Werner Ach vom ZDF weiß um die Rolle der „Verbände im Verbund“
„Im Zentrum des Sturms“ – so war der Bericht über die Gründung der ver.di-Fachgruppe Medien in der März-Ausgabe überschrieben. Da hilft es, wenn an der Spitze des Bundesvorstands einer steht, der als passionierter Segler auch Erfahrungen damit hat, ein Boot bei starkem Wind auf Kurs zu halten: Werner Ach.
Gewerkschaftsarbeit kann Spaß machen, auch wenn es zunächst ganz anders klingt. Der Titel eines Initiativantrags auf dem Gewerkschaftstag 1998 lautete „Organisationsstrukturreformkommission zur Rolle der Verbände im Verbund“ und der Mann mit dem rotblonden Vollbart, der den Antrag begründete, sprach über die Vielfalt des Verbandswesens, von den Ebenen einer Verbundgewerkschaft im Verband und den Verbandsebenen im Verbund. Bald schon stellt sich jedoch der Persiflagecharakter heraus, spätestens als es hieß: „Wenn ein Bein mit Verband verbunden wird, zeigt das die wichtige Rolle der Verbände im Verbund“. So war dann klar: Der da sprach, kennt den Ernst der Lage und nimmt doch nicht alles bierernst, der beherrscht die gewerkschaftliche Terminologie und ist doch kein kauderwelschender Paradefunktionär. Sein Name: Werner Ach. Seine jüngste Funktion: Vorsitzender der Fachgruppe Medien. Seine biographischen Daten: 1948 in Wächtersbach geboren, verheiratet, zwei Kinder, 1969 Kameravolontariat beim Hessischen Rundfunk, seit 1971 beim ZDF, seit fast 40 Jahren Gewerkschaftsmitglied und seither in vielen ehrenamtlichen Funktionen aktiv. Als Kenner weiß er auch um den Grund für diese Multifunktionalität: „Ein Mitglied, das wirklich aktiv werden will, steht vor einem Berg von Ebenen. Um sich durchzusetzen, muss er auf allen Ebenen aktiv werden.“
Schon mit 14 stand sein Berufswunsch fest: Werner Ach wollte Kameramann werden. Die Begeisterung für das Medium wuchs – „Cinema Paradiso“ lässt grüßen – im Kino des Onkels und in der elterlichen Dunkelkammer. Als Kameramann fing er 25 Jahre lang für ZDF-Dokumentationen und Reportagen Bilder aus der Welt der Großen und Mächtigen, aber auch der kleinen Leute ein. Was neben den Arbeitsinhalten sein Interesse weckte: die Arbeitsbedingungen im Fernsehen. Von Anfang an engagierte sich der Kameramann gewerkschaftlich. Lange Jahre gelang es ihm, die gestaltende Arbeit und das gewerkschaftliche Engagement zeitlich zu vereinbaren. 1995 war jedoch eine Grundsatzentscheidung notwendig: Kamera oder IG Medien, Beruf oder Berufung? Ach entschied sich für die Gewerkschaft und übernahm im ZDF den Vorsitz des Betriebsverbands, den er seither inne hat.
Mehr als eine Revolution erlebt
Wer seit einem Vierteljahrhundert im Medienbereich arbeitet, der hat mehr als nur eine Revolution erlebt. Die jüngste Herausforderung: die Folgen der Digitalisierung. „Hinter dem Stichwort Videojournalist verbirgt sich mehr als eine neue Technik: Hier wachsen Berufsbilder zusammen und wir müssen Antworten darauf finden, wie weit die Funktionskopplung gehen kann.“ Vieles wird sich ändern, doch Werner Ach legt Wert darauf, dass trotz der Veränderungen die innere und äußere Informationsfreiheit gewährleistet bleiben muss: „Es ist die Aufgabe der Gewerkschaften im digitalen Zeitalter, zu verhindern, dass Rundfunk und Information zum reinen Wirtschaftsgut degradiert werden. Rundfunk ist und bleibt auch ein Kulturgut für alle.“
Nicht minder revolutionär sind die organisatorischen Veränderungen. „Ich war bei der Auflösung der RFFU und dem Ende der IG Medien dabei,“ sagte er und vermittelt dabei so gar nicht den Eindruck eines gewerkschaftlichern Dinosauriers, schließlich entstand immer etwas Neues.
Erfahrungen sammelte Ach auch auf zwei scheinbar gegensätzlichen Feldern: In Friedens- und Umweltinitiativen lernte er, wie wichtig Motivation und Koordination ist. „Durch Vernetzung können auch kleine Gruppen erfolgreiche Arbeit leisten“, lautet sein Fazit nach 25 Jahren als Stadtverordneter in seiner Heimatgemeinde. Und da er es leid war, als Lokalpolitiker vor fast leeren Zuhörerbänken zu sprechen, suchte er sich noch eine weitere Bühne: die „Fassenacht“. Als Büttenredner stellt er seit 10 Jahren unter Beweis, dass er sich auch auf Ungereimtes einen Reim machen kann – auch das eine Fähigkeit, die sich in der Gewerkschaftsarbeit bewährt.
An der Spitze der Fachgruppe Medien steht ein Kameramann und kein Journalist. Werner Ach – nur eine Verlegenheitslösung? Jedenfalls ist er um eine Antwort nicht verlegen: „Ich war überrascht“, räumt er ein, „vor allem von der Einmütigkeit.“ Doch seine Wahl ist kein Zufall: Als Verhandlungsführer im ZDF und als Vorsitzender des Tarifausschusses öffentlich-rechtlicher Rundfunk koordiniert er seit Jahren die Tarifarbeit. Und auch zu den anderen Bereichen der neuen Fachgruppe pflegt er gute Kontakte. Und als journalistisch denkender Kameramann freut er sich auf die konstruktive Zusammenarbeit mit Journalistinnen und Journalisten der dju und die Koordination der Themen, die über berufsspezifische journalistische Anliegen hinausgehen.
Wenn es um die Aufgaben der neuen Fachgruppe geht, schlägt er einen weiten Spannungsbogen: vom Erhalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über die Bewältigung der Folgen der Digitalisierung bis hin zur Tarifarbeit: Und, was ihm besonders am Herzen liegt: die Mitgliedergewinnung. Bei einem Tarifvertrag über Telearbeit im ZDF hat ver.di Wert darauf gelegt, dass sich Trittbrettfahrerei nicht länger lohnt. „Wir wollen mit unserer Tarifarbeit dafür sorgen, dass bestimmte Leistungen nur Gewerkschaftsmitgliedern zugute kommen oder unsere Mitglieder von Verschlechterungen ausgenommen werden.“
Große Sorge machen ihm die Probleme rund um die freie Mitarbeit. „Während die Arbeitgeber den Beschäftigungsumfang der Freien reduzieren, verändert der Gesetzgeber zugleich das soziale Sicherungssystem“, beschreibt Ach das Grundproblem. Die Folge: „Das soziale Netz hält nicht mehr.“ Schon jetzt sind Freie gezwungen, in andere Arbeitsfelder abzuwandern, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.