Rügen für Verletzung des Opferschutzes

Bild: 123rf

Der Deutsche Presserat hat auf seinen Sitzungen vom 23. bis 25. März 15 Rügen wegen Diskriminierung, Vorverurteilung, Verletzungen des Opferschutzes und Schleichwerbung ausgesprochen. Sechs Rügen kassierte die online-Ausgabe von Bild. So wurde wegen des Verstoßes gegen ethische Grundsätze in der Berichterstattung ein Gewinnspiel zur US-Präsidentenwahl gerügt. Den Leserinnen und Lesern wurden auf bild.de für einen Tweet in der US-Wahlnacht, der von Trump retweetet wird, 10 000 Dollar versprochen.

Eine weitere Rüge erhielt bild.de für einen nach Ansicht des Gremiums irreführenden Bericht über die Corona-Statistik des Robert Koch-Instituts. In mehreren Fällen verstieß „Bild“ außerdem gegen die Persönlichkeitsrechte der Opfer von Straftaten, indem beispielsweise Fotos unverpixelt veröffentlicht wurden. Dafür wurde unter anderem ein Foto aus sozialen Netzwerken entnommen.

Die Missachtung des Trennungsgebots führte zu einer Rüge der „Mittelbayerischen Zeitung“. Sie ließ einen CSU-Funktionsträger, der gleichzeitig Schriftführer im CSU-Ortsvorstand war, ein unkritisches Porträt über den der CSU angehörenden Bürgermeister der Gemeinde schreiben. Die Leser*innen wurden über den offensichtlichen Interessenkonflikt des eingesetzten Autors in keiner Weise informiert.

Die „Ludwigsburger Zeitung“ schürte mit einem Prozessbericht über Stalking rassistische Vorurteile, befand der Presserat und erteilte auch dafür eine Rüge. Unter der Schlagzeile „Verliebter Afghane vor Gericht“ hatte die Redaktion die Herkunft des Angeklagten mehrfach im Text benannt und auch in der Überschrift hervorgehoben. Ein begründetes öffentliches Interesse habe an der Herkunftsnennung jedoch nicht bestanden.

Rügen wegen Schleichwerbung erhielten vier Publikationen. Die Redaktion von „Merian“ hatte einem Artikel über Urlaubsreisen eine Veröffentlichung mit drei Fragen an einen „Touristik-Experten” einer Versicherung beigestellt, versehen mit den entsprechenden Links. In „Grazia“ wurde in einem Prominenten-Interview Werbung für ein Epiliergerät gemacht. Das „Zeit Magazin“ garnierte einen Artikel über Homeoffice mit Zeichnungen von Szenen der Arbeit zu Hause mit Möbelstücken und Einrichtungsgegenständen, wobei Namen und Hersteller der Möbel genannt wurden. Ein inhaltlicher Zusammenhang zum Gegenstand der Berichterstattung war nicht ersichtlich, betonte der Presserat. Die Online-Ausgabe des „Westfalen-Blatts“ wurde gerügt für einen Instagram-Post über Modemacher in der Region sowie einen entsprechenden Online-Beitrag, auf den im Post verlinkt wurde. Beide Veröffentlichungen enthielten PR-Fotos der jeweiligen Hersteller sowie werbliche Formulierungen.

Insgesamt behandelt wurden vom Presserat 136 Beschwerdeakten, wovon 71 als begründet und 50 als unbegründet erachtet wurden. Es gab 14 öffentliche Rügen, eine nicht-öffentliche Rüge, 18 Missbilligungen und 26 Hinweise. 12 Beschwerden waren begründet, es wurde aber auf eine Maßnahme verzichtet. Bei 15 Fällen handelte es sich um Wiederaufnahmeanträge, Einsprüche bzw. Vertagungen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Freie unter Honorar-Druck

Die prekären Arbeitsverhältnisse im Journalismus sind schon lange bekannt. Besonders trifft es aber freie Journalist*innen, deren Honorare sogar noch weiter sinken. Das hat auch Auswirkungen auf die Art des journalistischen Arbeitens.
mehr »

Anti-SLAPP-Gesetz ungenügend

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di kritisiert das von der Bundesregierung beschlossene Anti-SLAPP-Gesetz. Es beschränke den Schutz vor Einschüchterungsklagen nur auf grenzüberschreitende Fälle. Damit bleibe ein Großteil der realen Bedrohungslagen für Journalist*innen in Deutschland unberücksichtigt.
mehr »

Inhalte brauchen Moderation

Theresa Lehmann ist Tiktok-Expertin bei der Amadeu Antonio Stiftung. Sie leitete das Modellprojekt pre:bunk, das zum Ziel hatte, Jugendliche mit Videoformaten zu Desinformation auf TikTok zu sensibilisieren. Mit M sprach sie über Regulierung, Verbote und Gefahren von Social Media.
mehr »

dju warnt: Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu


mehr »