Attentate auf Journalisten

Beliebter spanischer Rundfunkmoderator erhielt Paketbombe

Wieder ist in Spanien ein Anschlag auf einen Journalisten verübt worden. Carlos Herrera, Moderator des staatlichen „Radio Nacional“, erhielt Ende März im Funkhaus in Sevilla eine als Zigarrenschachtel getarnte Paketbombe mit 250 Gramm Sprengstoff. Absenderin war nach Vermutungen des Innenministeriums die baskische Separatistenorganisation ETA. Herrera überlebte nur mit großem Glück. Der aus sechs lichtempfindlichen Fotozellen bestehende Zündmechanismus funktionierte nicht.

Herrera moderiert werktags von sieben bis 13 Uhr die Sendung „Buenos D’as con Carlos Herrera“ mit großem Hörer-Erfolg. Mit ihm sollte eine der gegenüber dem baskischen Nationalismus kritischsten Stimmen Spaniens getötet werden. Herrera greift oft nicht nur ETA, sondern auch demokratische Nationalisten wegen deren politischen Zusammenarbeit mit ETAs politischem Arm „Herri Batasuna“ (HB) an. HB-Sprecher Arnaldo Otegi rechtfertigte das Attentat mit einem verbalen Eiertanz: „Es ist offensichtlich, dass die Kommunikationsmedien bei der Beurteilung des Konflikts eine bestimmende Rolle spielen“, sagte er. Politiker der übrigen Parteien und Betriebsräte spanischer Medien verurteilten das Attentat dagegen scharf. „Gehe in deiner Ausübung der Meinungsfreiheit keinen Schritt zurück“, forderte der Betriebsrat der Tageszeitung „El Pa’s“ Herrera auf.

ETA hatte zuletzt am 28. Juni 1978 den Journalisten Jos_ Mar’a Portell ermordet. Der Druck auf unliebsame Berichterstatter verminderte sich nicht. Nur kurz vor dem Versand der Paketbombe an Carlos Herrera verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf das Haus der Eltern des Chefredakteurs der baskischen Tageszeitung „El Correo“. Im Februar sah sich die Madrider Zentrale der Tageszeitung „El Mundo“ von der ETA beobachtet. Deren ehemalige Baskenland-Korrespondentin Carmen Gurruchaga war bereits im Dezember 1997 Opfer eines Brandanschlags auf ihre Wohnung in San Sebastiýn.


  • Einblicke aus verschiedenen Richtungen in die alltägliche Arbeit von Journalisten in der nordspanischen Region bieten auch mehrere Beiträge im von taz-Korrespondent Reiner Wandler herausgegebenen Baskenland-Buch „Euskadi“, zu dem auch unser Spanien-Korrespondent Hans-Günter Kellner einen Beitrag beigesteuert hat.
  • Reiner Wandler (Hg.), Euskadi: ein Lesebuch zu Politik, Geschichte und Kultur des Baskenlandes,edition tranvia, Verlag Walter Frey, Berlin
nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Eine Stimme für afghanische Mädchen

Die iranische Filmemacherin Sarvnaz Alambeigi begleitet in ihrem Dokumentarfilm „Maydegol“ über viele Jahre eine junge Muay-Thai-Boxerin aus Afghanistan, die im Iran unter schwierigen Umständen für ein selbstbestimmtes Leben kämpft. Im Interview erzählt Alambeigi, welche Rolle das Kopftuch für den Film spielt, was sie von der jungen Generation gelernt hat und warum der Film endet, bevor Maydegol endlich gelingt, was sie sich wünscht.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »