Freiheit für Verfolgte

Gemeinsame Aktionen von IG Medien und amnesty international waren 2001 sehr erfolgreich

Alle Journalisten, auf deren Inhaftierung im vergangenen Jahr in „Menschen Machen Medien“ aufmerksam gemacht wurde, sind heute wieder auf freiem Fuß. Auch einigen Kollegen, die Morddrohungen erhielten, konnte durch Appelle an Regierungen geholfen werden.

Jineth Bedoya Lima ist eine zähe Frau. Vom Druck der Behörden lässt sich die Kolumbianerin genauso wenig einschüchtern wie von anonymen Morddrohungen oder Übergriffen durch paramilitärische Kräfte. Ihre Arbeit setzt sie unbeirrt fort, auch wenn sie im Bürgerkrieg immer wieder zwischen alle Fronten geraten kann. So wie im Mai 2000: Damals wurde die Redakteurin der Zeitung „El Espectador“ verschleppt und misshandelt, weil sie über einen Häftlingsaufstand berichtet hatte, bei dem mehr als 20 Menschen vermutlich von Paramilitärs getötet worden waren. Die Behörden haben nie ermittelt, wer Jineth Bedoya überfallen hat, aber sie gab nicht auf: Inzwischen wird ihr Fall vor der Interamerikanischen Menschenrechtskommission behandelt. Von der Regierung in Bogota erwartet sie keinen Schutz für verfolgte Journalistinnen und Journalisten. „Aber ich lasse mich nicht ins Exil treiben“, sagt sie trotzig. Vielleicht hat die Schaffung von Öffentlichkeit ihr geholfen: Seit über einem Jahr hat amnesty international keine Aktion mehr für sie starten müssen. Offenbar ist sie zurzeit nicht akut bedroht. Doch in Kolumbien, dem Land, in dem weltweit die meisten Journalisten ermordet werden, kann man das nie mit Bestimmtheit sagen.

Proteste halfen …

Internationale Solidarität jedenfalls hilft verfolgten Kolleginnen und Kollegen. „Die Lage von vielen engagierten und bedrohten Journalisten konnte verbessert werden, weil Aktionen zu ihren Gunsten gestartet wurden“, betont Martin Dlugosch von amnesty international. Selbst wenn natürlich auch Rückschläge zu verzeichnen sind, gilt: Jeder einzelne Journalist, der nicht inhaftiert wird und jede Kollegin, gegen die die Drohungen und Einschüchterungen abnehmen, trägt auch dazu bei, dass die Pressefreiheit ein Stück weit verwirklicht wird.

Besonders erfolgreich waren die Aktionen zu Gunsten inhaftierter Kollegen. Geballter Protest kann Gefängnistüren öffnen. Längst wieder in Freiheit lebt beispielsweise der Journalist Gabriel Nikundana. Der im März 2001 festgenommene Mitarbeiter des unabhängigen Rundfunksenders „Bonesha FM+“ kam nach zahlreichen Appellen an die Regierung in Bujumbura auf freien Fuß. Der Vorwurf, er gehöre der bewaffneten Opposition an und würde Feindpropaganda in Kriegszeiten verbreiten, konnte nicht länger aufrecht erhalten werden. Nikundana hatte im Rahmen seiner Tätigkeit einen Kommandanten der Guerilla interviewt. Ähnliche Vorwürfe waren gegen Yubaraj Ghimirey, Binod Raj Gyawali und Kailash Sirohiya aus Nepal erhoben worden. Sie hatten einen Gastbeitrag eines maoistischen Politikers veröffentlicht, der nach einem Blutbad im Königshaus des Landes dazu aufforderte, den neuen Machthaber nicht anzuerkennen. Gegen die drei Journalisten wurde wegen der „Verbreitung von Hass“ und der „Verachtung des Königs“ ermittelt. Die Proteste halfen, so dass sie schon nach kurzer Zeit aus der Haft entlassen wurden.

Auch die Vermeidung eines Gefängnisaufenthalts konnte erreicht werden. Allerdings haben Richter die Russin Olga Kitowa wegen ihrer Berichterstattung über Korruption zu 30 Monaten Gefängnis verurteilt. Da die Strafe auf Bewährung ausgesetzt wurde, bleibt die Redakteurin der Zeitung „Belgorodskaja Prawda“ auf freiem Fuß. „Das Urteil ist trotzdem nicht zu rechtfertigen, weil Kitowa ausschließlich von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hat“, sagt Martin Dlugosch.

Wenn Menschen im Polizeigewahrsam „verschwinden“, die Behörden also die Inhaftierung leugnen, ist das Schlimmste zu befürchten. In nicht wenigen Fällen werden die Menschen misshandelt, manchmal sterben sie an den Folgen der Folter und werden irgendwo verscharrt. „Verschwunden“ war der arabischstämmige Journalist Yusuf Samir. Erst nach über zwei Monaten tauchte der israelische Staatsbürger plötzlich wieder auf. Die ganze Zeit über war der gebürtige Ägypter vom palästinensischen Geheimdienst inhaftiert worden. Offenbar unterstellte man ihm eine Zusammenarbeit mit der israelischen Seite – einen Vorwurf, den Samir weit von sich weist. Neun Wochen lang hatte seine Familie nicht gewusst, wo er sich aufhielt, bis er schließlich entkommen konnte. Die Palästinenser hatten seine Festnahme bestätigt, aber fälschlicherweise behauptet, er sei noch am gleichen Tag wieder freigelassen worden.

Viel schwieriger zu messen sind Erfolge bei Journalisten, die Morddrohungen erhalten. Alle Kollegen, für deren Schutz im vergangenen Jahr Aktionen gestartet wurden, leben noch: Sylvia Gereda und Enrique Aceituno aus Guatemala genauso wie der türkische Fotograf Saban Dayanan. Für sie alle musste amnesty international keine neuen Appelle starten. Öffentlicher Druck auf die Regierung nutzt, stellt auch ein Kollege Dayanans klar: „Ihre Aktionen sorgen dafür, dass die Drohungen gegen uns nachlassen“, bescheinigte der türkische Menschenrechtler Osman Baydemir den Delegierten auf der Jahresversammlung von amnesty international im vergangenen Jahr in Münster.

Ob die scheinbare Sicherheit der Genannten von Dauer ist, steht auf einem anderen Blatt. O. Hilaire Sobers hingegen kann wieder ruhig schlafen – allerdings für den Preis des Exils: Der jamaikanische Journalist und Menschenrechtler hat den Druck von Schikanen und Morddrohungen nicht mehr ausgehalten und sein Land verlassen.

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