Mesale Tolu darf die Türkei verlassen

Für die Freilassung der Journalistin formierte sich Protest. Foto: Freundeskreis Freiheit für Mesale Tolu

Ein Gericht in Istanbul hat die Ausreisesperre gegen Mesale Tolu aufgehoben. Die deutsche Journalistin und Übersetzerin darf nun die Türkei verlassen und wird schon am 26. August endlich wieder in Deutschland sein. Dies teilte heute der Solidaritätskreis „Freiheit für Mesale Tolu“ mit. Tolu selbst hat die Nachricht auf Nachfrage gegenüber Reporter ohne Grenzen (ROG) bestätigt. ROG-Geschäftsführer Christian Mihr: „Die türkische Justiz muss jetzt auch die absurden Vorwürfe gegen Mesale Tolu fallenlassen und die Ausreisesperre gegen ihren Mann aufheben.“

Tolus Ehemann Suat Corlu, der im selben Verfahren und mit ähnlichen Vorwürfen angeklagt ist, muss weiterhin in der Türkei bleiben. Auch der Prozess gegen Tolu wird trotz der aufgehobenen Ausreisesperre weitergeführt. Vorgeworfen werden ihr „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ sowie „Terrorpropaganda“. Ihr drohen bis zu 20 Jahre Haft. Die nächste Verhandlung ist auf den 16. Oktober terminiert.

Tolu, die seit 2014 mit ihrem Mann in der Türkei lebt und dort zuletzt als Übersetzerin und Journalistin für die Nachrichtenagentur Etha arbeitete, war am 29. April 2017 im Morgengrauen in ihrer Wohnung in Istanbul festgenommen worden und saß fast acht Monate in Untersuchungshaft in einem Istanbuler Frauengefängnis, lange Zeit hatte sie dort ihren 3-jährigen Sohn bei sich. Nach ihrem zweiten Prozesstermin am 18. Dezember war die Journalistin dann unter Auflagen aus der Haft entlassen worden. Sie musste sich wöchentlich bei den Behörden melden und durfte das Land nicht verlassen. Nach der Verlängerung der Ausreisesperre während des dritten Prozesses am 26. April hätten Tolus Anwält_innen regelmäßig Widerspruch eingelegt, so der Solidaritätskreis „Freiheit für Mesale Tolu“.

Nach offiziellen Angaben seien derzeit noch sieben weitere Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert, berichtet tagesschau.de. Erst am Mittwoch ist in der osttürkischen Provinz Elazig der 46jährige Ilhami A. festgenommen worden. Ihm werde vorgeworfen, über soziale Medien Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK verbreitet zu haben, sagte sein Anwalt Ercan Yildirim der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Insgesamt sitzen in der Türkei nach Angaben von ROG auch nach Aufhebung des Ausnahmezustands im Juli noch immer mehr als 100 Medienschaffende im Gefängnis. ROG-Geschäftsführer Mihr appelliert daher an die Bundesregierung, sich anlässlich des Besuchs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im September „öffentlich für die Freilassung der in der Trükei inhaftierten Journalisten einzusetzen“.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Urheberrecht: ChatGPT-Urteil ist Anfang

Ein Präzedenzfall ist das Urteil im Rechtsstreit zwischen der Verwertungsgesellschaft Gema und dem KI-Unternehmen OpenAI vom 11. November 2025 sicherlich. Aber abgesehen von einem zu erwartenden längeren Instanzenweg stellt sich auch die Frage, wie sich die gesamte Kreativwirtschaft gegen die ungefragt Nutzung von geistigem Eigentum wehren kann.
mehr »

Initiative: KI besser nutzbar machen

Der Dominanz der globalen Big-Tech-Konzerne etwas entgegensetzen – das ist das Ziel einer Initiative, bei der hierzulande zum ersten Mal öffentlich-rechtliche und private Medienanbieter zusammenarbeiten. Sie wollen mit weiteren Partnern, vor allem aus dem Forschungsbereich, ein dezentrales, KI-integriertes Datenökosystem entwickeln. Dadurch soll die digitale Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Medienstandorts gestärkt werden.
mehr »

Italien: Protest gegen Entlassung von EU-Korrespondent

Der italienische Journalist Gabriele Nunziati, Brüsseler Korrespondent der Nachrichtenagentur Agenzia Nova, hatte der Sprecherin der Europäischen Kommission, Paula Pinho, eine Frage zur Verantwortung Israels für den Wiederaufbau des Gazastreifens gestellt. Daraufhin beendete seine Agentur das Arbeitsverhältnis mit ihm.
mehr »

Anteil von Frauen in Führung sinkt

Nach Jahren positiver Entwicklung sinkt der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Journalismus das zweite Jahr in Folge. Der Verein Pro Quote hat eine neue Studie erstellt. Besonders abgeschlagen sind demnach Regionalzeitungen und Onlinemedien, mit Anteilen von knapp 20 Prozent und darunter. Aber auch im öffentlichen Rundfunk sind zum Teil unter ein Drittel des Spitzenpersonals weiblich.
mehr »