Solidarität mit Julian Assange

Tina Groll, Vorsitzende des dju-Bundesvorstandes in ver.di
Foto: Kay Herschelmann

Meinung

Ausgerechnet am Internationalen Tag der Menschenrechte hat ein Berufungsgericht am Londoner High Court das bisher geltende Auslieferungsverbot für Julian Assange für unwirksam erklärt. Nun droht dem Gründer von Wikileaks doch die Auslieferung an die USA, wo ihn bis zu 175 Jahre Haft und ein politisiertes Verfahren erwarten könnte. Journalist*innen und Menschenrechtsaktivist*innen weltweit sind entsetzt und rufen zur Solidarität mir Assange auf.

Die Entscheidung macht auch deshalb fassungslos, weil das Tauziehen um Assange bereits seit vielen Jahren andauert. Erst hatte Schweden in Großbritannien ein Auslieferungsgesuch wegen einer angeblichen Vergewaltigung gegen Assange gestellt. Das war im Dezember 2010. Um dieser Auslieferung zu entgehen, floh der Wikileaks-Gründer 2021 in die Londoner Botschaft von Ecuador, wo er sieben Jahre lang auf engstem Raum lebte. 2019 wurde dem Journalisten das Asyl entzogen – der Wikileaks-Gründer wurde schließlich von britischen Behörden festgenommen, weil er angeblich gegen Kautionsauflagen verstoßen habe. Seither sitzt er im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh.

Es ist ein zermürbender und qualvoller Prozess, der dem Journalisten und Aktivisten gesundheitlich schon sehr viel Schaden zugefügt hat. In der Vergangenheit wurde mehrfach auf den schlechten psychischen und physischen Gesundheitszustand von Julian Assange aufmerksam gemacht. Medienschaffende auf der ganzen Welt fordern seine Freilassung, darunter auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) in ver.di. Bisher aber vergeblich. Auch deshalb ist die Entscheidung, das Auslieferungsverbot für unwirksam zu erklären, eine Schande.

Fast könnte man meinen, das juristische Verfahren um die Frage der Auslieferung grenze an Folter. Man muss sich vor Augen führen, dass der gebürtige Australier der Demokratie und vor allem der Pressefreiheit enorme Dienste erwiesen hat. Die Veröffentlichung geheimer US-Berichte und Dokumente haben den Machtmissbrauch und das Fehlverhalten der USA in den Kriegen in Afghanistan und dem Irak aufgedeckt. Journalismus ist kein Verbrechen.

Es ist wichtig, dass Medienschaffende weltweit auch weiterhin auf die politische Verfolgung von Assange aufmerksam machen, sich einsetzen, an ihn erinnern, mahnen und appellieren und ihren Protest ausdrücken. Denn sollte Assange tatsächlich an die USA ausgeliefert werden, wäre das ein nicht wieder gut zu machender Schaden für die Pressefreiheit, eine ganz reale Bedrohung für Whistleblower weltweit. Und darum werden wir auch künftig nicht schweigen und uns solidarisch mit Julian Assange zeigen. Denn er ist einer von uns.

Zur aktuellen Meldung und Petition von change.org

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Israel: Press freedom under pressure

The Israeli newspaper Haaretz is known for its critical stance towards the government. Now government authorities are apparently no longer allowed to communicate in the newspaper. The TV station Al Jazeera has been banned from broadcasting. This was made possible by a law passed in April banning foreign media that are considered harmful to Israel's security. We spoke to Israeli journalist and trade unionist Anat Saragusti.
mehr »

Israel: „Angriff auf die Medienfreiheit“

Die israelische Tageszeitung Haaretz ist für ihre regierungskritische Haltung bekannt. Nun sollen Regierungsbehörden offenbar nicht mehr mit der Zeitung kommunizieren. Gegen den TV-Sender Al Jazeera besteht ein Sendeverbot. Ermöglicht wurde dies durch ein im April beschlossenes Gesetz, das das Verbot ausländischer Medien vorsieht, die als schädlich für die Sicherheit Israels angesehen werden. Wir sprachen mit der israelischen Journalistin und Gewerkschafterin Anat Saragusti.
mehr »

Österreichs Rechte greift den ORF an

Eines muss man Herbert Kickl lassen – einen Hang zu griffigen Formulierungen hat er: „Die Systemparteien und die Systemmedien gehören zusammen, das ist wie bei siamesischen Zwillingen,“ sagte der FPÖ-Spitzenkandidat auf einer Wahlkampfveranstaltung im September. „Die einen, die Politiker, lügen wie gedruckt, und die anderen drucken die Lügen. Das ist die Arbeitsteilung in diesem System“. Seinen Zuhörenden legte Kickl mit seinen Worten vor allem eins nahe: Die rechte FPÖ könne dieses dubiose System zu Fall bringen oder zumindest von schädlichen Einflüssen befreien.
mehr »

Faktenchecks: Metas Rechtsschwenk

Verdrehter scheint es kaum zu gehen: Vor vier Jahren, am 7. Januar 2021, sperrte Meta die Konten von Donald Trump auf Facebook und Instagram. Das war die Reaktion darauf, dass seine Anhänger, angefeuert durch seine Äußerungen, das Kapitol in Washington gestürmt hatten. Auf den Tag vier Jahre später erklärt der Meta-Konzernchef die Finanzierung der Faktencheck-Programme für null und nichtig, die vor allem Lügen und Desinformation einordnen sollten. Correctiv kritisiert den Rechtsschwenk vor dem Hintergrund der bisherigen Zusammenarbeit mit Meta.
mehr »