Aktion für Shafiqul Islam Kajol, Bangladesch

Der Journalist Shafiqul Islam Kajol wurde am 3. Mai 2020 verhaftet, nachdem er zuvor 53 Tage gewaltsam „verschwunden“ war.
Facebook-Foto: Where ist Kajol

Erst „verschwunden“, jetzt in Haft

Nach 53 Tagen des Bangens kam für die Angehörigen und Freunde des Journalisten Shafiqul Islam Kajol am 3. Mai 2020 eine erleichternde Nachricht. Anfang März war der Journalist und Fotograf nach dem Verlassen seines Büros in der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka „verschwunden“. Knapp acht Wochen später teilten die Behörden des Landes mit, dass der Redakteur der Tageszeitung Dainik Pokkhokal an der Grenze zu Indien aufgegriffen worden war.

Doch zu der Erleichterung, dass Shafiqul Islam Kajol lebt, kam eine schlechte Nachricht. Denn in mehreren Fällen wurde Anklage gegen den Journalisten erhoben – verbunden mit einer unbefristeten Untersuchungshaft. Bis heute befindet sich Shafiqul Islam Kajol hinter Gittern, obwohl er keine erkennbare Straftat begangen hat. Zudem sind auch in Bangladesch zahlreiche Gefangene als Vorbeugung gegen die Corona-Pandemie aus der Haft entlassen worden, Shafiqul Islam Kajol jedoch nicht. Gegen ihn liegt in mindestens drei Fällen Anklage nach dem repressiven Gesetz über die digitale Sicherheit (DSA) vor. Ihm wird vorgeworfen, „falsche, beleidigende und verleumderische“ Informationen auf Facebook veröffentlicht zu haben, die sich gegen „Recht und Ordnung“ richteten und die er sich „illegal beschafft“ haben soll. Das DSA verstößt gegen den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte, den Bangladesch ratifiziert hat.

Die konkreten Vorwürfe gegen den Journalisten sind unklar. Vermutlich beziehen sie sich aber auf Facebook-Posts. Vor seinem „Verschwinden“ hatte Shafiqul Islam Kajol kritische Beiträge veröffentlicht, in denen mehreren Mitgliedern der Regierungspartei „Awami-Liga“ vorgeworfen wird, an einem Sexhändlerring beteiligt zu sein. Einen Tag vor seinem „Verschwinden“ hatte ein Mitglied der „Awami Liga“ Anzeige gegen Shafiqul Islam Kajol erstattet. Deshalb befürchten Beobachter, dass der Journalist auch in den 53 Tagen, bis er wiederauftauchte, an einem geheimen Ort in Gewahrsam gewesen sein dürfte.

Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Aussagen begründet nach dem Völkerrecht eine beleidigende Meinungsäußerung über Personen des öffentlichen Lebens keine Verhängung von Strafen. Der UN-Menschenrechtsausschuss regt an, den Vorwurf der Verleumdung zu entkriminalisieren und den Straftatbestand zivilrechtlich statt strafrechtlich zu behandeln. Auch fordert die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, die Regierung in Dhaka auf, das DSA so zu reformieren, dass es mit internationalen Menschenrechtsverträgen in Einklang steht.

Was können Sie tun? Schreiben Sie an den Innenminister von Bangladesch und fordern Sie ihn auf, den Journalisten Shafiqul Islam Kajol umgehend und bedingungslos freizulassen, weil er lediglich von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hat. Dringen Sie außerdem darauf, dass das Gesetz über digitale Sicherheit (Digital Security Act) so reformiert wird, dass es die Vorschriften des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte nicht verletzt.

Schreiben Sie in gutem Englisch oder Deutsch an:

INNENMINISTER

Mr. Asaduzzaman Khan

Ministry of Home Affairs

Bangladesh Secretariat

Dhaka-1000

BANGLADESCH

Fax: (00 88) 02 93 47 290

E-Mail: minister@mha.gov.bd

 

Senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:

BOTSCHAFT DER VOLKS-REPUBLIK BANGLADESCH

  1. E. Herrn Imtiaz Ahmed

Kaiserin-Augusta-Allee 111

10553 Berlin

Fax: (030) 39 89 75 10

info.berlin@mofa.gov.bd

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Italien: Neun Jahre Haft für Recherche?

Drei Reporter*innen der italienischen Tageszeitung Domani müssen mit bis zu neun Jahren Gefängnis rechnen. Die Staatsanwaltschaft Perugia ermittelt gegen sie, weil sie vertrauliche Dokumente von einem Beamten angefordert und erhalten und das Geheimhaltungsprinzip der Ermittlungen verletzt haben sollen. Die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll kritisierte, dass „hier investigative Berichterstattung über Mitglieder der italienischen Regierung unterdrückt werden soll."
mehr »

RSF: Vertrauen Sie der freien Presse!

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wählt in diesem Jahr ein neues Staatsoberhaupt oder eine neue Regierung, Regional- oder Kommunalpolitiker. Gleichzeitig begeht die deutsche Sektion von Reporter ohne Grenzen (RSF) ihr 30-jähriges Bestehen. Grund genug für die Kampagne „Erste Worte“. Unterschiedliche Menschen hören Auszüge aus den Antrittsreden ihrer Präsidenten: Wladimir Putin aus dem Jahr 2000, Nicolás Maduro aus dem Jahr 2013 und Recep Tayyip Erdogan 2014.
mehr »

Italien plant harte Strafen für Journalisten

Italien plant eine Reform seines Verleumdungsgesetzes. Das Vorhaben wird derzeit vom Justizausschuss des italienischen Senats geprüft und sieht neben höheren Geldstrafen auch ein gefährliches Verbot journalistischer Berufsausübung vor. Verurteilte Reporter*innen könnten ein Arbeitsverbot von bis zu sechs Monaten erhalten. Auch Haftstrafen für Medienschaffende, die eigentlich nicht im Gesetz auftauchen sollten, werden in einem jüngsten Änderungsantrag wieder hinzugefügt.
mehr »

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »