Keine Beweise gegen Egunkaria

Einstellung des Gerichtsverfahrens gegen Baskische Zeitung wahrscheinlich

Kurz vor Weihnachten 2006 sorgte der spanische Staatsanwalt Miguel Angel Carballo für ein kleines Wunder: Er plädierte, das Verfahren gegen die baskische Tageszeitung „Euskaldunon Egunkaria“ und sieben ihrer Mitarbeiter nicht zu eröffnen.

2003 waren Zeitung und Verlag geschlossen worden, weil die spanische Justiz sie der Geldwäsche und Kollaboration mit der baskischen Untergrundorganisation ETA verdächtigte. Nun hat der Staatsanwalt am Sondergericht für Terror- und Drogendelikte, der Audiencia Nacional, festgestellt, dass es keine Beweise gibt. Die Einstellung des Verfahrens ist wahrscheinlich.
Diese Entscheidung stellt einerseits die Ermittlungspraktiken von Audiencia Nacional und Zivilgarde in Frage. Andererseits kann sie den Megaprozess beeinflussen, den das Sondergericht gegenüber 50 Basken und etlichen Organisationen seit über einem Jahr führt. Darunter befindet sich auch die Zeitung „Egin“. 1998 musste sie schließen, weil Spaniens Starrichter an der Audiencia Nacional, Baltasar Garzón, meinte, ihr Verlag Orain wasche das Geld der ETA. 2003 bediente sich sein Kollege Juan del Olmo derselben Behauptungen, um gegen „Egunkaria“ vorzugehen. Der Geheimdienst der paramilitärischen Guardia Civil trug die Fakten für die vermeintlichen Straftaten zusammen. Die Zivilgarde nahm auch 10 Mitarbeiter des Verlages fest, von denen vier Anzeige wegen Folter in der Incommunicado-Haft stellten. (M 2003/4 berichtete) Ein Verfahren steht noch aus.

Hohe Auflagen für Betroffene

Die Polizeiaktion gegen „Egunkaria“ verstanden viele Basken als einen Frontalangriff der konservativen Regierung von José María Aznar und dessen Volkspartei (PP) auf ihre Kultur: Die Zeitung gehörte nicht zum ETA-nahen Spektrum – sowohl die autonome baskische Regierung in Vitoria / Gasteiz als auch Kommunalvertretungen subventionierten das einzige vollständig auf baskisch erscheinende Printmedium. Seinen Platz nimmt die neugegründete Tageszeitung „Berria“ ein. Noch im Januar verlängerte Staatsanwalt Carballo das Verbot von „Egunkaria“. Jetzt können die Betroffenen auf Entschädigung klagen. Seit über drei Jahren dürfen sie das Land nicht verlassen, mussten wegen der Kautionen Kre­dite aufnehmen, können über ihre Vermögen nicht verfügen und hatten sich wöchentlich bei der Polizei zu melden. Nach dem jüngsten Bombenanschlag der ETA auf den Madrider Flughafen mit zwei Toten fordert die konservative Volkspartei die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Verurteilung der Verdächtigen zu hohen Freiheitsstrafen. Die endgültige Entscheidung des Richters steht noch aus.

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