USA sägen an Netzneutralität

Federal Communications Commission (FCC) mit dem Vorsitzenden Ajit Pai und den Kommissaren Mignon Clyburn and Michael O’Rielly Foto: https://www.facebook.com/fcc

Mit der Amtsübernahme durch Donald Trump ändert sich auch die Regulierung der Telekommunikation in den USA – zu Gunsten des Marktes und großer TK- und Medienunternehmen sowie zu Lasten der Verbraucher_innen. Erstes Opfer: die in der Obama-Zeit festgeschriebene Netzneutralität. Und auch die Insassen von US-Gefängnissen werden den Führungswechsel spüren, denn die FCC hält nicht mehr an ihren Preisgrenzen für Telefongespräche fest.

Ajit Pai heißt der neue Vorsitzende der Federal Communications Commission (FCC), der kurz nach der Amtseinführung Donald Trumps den Vorsitz der US-Regulierungsbehörde übernommen hat. Das ist zunächst ein typischer Vorgang, denn traditionell wird die FCC von einer Person geführt, die der regierenden Partei nahesteht – und Pai ist Republikaner. Er war bereits einer der fünf FCC-Kommissare, bevor er nun Vorsitzender wurde. Dennoch ist die Benennung ein klares politisches Signal, dass der US-Präsident seine Politik der Deregulierung auch im TK-Bereich umzusetzen gedenkt. Denn Pai ist ein erklärter Freund von möglichst wenig Regulierung. So hat er etwa in einem Minderheitsvotum vor zwei Jahren gegen die Open Internet Order gestimmt, mit der die FCC die Anbieter von Breitbandinternet zur Netzneutralität verpflichtet.

Keine Beschränkungen für Zero-Rating

Als Vorsitzender bestand eine seiner ersten Amtshandlungen nun darin, eine unter seinem Vorgänger begonnene Untersuchung über das sogenannte Zero-Rating bei den US-Mobilfunkanbietern T-Mobile, AT&T, Verizon und Comcast zu beenden. Dabei handelt es sich um eine Praktik von Mobilfunkanbietern, das Streamen eigener Audio- oder Videoinhalte bei den monatlichen Datenpaketen nicht mit zu berechnen. In der Debatte um die Netzneutralität, auch auf EU-Ebene, geht es wieder um solche Geschäftspraktiken.

Pai begründet die Entscheidung damit, dass die Datenangebote der Provider bei den amerikanischen Kund_innen, insbesondere jenen mit geringem Einkommen, äußerst beliebt seien und dass die FCC nicht gewillt sei, den „Amerikanern freie Daten zu verweigern“. Dass jedoch Modelle wie Zero-Rating wettbewerbsverzerrend und damit auf lange Sicht für die Verbraucher_innen von Nachteil sind, weil sie eigene Inhalte bevorzugen und andere Anbieter, etwa Start-ups, benachteiligen, wird verschwiegen. Die Platzhirsche auf dem US-Mobilfunkmarkt – für Verizon hat Pai einst gearbeitet – müssen nun jedenfalls keine Beschränkungen ihres Geschäftsmodells erwarten.

Abkehr von Preisgrenzen bei Telefonanrufen in Gefängnissen

Und auch auf weiteren Feldern bleibt Pai seiner Linie treu: Wie etwa die Washington Post berichtet, hält das FCC nicht mehr daran fest, die Kosten für Telefonanrufe in US-amerikanischen Gefängnissen zu begrenzen. Damit Inhaftierte Anrufe tätigen können, müssen sie in den meisten Fällen einen Vertrag mit einer privaten Telefongesellschaft auf Prepaid-Basis abschließen. Hier kann der Preis für eine Gesprächsminute bei bis zu 1,50 US-Dollar liegen – für die Insassen und ihre Familien eine enorme finanzielle Belastung.

Die FCC hatte deshalb 2015 verfügt, dass die Kosten für Anrufe innerhalb eines Bundesstaates auf 11 US-Cent pro Minute begrenzt werden müssen. Mehrere betroffene Telefonanbieter hatten dagegen geklagt. Bei einer Anhörung vor dem Berufungsgericht für den District of Columbia (D.C.) haben die Anwälte der Regulierungsbehörde nun aber überraschend ihren Kurs geändert. Kappungsgrenzen will die FCC nur noch für Anrufe zwischen Bundesstaaten, nicht mehr für innerstaatliche Gespräche – obwohl diese die deutliche Mehrheit ausmachen.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Der Schutz muss für alle gelten

Das israelische Militär hat ein Pressezelt im Gazastreifen angegriffen und dabei mehrere Journalisten des Senders Al-Dschasira getötet. Darunter Anas Al-Sharif, den die israelische Regierung als Terroristen bezeichnet. Für die Pressefreiheit ist das eine Katastrophe.
mehr »

Das Schicksal von Toshiko Sasaki

Als am 31. August 1946 das us-amerikanische Magazin „The New Yorker“ an den Zeitungskiosken auslag, verriet das Titelblatt in keinster Weise, welche Geschichte im Heftinneren auf den Leser wartete. Die Vorderseite des Einbands stammte wie so oft von dem New Yorker Künstler Charles E. Martin und zeigte eine friedliche Parklandschaft, in der Menschen spielen, tanzen oder spazierengehen. Drinnen aber entfaltete sich in einer Reportage mit dem Titel „Hiroshima“das  Grauen, das dem Abwurf der ersten Atombombe am 6. August 1945 über Japan folgte.
mehr »

Kuba: Pressearbeit in der Krise

Kubas unabhängiger Journalismus steckt in der Krise. Auf der einen Seite sind etliche Berichterstatter*innen ausgewandert, auf der anderen ist der Druck von offizieller Seite hoch. Noch gravierender ist, dass Donald Trump die Organisation US-Aid aufgelöst hat, die etliche Redaktionen auf der Insel, aber auch in Honduras, Nicaragua oder  Guatemala unterstützt hat. Verantwortliche Redakteure suchen nun nach anderen Geldgebern.
mehr »

Einsatz für Journalisten in Gaza

Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert vor der geplanten Israel-Reise von Außenminister Johann Wadephul die Bundesregierung auf, sich endlich für Journalistinnen und Journalisten im Gaza-Streifen einzusetzen. Schon seit langem gibt es so gut wie keine unabhängige Berichterstattung und für palästinensische Medienschaffende vor Ort sind die Bedingungen lebensgefährlich. Seit Kriegsbeginn wurden mehr als 200 Medienschaffende getötet - der Großteil bei Bombardierungen durch das israelische Militär.
mehr »