorganisationen in Deutschland (58.000), gefolgt von Russland (57.000), Nigeria (32.200), Indien (30.300) und Großbritannien (27.500). Insgesamt sieht sich die Föderation als Vertreterin von etwa 600.000 Kolleginnen und Kollegen, die in rund 130 Ländern in Solidarität verbunden sind.
Tausende von Journalist_innen in aller Welt profitierten von den IJF-Seminaren und Projekten. Mit Hilfe von Geldgebern wie der EU, der schwedischen Regierungsorganisation UTU und in Deutschland der Friedrich Ebert-Stiftung konnten in den letzten drei Jahren dafür rund 7,5 Millionen Euro ausgegeben werden. Eine Hauptsorge betrifft die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten – angesichts von jährlich über 100 getöteten Kolleginnen und Kollegen. In den letzten drei Jahren wurden außerdem mehr als 16.000 internationale Presseausweise ausgestellt.