EU sagt SLAPP-Klagen den Kampf an

Flaggen der Mitgliedsstaaten in Straßburg vor dem Europäischen Parlament
Foto: fotolia

Die EU-Kommission hat sogenannten SLAPP-Klagen, mit denen Journalist*innen und Aktivist*innen eingeschüchtert werden sollen, den Kampf angesagt. Ein neues Gesetz solle jene schützen, die sich an Angelegenheiten von öffentlichem Interesse beteiligen, erklärte die Behörde heute in Brüssel. SLAPP steht auf Englisch für „strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung“.

Es gehe den Klägern mit solchen Verfahren nicht um den Zugang zum Recht, erklärte die Kommission. Vielmehr wollten sie zum Beispiel Umweltschützer, Kämpfer für Minderheiten und investigative Journalist*innen abhalten, etwas zu veröffentlichen oder zu kritisieren. Die Klagen stammten typischerweise von mächtigen Einzelpersonen, Lobbys, Unternehmen oder staatlichen Organen.

Der Gesetzesentwurf definiert die anvisierten Klagen dergestalt, dass sie unbegründet seien und zum Hauptzweck hätten, öffentliche Beteiligung zu verhindern, einzuschränken oder zu bestrafen. Das zeige sich etwa in einer „exzessiven“ Natur einer Klage, in der Existenz mehrerer Klagen zu ähnlichen Angelegenheiten oder in Drohungen durch die Kläger.

Die EU-Staaten müssen der Richtlinie zufolge dafür sorgen, dass ihre Gerichte solche Klagen frühzeitig als offensichtlich unbegründet abweisen können. Die Beweislast läge dann beim Kläger. Die Gerichte müssten ferner die Möglichkeit erhalten, abschreckende Strafen gegen die Kläger zu verhängen. Den Klägern solle die Erstattung der Auslagen der Beklagten auferlegt werden können. Bei missbräuchlichen Klagen könne Schadenersatz gefordert werden.

Damit das Gesetz greift, muss eine grenzüberschreitende Dimension vorliegen. Das ist der Fall, sofern nicht beide Parteien im selben Land wie das angerufene Gericht ansässig sind. Es gilt aber auch dann, wenn der Kläger den Beklagten schon in einem anderen Mitgliedsland juristisch belangt hat sowie dann, wenn das Thema der öffentlichen Beteiligung zwei EU-Länder betrifft.Der Entwurf geht nun an den Rat der Mitgliedstaaten und das Europaparlament. Von dort verlautete bereits Zustimmung, etwa vom SPD-Abgeordneten Tiemo Wölken. „Gerichte dürfen nicht ein Spielplatz sein, den die Reichen und Mächtigen nutzen, um ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen“, so das Mitglied im Rechtsausschuss. Der CDU-Rechtspolitiker Axel Voss forderte „empfindliche Strafen für Initiatoren solcher Klagen. Richter und Staatsanwälte müssen dementsprechend geschult werden, um missbräuchliche Klagen zu erkennen.“

Auch Greenpeace begrüßte den Vorschlag. Es sei ermutigend zu sehen, dass die EU-Kommission „entschlossene Schritte mache, um das wachsende Problem“ der SLAPP-Klagen anzugehen. Von ihnen seien auch Greenpeace und andere Umweltschutzorganisationen seit Langem betroffen, hieß es in einer Erklärung aus Brüssel.


Meilenstein im Kampf gegen SLAPP-Klagen

ver.di gewinnt gegen Hohenzollern

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Der Rotstift beim Kinderfernsehen

ARD und ZDF halten es nicht für sinnvoll, wenn die Bundesländer im Reformstaatsvertrag einen fixen Abschalttermin für das lineare Programmangebot des Kinderkanals KiKa festlegen. Die lineare Verbreitung zu beenden, sei „erst dann sachgerecht, wenn die weit überwiegende Nutzung eines Angebots non-linear erfolgt“, erklärten ARD und ZDF gemeinsam auf Nachfrage. „KiKA bleibt gerade für Familien mit kleinen Kindern eine geschätzte Vertrauensmarke, die den Tag linear ritualisiert, strukturiert und medienpädagogisch begleitet.“
mehr »

Nachrichten gegen Desinformation

Über 800 Medien wie Reuters, die Washington Post, Zeit Online und AFP unterstützten den diesjährigen World News Day, der zeitgleich mit dem UN-Tag für den universellen Zugang zu Information, am 28. September gefeiert wird.  „Journalismus ist das Sicherheitsnetz unserer Gesellschaft, sagte David Walmsley, Gründer des Weltnachrichtentages und Chefredakteur der kanadischen Zeitung Globe and Mail. Dieses Sicherheitsnetz hat Risse und hängt fast überall in der Welt am seidenen Faden - und mit ihm alle freien Gesellschaften. Deshalb schlägt Walmsley Alarm. Unterstützt wird er vom Weltverband der Nachrichtenmedien (WAN-IFRA), dem World Editors Forum, der Canadian Journalism…
mehr »

NRW: Zusammenschluss im Zeitungsmarkt

Die Konzentration im NRW-Zeitungsmarkt, insbesondere in der Region Ostwestfalen-Lippe (OWL), setzt sich fort. Die Neue Westfälische und das Westfalen-Blatt streben eine Kooperation an. Auch die Lippische Landes-Zeitung und das Mindener Tageblatt planen, ihre Verlagsaktivitäten künftig in einer gemeinsamen Holding zu bündeln.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »