Autokorso der Herzen für Deniz Yücel

Autokorso zum Valentinstag in Berlin-Kreuzberg für die Freilassung von Deniz Yücel
Foto: Christian von Polentz

Ein trauriger Jahrestag, 14. Februar 2018: Der deutsch-türkische Journalist und Welt-Korrespondent Deniz Yücel sitzt seit einem Jahr in türkischer Haft. ver.di bezeichnet dieses Agieren der türkischen Regierung als „Vorgehensweise eines Unrechtsstaats“. Der #FreeDeniz-Freundeskreis veranstaltete angelehnt an den Valentinstag in Berlin einen „Autokorso der Herzen“. In Yücels Heimatstadt Flörsheim am Main gab es eine Mahnwache.

Yücel sitzt seit dem 14. Februar 2017 im Hochsicherheitsgefängnis Silivri in der Nähe von Istanbul und wird dort ohne jeden Beweis einer Straftat festgehalten. Und das sei nur die „Spitze des Eisbergs“, sagt ver.di. „In der Türkei sitzen zurzeit mehr als 100 Journalisten und Journalistinnen im Gefängnis, weil ihre Berichterstattung der Regierung nicht passt. Seit Monaten warten sie auf eine Anklageschrift. Wir fragen uns, wie lange die demokratischen Staaten diese brutale Vorgehensweise gegen die Pressefreiheit dulden wollen“, erklärte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke.

„Solange die türkische Regierung Menschenrechte und die Pressefreiheit unterdrückt, müssen die wirtschaftlichen Beziehungen eingefroren werden. Das ist die einzige Sprache, die Recep Tayyip Erdogan und seine Helfershelfer verstehen“, so der ver.di-Vize. Diplomatische Gespräche brächten seit einem Jahr „nicht den notwendigen Erfolg“. „Die zu Unrecht Inhaftierten können nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag in türkischen Gefängnissen warten. Da braucht es jetzt mehr Druck“, forderte Werneke.

Mit einer Buchveröffentlichung zum ersten Jahrestag seiner Inhaftierung will Deniz Yücel der türkischen Regierung die Stirn bieten. Das Buch unter dem Titel: „Wir sind doch nicht zum Spaß hier“ wurde in Berlin im Anschluss an den Autokorso vom #FreeDeniz-Freundeskreis vorgestellt. „Yücel hat für dieses Buch gemeinsam mit der Journalistin Doris Akrap seine Reportagen, Glossen, Kommentare aus mehr als einem Jahrzehnt zusammengestellt und durch einen bislang unveröffentlichten Text aus dem Gefängnis in der Türkei ergänzt“, berichtet der Spiegel. Die Korrespondenz sei schwierig gewesen, so Herausgeberin Akrap. Yücel dürfe im Gefängnis nur seine Anwälte und Familienangehörige sehen. Er habe jedoch, so Akrap, seinen Anwälten einen „Anmerkungsapparat, bestehend aus 400 handgeschriebenen Seiten, mitgegeben“.

Yücel wehrt sich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen seine Inhaftierung. Bis zum 22. Februar dürfen die türkische Regierung sowie Yücel sich schriftlich zu einer Stellungnahme der Bundesregierung äußern, die einen Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention befürchtet. Der EuGH will vor der Sommerpause eine Entscheidung treffen.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Ein Plädoyer fürs Zuhören

Zuhören, Gehörtwerden, den Dialog auf Augenhöhe führen – das sind Schlagworte unserer Zeit, Leerformeln der politischen Rhetorik. Mit dem Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen sprachen wir über journalistisches Zuhören, BigTech und den Sofortismus der Sozialen Medien.
mehr »

Presse-Versorgung hält hohes Zinsniveau

Die Vertreter*innenversammlung der Versicherten der Presse-Versorgung hat beschlossen, die Gesamtverzinsung für das Jahr 2026 im dritten Jahr in Folge beizubehalten. Damit behauptet die Presse-Versorgung erneut ihre Spitzenposition im deutschen Lebensversicherungsmarkt.
mehr »

Digitale Mobilität als Machtfaktor

Smartphone, Social Media und Plattformen – wie werden Menschen durch mobile, vernetzte Medientechnologien sichtbar, und wer oder was bleibt unsichtbar? Welche Rolle spielen dabei Geschlechter- und Machtverhältnisse? Über diese Fragen diskutierten Medienforscher*innen  auf der Tagung „Bilder in Bewegung, mit Bildern bewegen: Gender, Macht und Mobilität“ in Tübingen.
mehr »

Junger Journalismus: Lernen, vernetzen und schützen

Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
mehr »