Sambia: Freie Medien als Bedrohung behandelt

Sambias Behörden setzen ihren Feldzug gegen die Pressefreiheit im Land fort. Am 22. August rückten Polizisten in Kampfmontur beim wichtigsten unabhängigen Fernsehsender Muvi TV in der Hauptstadt Lusaka ein, schalteten die Sendeanlage ab und beschlagnahmten die Gebäude. Bei den beiden Radiosendern Komboni Radio und Radio Itezhi Tezhi gingen die Einsatzkräfte ähnlich vor. Allen drei Rundfunkanstalten hatte die zumindest dem Namen nach unabhängige Rundfunkbehörde des Landes, die Independent Broadcasting Authority (IBA), am Montag die Sendelizenz entzogen. Die Medienhäuser haben nun 30 Tage Zeit, um gegen den Schritt vorzugehen. 

Das allerdings gestaltet sich schwierig, da die Behörde genaue Gründe für den Lizenzentzug nicht nennt. Der Vorsitzende des IBA-Vorstands, Brigadegeneral Justin Mutale, warf den Sendern am Montag lediglich „unprofessionelles Agieren“ in ihrer Berichterstattung „vor, während und nach“ den Wahlen vom 11. August vor. Bei der Abstimmung hatte sich Präsident Edgar Lungu den offiziellen Ergebnissen zufolge knapp gegen den Oppositionskandidaten Hakainde Hichilema durchgesetzt. Letzterer zweifelt die Wahl an, seine United Party for National Development (UPND) hat vorige Woche das Verfassungsgericht eingeschaltet. Die unabhängigen Sender stehen der Opposition nahe; die Regierung stützt sich auf den staatlichen Rundfunk und Zeitungen, die der regierenden Patriotic Front nahestehen. Schon vor den Wahlen war die größte oppositionsnahe Tageszeitung „The Post“ wegen angeblicher Steuervergehen geschlossen worden. Eine Untersuchungskommission des International Press Institutes (IPI) und der African Media Initiative kam anschließend zu dem Ergebnis, dass die Beschlagnahmung der Büros und der Druckpressen politisch motiviert war.

Ähnlich dürfte nun auch der Fall der drei Sender liegen. Durch ihre Berichterstattung hätten diese „ein Risiko für die nationale Stabilität und den Frieden dargestellt“, hieß es am Montag von der Rundfunkbehörde. Details: Fehlanzeige. Einer weiteren Aufklärung wirkt die IBA gar aktiv entgegen. Wie das International Press Institute am Dienstag berichtete, verweigerte die für Standards und Zuschauerbelange zuständige Abteilungsleiterin Leah Komakoma-Kabamba der in Wien ansässigen Pressefreiheitsorganisation weitere Auskünfte. Bis zur für den 14. September angesetzten Gerichtsanhörung sollen demnach keine weiteren Informationen in dem Fall verbreitet werden. Die sofortige Schließung der Sender – ohne eine nach dem sambischen Rundfunkgesetz vorgeschriebene vorherige Verwarnung und Anhörung der Betroffenen – begründete Komakoma-Kabamba gegenüber IPI damit, dass es sich um einen „Fall der nationalen Sicherheit“ handele, in dem es „keine Zeit abzuwarten“ gegeben hätte.

Milner Katolo, Anwalt von Muvi TV, wies allerdings daraufhin, dass das Gesetz Lizenzentzüge aus Sicherheitsgründen zwar zulasse, auch in diesem Fall aber explizit eine Anhörung vor der Schließung des Senders verlange. Da das nicht passiert ist, deutet vieles darauf hin, dass Hichilema, der Spitzenkandidat der Opposition, mit seiner Sicht der Dinge Recht hat. Er kritisierte das Vorgehen gegen die drei Sender am Dienstag gegenüber dem englischen Onlineportal von Al Jazeera und sagte, die Menschen in Sambia könnten jetzt nur noch auf staatliche Medien zurückgreifen. „Diese Schließungen“, so Hichilema, „sollen die Pressefreiheit ersticken“.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nur Schlagwort oder wichtige Klammer?

Ist „Purpose“ für Unternehmen die „Klammer, die alles zusammenhält“, wie Dr. Michael Johann von der Uni Leipzig meint, oder ist es nur ein „Buzzword“, das schnell „floskelhaft“ wirken kann, wie Katja Michel von der Zeitschrift „Capital“ sagte? Hilft „Purpose“, die Betonung eines gesellschaftlichen Mehrwerts, den ein Unternehmen bietet, mediale Aufmerksamkeit zu erregen? Darüber gingen die Meinungen auseinander beim Berliner Mediensalon.
mehr »

Tarifergebnis im ZDF nach Warnstreiks

Erstmalig in der ZDF-Geschichte hat es zwei Warnstreiks gebraucht, um das ZDF in der siebten Verhandlungsrunde schließlich zu  einem verbesserten Eckpunktepapier zu bewegen. Wie die Gewerkschaft ver.di in einer aktuellen Tarifinformation mitteilte, konnte man sich über die Erhöhung des Festbetragsmodells, Inflationsprämien und Mobilitätszahlungen einigen. Auch für Freie und Azubis wurden Verbesserungen erzielt. Mit den beschlossenen Auszahlungen ist ab Juni zu rechnen. Jetzt sind die Mitglieder gefragt, über dieses Ergebnis bis zum 4. April abzustimmen.
mehr »

Neues Mediengesetz in der Ukraine tritt in Kraft

Am 31. März tritt in der Ukraine ein Gesetz in Kraft, das die Tätigkeit der Medien neu reguliert. Das neue Mediengesetz, so das Portal des ukrainischen Parlamentes, werde mehrere „veraltete” Gesetze ersetzen, darunter die Gesetze zum Nationalen Rat der Ukraine für Fernsehen und Rundfunk, zu den Printmedien und den Nachrichtenagenturen, zu Verfahren der Berichterstattung über die Tätigkeit der staatlichen Behörden und lokalen Selbstverwaltungsorgane in der Ukraine durch die Massenmedien und zum Schutz der öffentlichen Moral. Kritiker*innen fürchten um die Unabhängigkeit der Medien.
mehr »

VG Bild-Kunst tagt in Leipzig

Die Verwertungsgesellschaft VG Bild-Kunst lädt am Donnerstag, 20. April 2023, um 10 Uhr ins Pentahotel Leipzig zur Berufsgruppenversammlung ein. Thema werden die Verhandlungen mit den Social-Media-Plattformen, mit META für Facebook und Instagram, mit Pinterest, Flickr, Twitter und anderen sein. Wer persönlich teilnehmen möchte, kann sich per E-Mail anmelden. Wer nicht persönlich dabei sein kann, den bittet die dju, die Stimmrechtsübertragung an die dju in ver.di nicht zu vergessen. Auf dem Formular, der allen Einladungsbriefen beigelegt ist, findet sich die dju unter "ver.di Fachgruppe Journalismus (dju)". Wer möchte, kann die Stimmrechtsübertragung auch gleich für die geplante…
mehr »