Schon entdeckt? Qamar

Info

Engagierte Medien abseits des Mainstreams gibt es
zunehmend mehr. Sie sind hochinteressant, aber oft wenig bekannt. Deshalb stellt M in jeder gedruckten Ausgabe und auf M Online einige davon vor.

Es sei „höchst an der Zeit mit, statt über Muslim*innen zu reden“, findet Muhamed Beganović. Die übliche Medienberichterstattung sei „reißerisch und eng fokussiert auf Themen wie Terror, Ehrenmord, Clan-Kriminalität oder die Kopftuch-Debatte“. Er hat mit Qamar (arabisch: Mond) deshalb ein neues, ästhetisch ansprechendes Gesellschafts- und Kulturmagazin von Muslim*innen für Muslim*innen gegründet. Es richtet sich an junge Leser*innen zwischen 15 und 35 Jahre im deutschsprachigen Raum und soll vor allem eines: Inspirieren.

Über die Jahrzehnte sei mit der einseitigen Berichterstattung etwas verloren gegangen, sagt Chefredakteur Beganović: nämlich Berichte jener Muslim*innen, die in Kultur, Philosophie, Sport, Wissenschaft, Kunst Großartiges leisten. Im Mittelpunkt von Qamar stehen deshalb Menschen wie das bekannte Berliner Model Nadia Sadé Itani, die über ihre Erfahrungen in dem Business als Hijabi, also als Kopftuch-tragende Frau, erzählt. Die Bremer Psychologin Hatice Budak wiederum berichtet über den Trend zu Psychotherapien unter der muslimischen Bevölkerung.

Diskriminierungserfahrungen werden in den Beiträgen als Teil der Lebenserfahrung beschrieben, aber nicht prominent thematisiert. Das zweite Heft steht kurz vor Erscheinen. Es rückt noch sehr viel stärker Geschichten in den Mittelpunkt, die junge Muslim*innen ansprechen sollen. So befasst sich ein Portrait mit dem Bauhaus-Architekten Selman Selmanagić, der maßgeblich am Wiederaufbau Berlins beteiligt war.

„Wir waren sehr überwältigt vom positiven Feedback unserer Leser*innen“, sagt der Chefredakteur. Sie hätten sich dafür bedankt, „dass wir endlich eine Zeitschrift gegründet haben, die sie repräsentiert.“ Auf seiner Themenliste gibt es nun den Wunsch nach mehr literarischen Formaten, nach Berichten zu „Mental Health“ und zur ökologischen Nachhaltigkeit. Theologische Beiträge sind im Übrigen nicht geplant, weil die Religion im Heft bewusst nicht im Vordergrund stehen soll.

Qamar erscheint vierteljährlich. Auf der Website werden weitere Beiträge veröffentlicht. Finanziert werden die Ausgaben 2021 von der „Wiener Wirtschaftsagentur“, danach soll Qamar mit Abos, Käufen und Werbung auf eigenen Beinen stehen. Die Honorare für Texte, Fotografien und Grafiken richten sich nach Arbeitsaufwand, auch Berufsanfänger*innen haben eine Chance. Chefredakteur Muhamed Beganović schreibt übrigens als Journalist im Hauptberuf über Logistikthemen, das Heft stellt er mit seinen Mitstreitern in der Freizeit als „Herzensprojekt“ auf die Beine.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Zukunft der Filmförderung

In der morgigen Plenarsitzung des Bundestages wird über die Zukunft der deutschen Filmwirtschaft entschieden, der vom Bundestagsausschuss für Kultur und Medien beschlossene Gesetzentwurf zum Filmfördergesetz (FFG) steht zur Abstimmung auf der Tagesordnung. ver.di begrüßt eine Reform der Filmförderung, denn in Zukunft müssen Filmproduktionen Tarif- und Urheber-Vergütungen verbindlich einhalten.
mehr »

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

KI-Lösungen: Heise macht es selbst

Das Medienhaus „Heise Medien“ hat kürzlich das auf generative Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierte Medienhaus „Deep Content“ (digitale Magazine „Mixed“ und „The Decoder“) aus Leipzig gekauft. Damit will Heise die Zukunft generativer KI mitgestalten. „Deep Content“ entwickelte mit „DC I/O“ ein professionelles KI-gestütztes Workflow-Framework für Content-Teams und Redaktionen. Bereits seit Juni dieses Jahres kooperiert Heise mit „Deep Content“ bei der Produktion des Podcasts „KI-Update“. Hinter der Übernahme steckt die Idee, den neuen Markt weiter zu erschließen und hohe Gewinne einzufahren.
mehr »

Audiodeskription: Die KI liest vor

Die Hälfte der öffentlich-rechtlichen Sender verwendet inzwischen auch synthetische oder mit Künstlicher Intelligenz (KI) generierte Stimmen, um für Fernsehformate Audiodeskriptionen zu erstellen. Das ergibt sich aus Nachfragen von M bei den neun ARD-Landesrundfunkanstalten und beim ZDF. Neben professionellen Sprecher*innen setzen der MDR, WDR, NDR, Radio Bremen und das ZDF auch auf synthetische oder KI-Stimmen für die akustische Bildbeschreibung.
mehr »