Demonstration in Bonn für nachhaltige Programm- und Sprachenvielfalt
Das Umbau- und Sparprogramm bei der Deutschen Welle wurde vehement kritisiert. Nach Protesten im Dezember am Standort Berlin gingen am 23. Februar in Bonn Beschäftigte aus den 30 Sprachredaktionen des Senders auf die Straße, um für eine nachhaltige Sicherung der Programm- und Sprachenvielfalt und damit auch für die Sicherheit der Arbeitsplätze zu demonstrieren. Nun wurden von der Politik weitere Mittel zugesagt.
Ein leises Aufatmen ging durch die Reihen, als die Nachricht bekannt gegeben wurde, dass die Politik den Sender ab 2016 mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 12 Millionen jährlich ausstatten wolle. „Die Horrorszenarien des DW-Intendanten Peter Limbourg sind damit vorerst vom Tisch“, erklärte der Personalrat. Ohne die zusätzlichen Mittel hätten drei der vier TV-Programme der DW (Deutsch, Spanisch, Arabisch) und ein Drittel der insgesamt 30 Radio-und Online-Sprachen der Stimme Deutschlands in der Welt vor dem Aus gestanden. In den vergangenen Monaten hatten aufgrund der chronischen Finanzknappheit des Senders nahezu 300 freie Mitarbeiter ihren Hut nehmen müssen oder seien massiv in ihrer Beschäftigung gekürzt worden. Der Qualitätsverlust in allen Programmen sei deutlich spürbar, die Moral der Mitarbeiter erschüttert. „Die an sich sinnvolle Stärkung unserer Programme in der Weltsprache Englisch drohte an hektischen und mangelhaft finanzierten Umbau-Szenarien zu scheitern.“
In Bonn lautete deshalb die Devise: „Jetzt erst recht“ müsse der Umbau mit Bedacht erfolgen, die Sprachenvielfalt der DW nachhaltig gesichert werden. Denn sie sei mit der Regionalkompetenz der Mitarbeiter aus 60 Nationen das Alleinstellungsmerkmal der DW.
Dazu Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Gewerkschaftsvertreter im Rundfunkrat: „Der Rundfunkrat, der Verwaltungsrat und auch der Bundestag haben mehrheitlich die Reform des Senders gebilligt. Diese muss nun vernünftig umgesetzt werden. Es macht keinen Sinn, die Welle auf einen englischen Nachrichtenkanal zu reduzieren und Personal in den Redaktionen, der Technik und der Verwaltung abzubauen. Alle Beschäftigten, ob Freie, feste Freie oder fest Angestellte, brauchen Sicherheit. Wir sind für eine Optimierung des englischen TV-Kanals, für neue und moderne Technik, aber es muss auch klar sein, dass die 30 Redaktionen, die in den jeweiligen Sprachen ein wirklich gutes Programm machen, das auch weiterhin tun können. Die Deutsche Welle muss im internationalen Chor der Medien hör- und sichtbar sein.“
Die Europäische Journalisten-Föderation (EFJ), in der ver.di-Mitglied ist, erklärte sich solidarisch mit den Protesten der DW-Beschäftigten. Überall in Europa werde an der falschen Stelle gespart. Dadurch seien Medienpluralismus und Demokratie in Gefahr, wird in einer entsprechenden Erklärung gewarnt.
Rundfunk- und Verwaltungsrat stimmten – vor dem Hintergrund der zugesagten Mittel der Politik – inzwischen der von Intendant Peter Limbourg vorgelegten Aufgabenplanung für die Deutsche Welle bis Ende 2017 zu. Alle Sprachen und TV-Kanäle sollen nunmehr erhalten bleiben, Kosten für Tarifsteigerungen 2014 und 2015 würden bezahlt werden. Von den 60 Kündigungen freier Mitarbeiter wurden 18 zurückgenommen. „Im Ringen um Zustimmung musste Intendant Peter Limbourg zusagen, einen Ressourcenplan nachzureichen“, erklärte Wolfgang Uellenberg-van Dawen. Auch wenn die Bundesregierung weitere 4 Millionen Euro für das Programm zugesagt habe, dürfe der Aufbau des englischen Kanals nicht weiter zu Lasten der anderen Sprachredaktionen gehen, so Uellenberg-van Dawen. Es müsse die notwendige Balance zwischen dem englischen Kanal und den anderen Programmen gefunden werden.
„Natürlich ist es sehr gut, dass wir mehr Geld kriegen und alle Sprachen und Fernsehkanäle erhalten bleiben. Jedoch ist noch vieles offen, was die Sicherung der Arbeitsplätze betrifft, schätzt Gesamtpersonalratsvorsitzende Ayse Tekin die jüngste Entwicklung ein. Die Personalräte müssen wachsam sein und schauen, wie es ganz konkret weiter gehe. Noch gebe es keine Übersicht, wie viel Personal genau wo gebraucht werde. Auf die Frage, ob denn nunmehr der Personalabbau gestoppt sei, habe es vom Intendanten kein klares Ja gegeben, so Tekin. Und befristete Beschäftigungen? Sie würden dort verlängert, wo es nötig sei, hieß es. Auch das sei eher eine schwammige Aussage. „Bestätigt wurde indes, dass wie geplant weitere Freie eine Beschränkungsankündigung – eine Kürzung ihres Auftragsvolumens – erhalten.“ Das sich Politik und Intendanz bewegen mussten, ist vor allem den Beschäftigten und dem Einsatz von ver.di zu verdanken. Sie haben mit Aktionen in Bonn und Berlin deutlich gemacht, wie kritisch sie die Umbaupläne ohne finanziellen Rückhalt sehen. Die ver.di-Petition vom Februar hatten zudem Tausende unterschrieben. Mehr auf: www.soliseite.de/deutsche-welle
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