Im Spiegel der Leinwand

Journalisten im Film – eine Beobachtung der Beobachter

Filme über Journalisten sind im Trend, ihre Zahl ist in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. Journalisten sind in den aktuellen Filmen nicht mehr heldenhafte Einzelgänger, sondern behindern Ermittlungen durch ihre Neugier, streben als Medienmogule nach der Weltherrschaft oder sind Opfer eines manipulierenden Systems.

Nur die Journalistinnen und Journalisten selbst können diese Darstellungen in Spielfilmen an der Realität messen, meint Michael Harnischmacher und hat deshalb seine Journalistik-Diplomarbeit dem Thema „Im Spiegel der Leinwand – oder: Wie geht der Journalismus mit seiner Darstellung im Spielfilm um?“ gewidmet. Eine Beobachtung der Beobachter also.

„Der Journalismus“ bedeutet in Harnischmachers Arbeit einschränkend „die Printmedien“, die der Student der katholischen Universität Eichstätt ausgewählt hat, da hier die Filmkritik und die Medienberichterstattung im Vergleich zu anderen Medien am kontinuierlichsten und häufigsten Platz finde.

Untersucht hat Harnischmacher Besprechungen von Spielfilmen in Tages- und Wochenzeitungen, Magazinen, Info-Diensten und Fachpublikationen. Die Spielfilme, deren Echo er erforschen wollte, hat er nach dem Prinzip der Marktanteile der Produktionsländer und der Höhe der Zuschauerzahlen in Deutschland ausgesucht – zwei seiner zehn Untersuchungsobjekte stammen folglich aus US-amerikanischer Produktion. Dabei kommt Harnischmacher zu dem Ergebnis, dass trotz eines zunehmend etablierten Medienjournalismus die Darstellung des Journalismus im Spielfilm eine traditionelle Domäne des Feuilletons, der klassischen Filmrezension, bleibt. Auch die mögliche Wirkung der Filme auf die Zuschauer, die das – zumeist negativ – Gezeigte für die Realität im Journalistenleben halten könnten, führt nur selten zu einer Besprechung im Medienressort: „Dies ist ein Hinweis darauf, dass das für die Behandlung von Medienthemen zuständige Medienressort den Bereich der Darstellung von Medien im Film noch selten als eigene Aufgabe sieht“, folgert Harnischmacher.

Die negative Darstellung des Mediensystems – in den ausgewählten Filmen ganz überwiegend vom Fernsehen repräsentiert – stößt in den Reflexionen im Kulturteil überwiegend auf Zustimmung, wird sogar zum Anlass genommen, nicht nur über die elektronischen, sondern ganz allgemein über die gesamte Medienlandschaft nachzudenken. Ziehen sich die Printjournalisten hier den Schuh an, der eigentlich für die Fernsehmacher genäht worden ist? Dient die Filmkritik zum willkommenen Reflexionsansatz für das eigene Unbehagen über journalistische Entwicklungen über die Branchengrenzen hinaus?

Die Charaktere der in den Spielfilmen porträtierten Journalistinnen und Journalisten sind überwiegend negativ. Entwickeln sich die Protagonisten im Lauf der Filmhandlung vom „bad guy“ zum „good guy“, dann steht am Schluss des Films als einzig aufrichtiger Ausweg die Kündigung des Geläuterten. Und dennoch schreiben die Rezensenten den fiktionalen Darstellungen Realitätswert zu, beobachtet der Autor. Zeigt sich zunehmende Resignation, Ohnmacht der Redaktion gegenüber der Marketingabteilung, gegenüber dem Druck von Quote, Auflage und Bilanz, die der Qualität immer mehr im Wege zu stehen scheint?

Wenn Harnischmachers Arbeit durch ihren statistisch-systemtheoretischen Ansatz auch nicht leicht zu lesen ist, bietet sie doch genug Anstöße, einmal über die Reflexion des Journalismus im Spielfilm zu reflektieren.


 

Michael Harnischmacher:
Im Spiegel der Leinwand – oder: Wie geht der Journalismus mit seiner Darstellung im Film um? Diplomarbeit im Fach Journalistik an der Katholischen Universität Eichstätt,
Wintersemester 2000 / 2001.

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