Filmförderungsgesetz soll noch vor Sommerpause novelliert werden
Nun haben sie also doch Früchte getragen, die hartnäckigen Interventionen der einflußreichen privaten Fernsehsender und der medienpolitisch gewichtigen Bundesländer mit einschlägigen Standortinteressen. Mit vereinten Kräften haben sie das FDP-geführte Bundeswirtschaftsministerium in die Zange genommen und die für sie leidige Pflichtabgabe an die Filmförderungsanstalt (FFA) zu Fall gebracht, die das Ministerium ihnen im Vorjahr noch im Referentenentwurf zur Novellierung des Filmförderungsgesetzes (FFG) in Aussicht gestellt hatte.
Der jüngste Entwurf der Novelle, den das Bundeskabinett im November 1997 verabschiedet hat, sieht zum Ärger der Kinofilmwirtschaft und der Videoindustrie, die nach wie vor per Gesetz abgabepflichtig bleiben, vor, daß die privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehanbieter nur freiwillige Beiträge an die FFA zahlen. Dabei profitieren sie genauso vom deutschen Film und dessen öffentlicher Förderung wie die beiden anderen Wirtschaftszweige. Allerdings müssen die Fernsehveranstalter die „freiwilligen“ Beiträge noch in Verträgen mit der Berliner Anstalt fixieren. Wirtschaftsminister Günter Rexrodt erwartet von beiden TV-Systemen jeweils jährliche Zahlungen zwischen zehn und zwölf Millionen Mark.
Wenn derartige Abkommen zustandekommen, dürfte der Weg zur Verabschiedung der Novelle frei sein. Für die zweite Februarwoche war im Bundestag die erste Lesung angesetzt. Am 20. Januar zeigte sich Rexrodt zuversichtlich, daß es in den anschließenden Beratungen gelingen werde, „in den wenigen strittigen Fragen“ zu einer Einigung zu gelangen. Angesichts der heranrückenden heißen Wahlkampfphase vor der Bundestagswahl im Oktober ist die Eile verständlich. Außerdem möchte die Bundesregierung das dritte FFG-Änderungsgesetz noch vor der Sommerpause unter Dach und Fach haben, damit es rechtzeitig vor der Ende Dezember auslaufenden Fassung in Kraft treten kann.
Im Laufe des parlamentarischen Beratungsprozesses dürfte es allerdings noch einige Änderungen im Detail geben, zumal der SPD-geführte Bundesrat in seiner Stellungnahme vom Dezember die geplante Beibehaltung der freiwilligen Fernsehbeiträge zwar gebilligt, in etlichen anderen Punkten aber Einwände erhoben hat. Für Komplikationen könnte noch der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) sorgen, dessen Spitze im Verlauf der Novellierungsdebatte des öfteren mit dreister Polemik hervorgetreten ist und zuletzt angekündigt hat, erst nach der Novellierung ein Abkommen mit der ihm verhaßten FFA schließen zu wollen. Ein Affront gegen den Bundestag, der auf einer umgekehrten Abfolge beharrt! Der über diese Provokation erboste Filmexperte der SPD-Fraktion, Thomas Krüger, bekräftigte die Standfestigkeit seiner Partei in dieser Kernfrage. Krüger wörtlich: „Wir lassen uns auf keinen Fall erpressen.“
Filmförderung für Fernsehproduktionen
Über solcherlei Hakeleien kann man sich nur wundern, präsentiert sich der Koalitionsentwurf doch ohnehin schon äußerst fernsehfreundlich. Nach den Ländern steigt damit nämlich erstmals auch der Bund in eine direkte TV-Förderung ein. Der neue Paragraph 67 b stellt den TV-Anbietern frei, bis zu einem Viertel ihrer Beiträge „für hochwertige Fernsehproduktionen, fernsehgeeignete Filme, Dokumentationen und Kinder- oder Jugendfilme“ einzusetzen. Die Länderkammer mißbilligte diese Zweckbindung eines Teils der FFA-Einnahmen mit dem Hinweis, dies diene weder der Gruppennützigkeit der Abgaben noch den Zielen der FFG. Aus „grundsätzlichen filmpolitischen Erwägungen“ sollten FFA-Mittel nicht zur Herstellung von Fernsehproduktionen verwendet werden, „die aus-schließlich der eigenen Programmbeschaffung dieser Anstalten dienen“ und nicht gleichzeitig einer Kinoauswertung zur Verfügung stehen. Anzumerken bleibt, daß die öffentlich-rechtlichen Anstalten von dieser Regelung „keinen Gebrauch machen wollen“, wie die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates schreibt.
