Mit dem Bot in die Nachrichten-Zukunft?

Funk, das Jugendangebot von ARD und ZDF, ist mit einem eigenen Nachrichten-Bot an den Start gegangen. „Novi“ heißt der Roboter, der Nutzer_innen auf Wunsch im Facebook Messenger mit den neuesten Informationen versorgt. Wie ernst muss man das Angebot nehmen? Und kann das funktionieren, öffentlich-rechtliche Informationsvermittlung mit Hilfe künstlicher Intelligenz? Kann es – wenn es gut gemacht ist!

Der globale Siegeszug von Smartphones und Chat-Diensten wie WhatsApp hängt zweifelsohne vor allem damit zusammen, dass Menschen gern und viel kommunizieren – und dies heute dank mobiler Vernetzung auch zu jeder Zeit und an jedem Ort tun können. Insofern war es nur eine Frage der Zeit, dass Medienanbieter irgendwann auf die Idee kommen würden, ihre Inhalte dort hinzubringen, wo die Userinnen und User sind: direkt in die Chatoberfläche in Form von Bots.

Sogenannte Chatbots ermöglichen eine automatisierte Kommunikation mit einem Computer, quasi Chatten mit einer künstlichen Intelligenz, die in Sekundenschnelle antwortet. So kann man beispielsweise im Facebook-Messenger den Wetter-Bot „Poncho“ nach den Aussichten fragen. Oder sich eben ab jetzt bei Novi die neuesten Nachrichten aus Deutschland und der Welt holen.

Das Besondere: Man spart sich nicht nur den Umweg über eine Nachrichtenseite oder Suchmaschine, sondern kann mit dem Bot auch in den „Dialog“ treten, wenn auch auf einfachem Niveau. Zwar verschickt Novi zweimal täglich die wichtigsten Nachrichten von allein. Wer aber mehr wissen will, kann gezielt nach Stichworten wie „Trump“ oder „Martin Schulz“ fragen. Für die Ergebnisse greift Novi dabei auf die Inhalte von tagesschau.de zurück.

Screenshot eines Facebook-Messenger-Chats mit Novibot

Für manche Menschen mag das befremdlich wirken, mit einem Computer zu „reden“. Für viele aber ist das nur die Fortsetzung ihres ohnehin typischen Smartphone-Verhaltens: zu kommunizieren, wo sie stehen und gehen und sich ihre Informationen selbst zusammenzustellen. Hinzu kommt, dass das Chatten mit einem Bot durchaus unterhaltsam sein kann, etwa wenn Novi einmal keine Antwort parat hat und selbstironisch mitteilt: „Ich bin keine künstliche Intelligenz oder so. Diesen ganzen Nachrichtenkram hier schreiben Menschen für mich, ich hol mir nur den Fame dafür ab.“ Man kann das belächeln. Oder aber als Element der emotionalen Kundenbindung verstehen, früher einmal „Leser-Blatt-Bindung“ genannt.

Bleibt die Frage, ob gerade die Öffentlich-Rechtlichen auf so einen Zug aufspringen sollten? Warum eigentlich nicht – kann die Gegenfrage nur lauten. Denn der Auftrag von ARD und ZDF ist es, die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, auch die jungen, auf allen relevanten Verbreitungswegen zu erreichen. Und das kann ein Chatbot sein, solange die Inhalte nach den gleichen journalistischen Standards ausgewählt und aufbereitet werden.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Journalismus unter KI-Bedingungen

Digitalkonzerne und Künstliche Intelligenz stellen Medienschaffende vor neue Herausforderungen. „KI, Big Tech & Co. – was wird aus dem Journalismus?“ lautete folgerichtig der Titel der 11. Medienpolitischen Tagung von ver.di und DGB am 16. Oktober in Berlin. Über 80 Wissenschaftler*innen, Rundfunkräte und Journalist*innen informierten sich auch über den aktuellen Stand der Debatte über den neuen Medien“reform“staatsvertrag.
mehr »

Mit Perspektiven gegen soziale Spaltung

Die Berichterstattung über den Nahostkrieg zwischen Staatsräson und Menschenrechten ist heikel, denn die Verengung des Diskurses begünstigt einen Vertrauensverlust der Medien und die soziale Spaltung in Deutschland. Beides wird durch den politischen Rechtsruck befeuert. Grund genug, den medialen Diskurs genauer unter die Lupe zu nehmen.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »