Editorial: Gaukelei im Lokalen

Hütchenspieler und Gaukler sind Meister der Täuschung. Auf der Festwiese mögen sie Spaß bringen. In Politik und Wirtschaft haben sie eher nichts zu suchen. Und doch begegnen sie uns zunehmend etwa auf den lokalen Medienmärkten. Zeitungen identischen Inhalts gaukeln mit unterschiedlichen Titeln Lokalkolorit vor. Gleiche Mäntel sind in.

Out ist offenbar, Gesamtpolitik aus dem regionalen journalistischen Blickwinkel zu betrachten. Hunderte Print-Journalisten verloren seit Ende letzten Jahres ihre Arbeit. Die Verbliebenen knüppeln umso härter. Und doch will man Machern und Lesern weiß machen, auf die Qualität habe das keinen Einfluss. Vielfalt ist vielerorts einheitlicher Berichterstattung gewichen. In immer mehr Kreisen gibt es nur noch eine Zeitung. Unterschiedliche Printmedien, die auch online präsent sind, gehören demselben Konzern. Zudem sind dieselben Verleger an lokalen Radios und TV-Sendern beteiligt. Also alles aus einer Hand? Multimediale Konzentration einzelner Zeitungsunternehmen und regionale Meinungsführerschaft: Die lokalen Medienmärkte im Bundesland NRW und im Gebiet um Augsburg in Bayern liefern markante Beispiele dafür.

„Gedruckt, online und mobil erreichen die Zeitungen aktuell ein Publikum, das so groß ist wie nie zuvor“, resümiert der Verlegerverband dieser Tage. Man sei auch davon überzeugt, dass „Print ein erfolgreiches Geschäft“ bleibe. Wer nun glaubt, daraus erwachse die Erkenntnis, dass die Medien-Produzenten gut bezahlt und mit besten Arbeitsbedingungen ausgestattet werden, könnte erneut einer Täuschung unterliegen. Die Politik wird um eine „begleitende Gesetzgebung“ zur Sicherung der Zeitungen gebeten. Das Leistungsschutzrecht scheint in diese Kerbe zu schlagen. Ungeregelt ist, wie die Urheber an den Erlösen beteiligt werden. „Der Flächentarifvertrag steht auf der Kippe“, malt der Verlegerverband schwarz für die im Sommer bevorstehende Tarifrunde an Tageszeitungen. „Aufgabe von Tarifverträgen sei es, Mindestarbeitsbedingungen zu sichern“, wird in einer Pressemitteilung extra betont. Anerkennung von Leistung sieht anders aus! Was die dju in ver.di darunter versteht, hat die Tarifkommission am 13. März beschlossen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »