Angesichts der dramatischen Situation von Flüchtenden in der Grenzregion zwischen Polen und Belarus fordert Reporter ohne Grenzen (RSF) die polnischen Behörden auf, Medien den Zutritt ins Grenzgebiet zu ermöglichen. Seit dem 2. September gilt ein Ausnahmezustand, der es Journalistinnen und Reportern verbietet, einen etwa drei Kilometer breiten und 418 Kilometer langen Sperrgürtel zu betreten. Die Organisation fordert, diesen Ausnahmezustand für die Pressefreiheit zu beenden.
„Die polnische Regierung möchte verhindern, dass Bilder von möglichen illegalen Pushbacks an die Öffentlichkeit gelangen“, sagte RSF-Vorstandssprecher Michael Rediske. Nachrichten aus der Sperrzone kämen entweder von offiziellen Stellen oder von Quellen aus den Sozialen Medien. Um solche Informationen unabhängig zu überprüfen, müssten Journalistinnen und Journalisten ungehindert berichten können.
Seit der Ausrufung des Notstands an der Grenze haben die polnischen Behörden vereinzelt Medienschaffende festgenommen. Am 28. September wurde ein dreiköpfiges Team um die „Arte“-Journalistin Ulrike Däßler festgesetzt. Sie waren mit ihrem Auto offenkundig versehentlich in das Sperrgebiet gefahren. Polizeibeamte beschlagnahmten ihre Ausrüstung, sie wurden verhört, bekamen Handschellen angelegt und mussten die Nacht in Einzelhaft verbringen. Kurz zuvor sei bereits eine Reporterin der polnischen Tageszeitung „Fakt“ festgehalten worden.
Im Juli 2021 kam ein Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU zu dem Schluss, dass sich das Klima für Journalistinnen und Journalisten in Polen seit 2020 verschlechtert habe. Gerichtsprozesse sollten Medienschaffende einschüchtern, zugleich würden diese immer weniger geschützt und seien auf Demonstrationen zunehmend Gewalt ausgesetzt, auch seitens der Polizei.
Auf der RSF-Rangliste der Pressefreiheit steht Polen auf Platz 64 von 180 Staaten.