Dissens gibt es auch beim sogenannten Rechterückfall an die Produzenten. Die Bundesregierung will es den Produzenten und TV-Sendern überlassen, eine „bestimmte Frist“ auszuhandeln, nach der die Rechte wieder an den Produzenten zurückfallen müssen. Der Bundesrat plädiert dagegen für „eine angemessene Frist oder spätestens nach sieben Jahren“. In ihrer Begründung heißt es, daß eine „Refinanzierung der Produktionskosten durch erneuten Lizenzverkauf bei einem schnelleren Rechterückfall eher möglich ist.“ Außerdem könnte so die wirtschaftliche Stellung der Produzenten gestärkt und die Schaffung einer stabilen Eigenkapitalbasis ermöglicht werden. Wenn die Koalition in ihrer Entgegnung auf die Vertragsfreiheit und die Notwendigkeit projektabhängiger, differenzierter Fristenregelungen verweist, übersieht sie jedoch geflissentlich, daß die kapitalstarken Fernsehveranstalter stets am längeren Hebel sitzen, denn die Produzenten sind auf Aufträge angewiesen.
Streitfrage: Rückfall der Rechte an die Produzenten
Den Begehrlichkeiten des Fernsehens und auch der Video-Industrie kommt ferner die geplante Verkürzung der Sperrfristen auf zwei Jahre entgegen. Kinofilme sollen demnach künftig rascher als bisher auf die Mattscheibe kommen bzw. auf Cassette vertrieben werden. Die vorgesehene Sperrfrist von zwei Jahren kann der Wirtschaftsminister auf sechs Monate reduzieren, wenn der betreffende Film nicht mehr in den Kinos läuft.
Ansonsten enthält der Novellenentwurf im Vergleich zur geltenden Fassung keine umwälzenden Änderungen. Vorgesehen sind eine Neuordnung und Verkleinerung von Vergabekommission und Präsidium, das neben dem Vorstand gestärkt werden soll. Kleinere Kinos, die häufig künstlerisch anspruchsvolle Programme zeigen, sollen entlastet werden. Der Abgabesatz der Videoprogrammanbieter wird von zwei auf 1,8 Prozent des Nettoumsatzes gesenkt. Ferner ist erstmals geplant, den Verleih zu bezuschussen. Außerdem will Bonn die FFA-Ausgaben zugunsten des Exports deutscher Filme erhöhen. Bei der Mittelverteilung möchten die Länder jedoch andere Akzente setzen: Sie streben eine verstärkte Förderung der Bereiche Drehbuch, Weiterbildung, Absatz und Auslandsvertrieb an. Da die Länder inzwischen ein Vielfaches der FFA-Beträge für die eigentliche Filmproduktion ausgäben, sollten die Mittel der FFA „für die Referenzfilmförderung und die Projektfilmförderung vermindert werden“, erklärte der Bundesrat.
Abzuwarten bleibt, ob das, was der Bundestag am Ende der parlamentarischen Beratungen verabschiedet, dem Anliegen der wirtschftlichen Filmförderung des Bundes besser gerecht wird: „die Qualität des deutschen Films auf breiter Grundlage zu steigern, die Struktur der Filmwirtschaft zu verbessern sowie für die Verbreitung und marktgerechte Auswertung des deutschen Films im Inland und Ausland zu wirken.“