Mit Marketingwissen und Rundumblick

Chancenreich auf dem Markt, aber strikt abgegrenzt von journalistischer Arbeit

Corporate Publishing boomt und bietet nach Aussage von Branchenkennern wachsende Arbeitsmöglichkeiten für professionelle Texter. Leute, die ihr Brot ausschließlich oder überwiegend mit Corporate Pub­lishing verdienen, zählen nach Erhebungen der neuesten Studie „Journalismus in Deutschland“ nicht zu den „hauptberuflichen Journalisten“.

Auch wenn es an verlässlichen Beschäftigtenzahlen im Metier mangelt, ändert das nichts daran, dass viele Freie dort arbeiten und selbst bei renommierten Blättern Festangestellte gern einen professionellen Abstecher zu Unternehmenspublikationen unternehmen.
„Wir wissen, dass Corporate Publi­shing ein nicht zu unterschätzender neuer Markt für Journalistinnen und Journalisten ist. Die dju hat bereits Mitte der 1990er Jahre akzeptiert, dass Anzeigenblätter und Unternehmenspublikationen ein inhaltliches Arbeitsfeld für Journalis­ten darstellen“. Ulrike Maercks-Franzen, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen und Journalisten-Union in ver.di, erkennt auch an, dass der journalistische Anspruch und die handwerk­liche Qualität im CP-Bereich oftmals beachtlich hoch seien. Die „immanente Ver­mischung von Redaktion und Werbung“ sieht sie dagegen kritisch. Jeder, der sich schreibend auf dieses Gebiet begebe, möge dafür sensibilisiert sein und den Risiken „zumindest nicht unwissentlich verfallen“. Sie empfiehlt zum Erhalt der eigenen Glaub­würdigkeit eine strikte Trennung zwischen Themen, die journalistisch bearbeitet werden und solchen, für die die Kollegen im PR-Bereich tätig sind. Klar sei allerdings auch, „dass speziell viele Freie für den notwendigen Einkommensmix gar nicht ausschließen können, auch auf dem Gebiet CP zu arbeiten“.

Bald ein Ausbildungsgang

Dass im CP-Bereich im Gegensatz zum klassischen Verlagsgeschäft auch als Arbeitsmarkt richtig die Post abginge, sieht Manfred Hasenbeck, Präsident des Forum Corporate Publishing (FCP). Allein bei der BurdaYukom Publishing GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter er ist, würden jährlich 30 Produkte völlig neu entwickelt. Die Strukturen bei spezialisierten Verlagen oder großen CP-Full­service-Anbietern seien absolut professionell, arbeitsteilig und sehr schlank. Neben Planern, Art Direktoren und Layoutern gäbe es Blattmacher, Bildexperten und Re­dakteure, sogar Korrektoren. Die Redaktionen lebten zumeist mit einem Netzwerk von Freien. Noch überwiege im Text-Metier eindeutig Training on the Job. Das Forum Corporate Publishing bemühe sich aber ausdrücklich, auch das Ausbildungsumfeld von Journalistenschulen bis zu Weiterbildungsmöglichkeiten auf das neue Qualifikationsprofil einzustellen. In Kooperation mit der Akademie des Deutschen Buchhandels biete das FCP selbst ein auf praktische Anforderungen zugeschnittenes Seminarprogramm an (www. buchakademie.de) Auch Hochschulen und Berufsverbände entdecken das Thema. Für Wochenendseminare sind allerdings Kosten zwischen 700 und 900 Euro durchaus üblich. Nach positiven Erfahrungen in der Schweiz (www.textakademie.ch) soll auch hierzulande ein spezieller Ausbildungsgang „Corporate Publi­shing“ als einjährige berufsbegleitende akademische Zusatzqualifikation initiiert werden. Dazu liefen gegenwärtig Gespräche an mehreren deutschen Universitäten. Hasenbeck ist optimistisch, dass noch 2006 gestartet werden kann. Wichtige Grundqualifikationen für CP-Dienstleister sieht er in professionellem Verlags-Know-how, Marketingkenntnissen und Prozessmanagement. „Im CP-Markt dreht sich alles um Dienstleistung. Auch die Journalisten, die auf diesem Gebiet erfolgreich sein wollen, müssen sich als Dienstleister verstehen.“ Im Kern sei Journalismus seit jeher eine Serviceleistung am Leser und Kunden – „egal, ob jemand beim Spiegel, beim Stern oder sonst wo arbeitet“. Noch längst nicht überall folgte man diesem Selbstverständnis. „In dieser Hinsicht ist Corporate Publishing in der Verlagsbranche die Speerspitze der Bewegung.“

Notwendige Debatten

Dass die Forderung an Journalisten, Dienstleister zu sein, in der Praxis zunehmend gestellt werde, sieht auch Ulrike Maercks-Franzen. Journalistengewerkschaften und Berufsverbände sollten sich damit auseinandersetzen. „Erfahrungsaustausch und die Debatte von Maßstäben und bietet sich auf örtlicher und regionaler Ebene, etwa bei Stammtischen und Veranstaltungen der Landesverbände unbedingt an“, meint die Gewerkschafterin. Das sei umso wichtiger, da spezielle Fortbildungsveranstaltungen zur Professionalisierung rarer würden, kaum noch rentabel zu organisieren bzw. für Freie schwer finanzierbar seien.
Für Hasenbeck ist das Berufsbild des CP-Journalisten „spannender und mit mehr Herausforderung versehen als in vielen anderen Bereichen“. Journalistische Blattmacher müssten mit Kunden reden können, deren Intensionen verinnerlichen und in Konzepte umsetzen, „das Kommunikationsziel immer im Hinterkopf“. Für Schreiber sei das journalistische Handwerk Grundbedingung, reiche allerdings nicht. Zusätzlich sollten sie sich als „Themenmanager“ mit einem „Rundumblick“ profilieren. Punktgenaue Zielgruppenansprache sei gefordert. Neben Verständnis für die Philosophie des betreuten Unternehmens und für Markenwelten setze das Marketingkenntnisse voraus. Die führenden CP-Verlage und -Dienstleister unterstützten ihre Freien bei der Einarbeitung – Burda Yukom selbst mit speziellen Freelance-Days und dem Grundsatz, jedem neuen Mitarbeiter eine zweite Chance einzuräumen. Ansonsten sei das Prinzip des Marktes knallhart: „Wir produzieren viele Objekte der Top-Kommunikation, die an Vorstände von Unternehmen und Aufsichtsräte gehen. Da können wir uns einfach keine Fehler und nur ein bestimmtes Maß an Nacharbeit erlauben“.

Womöglich eine Nummer zu groß

Obwohl auch im Mittelstand und bei kleineren Unternehmen großer Nachholbedarf an professioneller Kommunikation bestehe, warnt Hasenbeck journalistische Einzelkämpfer oder kleine Agenturen: „One-man-shows haben keine Zukunft.“ Sie müssten zu viel investieren, um die Arbeit profitabel zu gestalten. Bei größeren Verlagen anzuheuern, sei allerdings durchaus erfolgversprechend. Das gelte besonders auch für Redaktionsbüros, die als „verlängerter Arm“ eines großen Dienstleisters komplette Aufträge übernehmen könnten. Für alle, die Aufträge im Corporate Publishing suchen oder solche zu vergeben haben, werde auf Ini­tiative des FCP gerade ein spezielles Stellensuch-Portal im Internet eingerichtet. Laut Auskunft von Pia Dahlem, die auf der Netzwerk-Plattform www.cp-wissen.de dafür verantwortlich zeichnet, soll die spezialisierte Job-Vermittlungsbörse ab Februar laufen und neben langfristigen Aufträgen auch Projektjobs vornehmlich im CP-Bereich vermitteln. Erfahrungen in der Unternehmenskommunikation und spezielle Fähigkeiten würden bereits bei der Bewerbung gezielt abgefragt.

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