VG Wort: Geringere Erlöse, aber bessere Zukunftsaussichten
Nach dem Rekord von 2005 sind die Einnahmen der Verwertungsgesellschaft Wort im Jahr 2006 deutlich gesunken – von 91,3 auf 85,9 Millionen Euro. Der Rückgang war allerdings erwartet worden, da in das Vorjahresergebnis Nachzahlungen der DVD-Brenner-Vergütung für zweieinhalb Jahre eingeflossen waren.
Dieses Minus konnte die Stimmung auf den Versammlungen der VG Wort am 19. und 20. Mai in München also nicht trüben, eher schon der „Zweite Korb“ der Urheberrechtsreform. Der Regierungsentwurf sieht vor, die Kopiergerätevergütung drastisch zu beschneiden und damit die Ausschüttungen aller Verwertungsgesellschaften an Journalisten, Autoren, Fotografen und andere Kreative.
Doch konnte VG-Wort-Vorstand Professor Dr. Ferdinand Melichar den nicht zuletzt aus diesem Grund überaus zahlreich erschienenen Wahrnehmungsberechtigten und Mitgliedern Anlass zu vorsichtigem Optimismus geben. Der vom IT-Unternehmerverband BITKOM zur CeBIT gestartete Versuch, sich die Zustimmung des Bundestags zum industriefreundlichen „Schröder-Entwurf“ durch eine Zahlung von 50 Millionen Euro zu sichern, ist offenbar nach hinten losgegangen.
Zweiter Korb: Anlass für vorsichtigen Optimismus
Nach Melichars Bericht über die jüngste Entwicklung im Gesetzgebungsverfahren soll zwar die Vergütung, die Urheber als Ausgleich für das private Kopieren ihrer Werke erhalten, künftig den Verkaufspreis der Vervielfältigungsgeräte berücksichtigen, doch die Deckelung auf fünf Prozent des Preises sowie die in der Praxis fatale Freistellung von Geräten, auf denen nicht mindestens zu zehn Prozent urheberrechtlich relevantes Material kopiert wird, sollen gestrichen werden.
„Dieser Meinungsumschwung ist nicht zuletzt auch auf die umfangreichen politischen und medienwirksamen Aktivitäten der VG Wort, ihrer befreundeten Organisationen sowie vieler Autoren und Verlage zurückzuführen“, sagte Ferdinand Melichar auf der Mitgliederversammlung.
Die Gerätevergütung ging auch deshalb von 34,3 auf 28,6 Millionen Euro zurück, weil Faxgeräte und Scanner heutzutage durch Multifunktionsgeräte ersetzt werden. Dadurch sanken die VG-Wort-Einnahmen um über 2,5 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr, denn bisher gibt es für diese Geräte wie auch für PCs und Drucker keine Vergütungsregelung. Nach jahrelangem Rechtsstreit gegen die Geräteindustrie wird in allen drei Musterprozessen eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in diesem Jahr erwartet. Allein bei den Nachzahlungen geht es um eine hohe dreistellige Millionensumme zugunsten der Urheber.
Die Zukunftsperspektive ist also besser als noch vor einem Jahr befürchtet. Für 2006 sinkt die Ausschüttung allerdings leicht von 70,3 auf 69 Millionen Euro. Außerdem hat wiederum die Anzahl der Ausschüttungsempfänger um vier Prozent auf 144.942 zugenommen, davon 138.902 Autoren und 6.040 Verlage. Folglich mussten die Quoten insbesondere für die Printjournalisten und Fachautoren gesenkt werden. Der Scheck, den die VG Wort in diesen Tagen an die Autorinnen und Autoren verschickt, dürfte also in diesem Jahr für viele schmaler ausfallen.
Internet-Artikel: Wenig Interesse an METIS
Erst ab nächstem Jahr soll der Teil der CD- und DVD-Brenner-Vergütung für privat kopierte Inhalte aus dem Internet ausgeschüttet werden, der dann wohl auf 10 Millionen Euro aufgelaufen ist. Dafür hat die VG Wort das Online-Meldesystem METIS (Meldung von Texten auf Internet-Seiten) am 1. Januar 2007 gestartet (siehe M 1–2/2007).
Technisch läuft es gut und mittlerweile sind auch bereits 160.000 Internet-Artikel bepixelt. Doch bisher wird das System weder von den Tageszeitungs- noch Publikumszeitschriftenverlagen eingesetzt, ebenso wenig von den Rundfunkanstalten. Selbst Internetgrößen wie Heise verweigern sich bisher.
„Da nicht abzusehen ist, ob die wichtigen Player mitmachen werden“, so Ferdinand Melichar, werde die VG Wort eine „Auffangregelung“ entwickeln müssen, um alle relevanten Web-Seiten zu berücksichtigen. Damit wird ein Vorschlag aus dem Kreis der freien Journalisten aufgegriffen. Sie hatten auf den Versammlungen 2005 bereits befürchtet bei der Online-Ausschüttung leer auszugehen, wenn diese allein davon abhängig ist, ob die Verlage VG-Wort-Markierungen an ihren Internet-Artikeln anbringen oder nicht.
82,1 Prozent der Inlandserlöse 2006 der VG Wort gehen in die Ausschüttungen oder Rückstellungen für Urheber und Verlage. 8,95 Prozent sind Verwaltungskosten – diesmal mehr als im Vorjahr (7,65%) wegen geringerer Erlöse und gestiegenen Aufwendungen für die EDV und neue Meldesysteme. Der gleiche Prozentsatz fließt als Zuwendungen an die sozialen und fördernden Einrichtungen der VG Wort. So erhielten Autorenversorgungswerk, Sozialfonds sowie Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft rund 6,85 Millionen Euro.
VG-Wort-Zuschuss zur Altersvorsorge für Freie
Auch hier gibt es eine positive Mitteilung: Das 1996 aus finanziellen Gründen für Neuzugänge geschlossene Autorenversorgungswerk soll ab dem nächsten Jahr wieder aktiviert werden. Gedacht ist an eine Einmalzahlung an freie Journalisten und Autorinnen für die Altersvorsorge nach Geburtsjahrgängen. Für die „Wiederöffnung“ hatten sich insbesondere die in der VG Wort engagierten ver.di-Mitglieder seit Jahren eingesetzt. Sie wurden alle bei den Wahlen der Delegierten der Wahrnehmungsberechtigten und des Verwaltungsrats mit guten Ergebnissen in ihren Ämtern bestätigt.
Geringere Ausschüttungsquoten
Die Zahl der Ausschüttungsempfänger ist gestiegen, wodurch die Quoten gesunken sind. Sie betragen für Pressespiegel 4,20 Euro (2005: 4,60 Euro), elektronische Pressespiegel 3,00 (3,39), Presse-Repro 6,50 (8,00), Zeitschriften im Bereich Wissenschaft 2,20 Euro (2,80) pro Seite und Bücher 350 Euro (380).
Unverändert sind die Werte im Bereich Hörfunk mit 3,00 und Fernsehen mit 0,90 Euro je zehn Punkte. Der Sockel der allgemeinen Bibliotheksausschüttung beträgt 47,13 Euro.