Darwins Alptraum

Pervertierte Theorie vom Überleben der Stärkeren

Alles begann mit einem harmlosen wissenschaftlichen Experiment: Britische Wissenschaftler setzten in den sechziger Jahren eine neue Fischart im Viktoriasee aus. Jetzt droht eine ökologische Katastrophe, weil dieser Nilbarsch alle anderen 400 Fischarten aufgefressen hat. Doch niemand unternimmt etwas dagegen. Im Gegenteil: Weltbank und Europäische Union subventionieren den Handel sogar, denn der Barsch ist beliebt bei Feinschmeckern in den reicheren Teilen der Welt. Den Einheimischen allerdings bleiben vom blühenden Geschäft nur die dürren, von Maden befallenen Gerippe. Ihr Leben ist bestimmt von Hunger, Prostitution und Aids. Und damit nicht genug. An Bord der Flugzeuge finden sich Waffen für die Bürgerkriege in Angola und anderen Bürgerkriegsgebieten.

„Darwins Alptraum“ nennt Hubert Sauper seine Dokumentation, und sie ist tatsächlich so erschütternd, wie sich der Titel anhört. Denn in Afrika pervertiert die Theorie vom Überleben der Stärkeren.

Nicht nur, weil die reichen Profiteure schier blind sind gegenüber all dem Elend. Auch die Armen verlieren den Verstand, strahlen noch fröhlich, wenn sie einen gefährlichen Job bekommen auch im Wissen, dass der Vorgänger ermordet wurde, finden es ganz normal, mit Giftpfeilen auf Diebe zu schießen, befürworten einen Krieg, weil der vermutlich Arbeitsplätze bringen würde und trällern trotz allem noch munter „Tansania, Tansania, ich liebe dich“. Zumindest der Pastor könnte helfen, wenn er Männern zu Kondomen raten würde, was er aber nicht tut, weil Sex angeblich „Sünde“ ist. Und die verwaisten, halb invaliden Straßenkinder gewinnen sich eine klebeähnliche Flüssigkeit zum Schnüffeln. Damit es sich besser schläft. Selten wurde das Verhältnis zwischen erster und dritter Welt in einer Dokumentation so drastisch dargestellt. Allerdings hätte er diesen Film auch an vielen anderen Orten auf der Welt machen können, sagt Sauper. Denn überall, wo plötzlich neuer Reichtum entsteht, führt das nur ein paar ins Glück, die meisten aber in den Abgrund. Dringender kann ein Appell gegen Globalisierung nicht sein.

 

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