Meinung
Hinzu kommt, dass die Inflationsausgleichsprämie weder auf das Urlaubs-, noch auf das Weihnachtsgeld angerechnet werden kann. Und tabellenwirksam ist sie auch nicht. Sie bleibt also folgenlos für künftige Einkommenszuwächse.
120 Euro Inflationsausgleichsprämie, die 15 Monate lang gezahlt wird – das sind nicht einmal 3,5 Prozent Einkommenszuwachs. Selbst zusammen mit den beiden mageren – vom DJV zu verantwortenden – Erhöhungen von 1,5 und 2,0 Prozent aus dem laufenden Tarifvertrag wird der Reallohnverlust, den wir seit dem Frühjahr 2022 hinnehmen müssen, nicht gestoppt.
Diesen mehr als zweifelhaften Erfolg erkauft sich der DJV mit einer Verlängerung der Laufzeit des Gehaltstarifvertrages bis zum Jahresende 2024. Damit gibt der Verband für ein weiteres Dreivierteljahr eines der wichtigsten Machtmittel aus der Hand, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben: Das Recht, gute Arbeitsbedingungen und angemessene Gehälter notfalls auch mit einem Arbeitskampf zu erzwingen. Bei den Managern in den Medienhäusern dürften die Sektkorken knallen. Bei Redakteurinnen und Redakteuren sowie freien Journalist*innen in den Tageszeitungsredaktionen herrscht dagegen Katerstimmung. Sie werden mit tatkräftiger Unterstützung des DJV weiterhin von der Entwicklung des Reallohns abgekoppelt, während in anderen Branchen – nicht zuletzt mit dem tarifpolitischen Knowhow und der Kampfkraft einer wachsenden ver.di – respektable Lohnzuwächse erkämpft werden.
Um einer Legendenbildung vorzubeugen: Ja, die dju in ver.di war bei den Gesprächen über die Inflationsausgleichsprämie dabei. Schon in den Vorgesprächen mit dem DJV im Frühjahr und später bei den beiden gemeinsamen Gesprächsterminen mit dem BDZV haben wir unsere Haltung aber unmissverständlich klar gemacht: Eine Vereinbarung zur Inflationsausgleichsprämie wird es mit uns nur unter zwei Bedingungen geben: Die Laufzeit des Gehaltstarifvertrags darf nicht über das vereinbarte Ende am 30. April 2024 hinaus verlängert werden und Regelungen für festangestellte Redakteurinnen und Redakteure müssen ein zu eins auch für arbeitnehmerähnliche Freie gelten. Als sich am 28. September bei den Gesprächen mit BDZV und DJV abzeichnete, dass diese Kernforderungen nicht berücksichtigt werden, haben wir uns aus den Gesprächen verabschiedet. Mitverhandelt haben wir ausdrücklich nicht mehr, ab dem Moment wo wir das Vorgehen des DJV grundsätzlich für tarifpolitisch kontraproduktiv gehalten haben.
Die Aufgabe tarifpolitischer Handlungsfähigkeit für ein Minusgeschäft zu Lasten der Zeitungsjournalist*innen wollten wir nicht mitmachen. Wir laden alle Kolleg*innen, gerade auch aus dem DJV ein, sich uns anzuschließen für bessere Gehälter, Honorare und Arbeitsbedingungen in Zeitungen.