Deutscher Presserat rügt Titanic-Cartoons zu Enkes Suizid
Die drei Beschwerdeausschüsse des Deutschen Presserats behandelten auf ihren Sitzungen Anfang März in Berlin 126 Beschwerden. Dabei wurden neben den zehn öffentlichen Rügen noch zwei nicht-öffentliche Rügen ausgesprochen. Zudem gab es 19 Missbilligungen und 25 Hinweise. In 38 Fällen wurden die Beschwerden als unbegründet erachtet. Hier nur einige Beispiele.
Titanic-Online erhielt eine öffentliche Rüge wegen eines Verstoßes gegen die Menschenwürde (Ziffer 1 des Pressekodex). Die Zeitschrift hatte online mehrere Cartoons zum Tod von Fußballtorwart Robert Enke veröffentlicht. Unter anderem war das Foto eines Lokführers unter der Überschrift: „Jetzt meldet sich der Zugführer zu Wort“ gezeigt worden. Der Zugführer wird dann zitiert mit den Worten „Ich habe Enke überlistet!“. Der Presserat wertete die Cartoons als die Menschenwürde verletzende Witzeleien über den Suizid eines Menschen. Das reine Spiel mit den Gefühlen der Angehörigen und der Bahnführer, die von einem solchen Geschehen ebenfalls traumatisiert werden, sei keine Satire.
Weil Bild-Online gegen das Persönlichkeitsrecht von Verbrechensopfern verstoßen hat, erteilte der Ausschuss zwei öffentliche Rügen (Ziffer 8). Die Fahndungsfotos – eines ermordeten Mädchen und einer jungen geistig behinderten Frau – wurden auch nach dem Ende der Suche nochmals veröffentlicht, teilweise mit Details über die Leichen und über das Privatleben kombiniert. Das verstößt gegen den Pressekodex. Fotos und Namen vermisster Menschen dürfen zwar in Absprache mit den zuständigen Behörden publiziert werden, aber nur zu Fahndungszwecken. Später ist eine Veröffentlichung nicht gerechtfertigt – insbesondere dann nicht, wenn das Foto die Leiche einer Jugendlichen zeigt. Der Presserat hält das für unangemessen sensationell (Ziffer 11 des Pressekodex) und für einen schweren Eingriff in Persönlichkeitsrechte des Opfers und seiner Angehörigen (Ziffer 8 und 8.4. des Pressekodex). Aufgrund einer ähnlichen Thematik erhielt auch Express-Online eine öffentliche Rüge. Die Zeitung hatte in der Berichterstattung über den Fund einer Leiche ein Foto des Toten erneut verwendet.
Auch die angeblichen Recherchemethoden einer Agentur über das Privatleben von Politikern beschäftigen den Deutschen Presserat. Der Stern hatte darüber berichtet, dass die Bunte diese Recherchen in Auftrag gegeben habe. Franz Müntefering hat sich nun beim Presserat über eine mögliche Verletzung der Publizistischen Grundsätze beschwert. „Der Presserat erkennt in dem Vorgang eine Problematik von erheblicher ethischer Bedeutung“, heißt es in einer Pressemitteilung. Eine Bewertung dieses Falles könne jedoch nur im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens unter Einbeziehung der Gegenseite erfolgen. Der Beschwerdeausschuss werde sich daher in seiner nächsten Sitzung ausführlich mit dem Vorgang beschäftigen. Eines der wesentlichen Kriterien werde dabei die Ziffer 4 des Pressekodex sein, in der zu Recherchemethoden unter anderem deutlich formuliert ist: „Bei der Beschaffung von personenbezogenen Daten, Nachrichten, Informationsmaterial und Bildern dürfen keine unlauteren Methoden angewandt werden.“