ProQuote im Rundfunk: „Bewusstsein ist da!“

Positivbeispiel: Tina Hassel, Chefredakteurin Fernsehen und Studioleiterin im ARD-Hauptstadtstudio.
Screenshot: tagesschau.de

Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind 2021 durchschnittlich 43 Prozent der Führungskräfte weiblich, 2018 waren es noch etwa 37 Prozent. Über dieses „sehr gute Ergebnis“ freuten sich die Aktivistinnen von ProQuote Medien bei der Vorstellung ihrer zweiten Rundfunk-Studie. Doch der „Marathon“ zum 50-Prozent-Ziel des Journalist*innen-Vereins braucht noch einen langen Atem, wie weitere Ergebnisse zeigen.

Nach der quantitativen Analyse von Susanne Lang und ihrem Team kommen Frauen in der Gesamtbelegschaft von Redaktionen und Rundfunkhäusern auf etwa die Hälfte der Mitarbeitenden. Auch der journalistische Nachwuchs ist überwiegend weiblich. Doch die redaktionelle und programmliche Entscheidungsmacht liege nach wie vor mehrheitlich bei Männern – mit Ausnahme des Rundfunks Berlin-Brandenburg RBB, wo es 2020/21 mehr Frauen als Männer in Chefsesseln gab. Mit 57,4 Prozent Frauenanteil in der Führung liegt der RBB nun an der Spitze. Schlusslicht ist der Hessische Rundfunk HR mit 29,4 Prozent. Er verzeichnet als einziger Sender seit 2018 sogar einen Rückgang des „Frauenmachtanteils“. Darunter verstehen die Forscherinnen den nach Hierarchieebene gewichteten Frauenanteil, denn eine Intendantin hat mehr Einfluss als eine Redaktionsleiterin.

Gabriele Holzner, seit eineinhalb Jahren crossmediale Programmdirektorin und stellvertretende HR- Intendantin, nannte bei der Studienvorstellung den Abbau von Stellen, die nicht wieder besetzt werden, als Ursache für den Verlust von Frauenmacht im Sender. Dadurch sinke auch die Quote, die sie wieder anheben wolle, indem sie in Bewerbungsverfahren bei gleicher Qualifikation Frauen bevorzuge. Die angestrebte „Fifty-Fifty“-Lösung solle durch Zielvereinbarungen erreicht werden: Verteilung von Verantwortung auf mehrere Schultern, mehr Sichtbarkeit von Frauen, multiperspektivische Entscheidungen, Vereinbarkeit von „Leben und Karriere“.

Für öffentlichen Druck gesorgt

Wie in der Vorgängerstudie wurde die Datenerhebung auch 2021 durch mangelnde Transparenz der  Sender erschwert – vor allem beim Privatrundfunk. Mit einer Top-Managerin erfüllte ProSiebenSat.1 die eigene Zielvorgabe von einem 30-Prozent-Frauenanteil. Bei RTL sei die Anzahl von Frauen in journalistischen Leitungspositionen nach der Fusion mit Gruner + Jahr auf 13,8 Prozent gesunken. Im Hörfunk habe es nur einen „leichten Anstieg“ von Frauenmachtanteilen gegeben – auf durchschnittlich 29,5 Prozent – wobei die öffentlich-rechtlichen Programme und Radio NRW darüber liegen.

Die meisten Sender setzen zwar nicht auf eine Quote, sondern freiwillige Zielvereinbarungen, aber ProQuote habe für öffentlichen Druck gesorgt – so das Fazit einer qualitativen Studie, in der 53 Journalistinnen in 21 deutschen Redaktionen interviewt wurden: „Der Aufruf von ProQuote 2012 und die Anschluss-Forderung einer 50-Prozent-Parität von 2017 haben den Aufstieg von Frauen in redaktionelle Führungspositionen gefördert“. Doch es müsse sich noch mehr „in den Köpfen verändern“, so ProQuote-Vorsitzende Edith Heitkämper, damit der „Spirit“ für Gleichberechtigung und Diversity in Unternehmen auch gelebt wird.

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