Rettung für Fotoarchive

Screenshot: Netzwerk Fotoarchive
Die im Header der Website verwendeten Fotos stammen von Thies Rätzke aus der Serie „Reinartz in Buxtehude“.

Ein Netzwerk kümmert sich um das kulturelle Bildererbe

Zu Zeiten des Papierabzugs lebte manch Berufsfotograf_in im Alter nicht schlecht vom eigenen Foto­archiv. Doch die „seligen Zeiten“ sind lange Vergangenheit. Nicht selten kommen Kolleg_innen in eine Situation, wo niemand mehr fragt: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Damit nicht Wertvolles Müll wird, kümmert sich das Netzwerk Fotoarchive darum, das kulturelle Erbe der Fotografie zu retten.

Die Aktivitäten des vor sechs Jahren gegründeten ­Vereins werden jetzt unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) fortgeführt. Das Netzwerk Fotoarchive war 2011 auf Anregung der Zeitschrift Photonews als gemeinnütziger Verein gegründet worden, um Initiativen zur Sicherung von ­Foto-Nachlässen zu bündeln. Neben der DGPh gehörten die Fotoverbände BFF, BVPA und Freelens sowie die Deutsche Fotothek zu den Gründungsmitgliedern.

„Da wird eine Lawine auf uns zukommen. Viele Fotografen sind 60plus“, hatte Photonews-Redakteurin Anna Gripp vor drei Jahren gegenüber M erklärt. „Seit Langem beobachten wir, dass die Fotografen nicht wissen, wohin mit ihren Bildern, wenn sie in die Jahre kommen.“ Nachdem im Juli 2010 in der Zeitschrift eine Themenbeilage zu Fotoarchiven und Nachlässen erschien, machten die Reaktionen aus der Kollegenschaft deutlich, dass etwas geschehen muss. Denn nicht wenige Berufsfotograf_innen treibt im Alter die Frage um, was passiert mit meinen Aufnahmen, wenn ich mich räumlich einschränken muss oder nicht mehr da bin.

Die Frage stellt sich heute kaum anders als damals. Denn während es mittlerweile – wenn auch zaghafte – Schritte gibt, das kulturelle Filmerbe zu sichern, fehlt es an einer vergleichbaren Initiative für das fotogra­fische Erbe. Ursache ist in beiden Fällen die föderale Struktur Deutschlands, so dass im Zweifelsfall weder Bund noch Bundesländer die Initiative ergreifen und – was nötig wäre – entsprechende Geldmittel zur Verfügung stellen.

Ziel des Netzwerks Fotoarchive war und ist es deshalb, Fotograf_innen oder deren Erben bei der Suche nach einem Ort für ihre Bilder zu helfen sowie Institutionen bei der Sicherung und Aufarbeitung einzelner Archive zu unterstützen. Viel Geld oder Personal kann nicht eingesetzt werden. Dafür erreicht man über die Verbände die betroffenen Fotograf_innen und hat gute Kontakte zu sammelnden Institutionen, so zur Deutschen Fotothek, deren Leiter Jens Bove ebenfalls Gründungsmitglied des Netzwerkes ist.

Allein die Fotothek präsentiert in ihrem Archiv der Fotografen mit über vier Millionen Bilddokumenten zur Fotografie-, Kunst- und Technikgeschichte einen riesigen Bestand in Dresden und aus den Sammlungen ihrer Partner wie der Stiftung F.C. Gundlach. Außerdem sind hier online derzeit 1.975.000 Fotos aus 88 Institutionen recherchierbar.

Doch nicht nur die Fotothek bemüht sich aktiv um fotografische Nachlässe. Seit seiner Gründung hat das Netzwerk Fotoarchive Informationen über bestehende Archive und Institutionen gesammelt, veröffentlicht und immer wieder den Kontakt zwischen den „Nachlassgebern“ und der passenden Sammlung vermittelt. Die Website des Netzwerks wird nun von der Deutschen Gesellschaft für Photographie betrieben und soll weiter ausgebaut werden.

Denn in einer außerordentlichen Sitzung Ende Juni 2017 hat der Verein Netzwerk Fotoarchive seine Auflösung beschlossen. Die Aktivitäten werden von der DGPh fortgeführt, an die auch das Vereinsvermögen überging. Warum? Der Dachverband war ohnehin ein wichtiger Ansprechpartner für Fotograf_innen, wenn es um Fragen zu ihren Archiven geht. Dies habe zu der Entscheidung geführt, auf eine doppelte Vereinsstruktur zu verzichten und die Kräfte zu bündeln, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der DGPh und der Fotoverbände, die bisher den Verein getragen hatten.

Mehr lesen

M Online:

Rettung vor dem Müll

 

Filmerbe sichern

www.deutschefotothek.de

 

www.netzwerk-fotoarchive.de

Die im Header der Website verwendeten Fotos stammen von Thies Rätzke aus der Serie „Reinartz in Buxtehude“.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »

KI darf keine KI-Texte nutzen

Die Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der KI im eigenen Metier wird Journalist*innen noch lange weiter beschäftigen. Bei der jüngsten ver.di-KI-Online-Veranstaltung ging es um den Anspruch an Gute Arbeit und Qualität. ver.di hat zum Einsatz von KI Positionen und ethische Leitlinien entwickelt. Bettina Hesse, Referentin für Medienpolitik, stellte das Papier vor, das die Bundesfachgruppe Medien, Journalismus und Film zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz im Journalismus erarbeitet hat.
mehr »

Unabhängige Medien in Gefahr

Beim ver.di-Medientag Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutierten am 20. April rund 50 Teilnehmende im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig die aktuelle Entwicklungen in der Medienlandschaft, die Diversität in den Medien und Angriffe auf Medienschaffende. Das alles auch vor dem Hintergrund, dass bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg die AfD laut Umfragen stark profitiert. 
mehr »

Wie prekär ist der Journalismus?

„Daten statt Anekdoten“, das war das Ziel des Forschungsprojekts „Prekarisierung im Journalismus“ an der LMU München, das nun nach fast fünf Jahren mit einem internationalen Symposium in München endete. Zu den Daten aus Europa hatte auch die dju in ver.di ihren Beitrag geleistet, als sie ihre Mitglieder um Teilnahme an der Online-Befragung bat und in M über die Ergebnisse berichtete.
mehr »