Autoren werden ausgebootet

An elektronischen Pressespiegeln der PMG verdienen seit 2. April nur die Verlage

Der 2. April 2001 wird in die deutsche Mediengeschichte eingehen. Das Datum steht für den Start der Versendung von elektronischen Pressespiegeln. Ein Einschnitt, der nicht nur den Niedergang des Papier-Zeitalters in diesem Bereich einleitet, sondern gleichfalls den von Autorenrechten manifestieren soll. Denn hier wollen die Großverlage alleine kassieren – ohne die Urheber an den Erlösen zu beteiligen.

Um Unternehmen, Behörden und Verbände mit – jeweils thematisch selbst zusammengestellten – elektronischen Pressespiegeln zu beliefern, haben die Verlage Axel Springer, Hubert Burda Media, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, Gruner + Jahr, Spiegel, „Süddeutsche Zeitung“, „Handelsblatt“ sowie die Verlegerverbände BDZV und VDZ 1999 die PMG Presse-Monitor Deutschland GmbH & Co. KG gegründet. Anvisiert wird ein künftiger Jahresumsatz von mindestens 50 bis 100 Millionen Mark.

Bei solchen Summen lohnen sich Anschubinvestitionen in juristische Gefälligkeitsgutachten, massiven Lobbyismus, Datenbanktechnik und nicht zuletzt „Überzeugungskampagnen“ gegenüber freien Mitarbeitern mit Zuckerbrot (geringe Zeilengelderhöhung) und Peitsche (Drohung der Aufkündigung weiterer Zusammenarbeit) – so aktuell bei der „Süddeutschen“ (siehe Artikel in dieser Ausgabe und in M 1-2 und 4/2001) und anderen Zeitungen.

Rechtsauslegung nach Verlegerart

Denn rechtlich hat die Sache einen Haken: Nach § 49 Urheberrechtsgesetz (UrhG) fließen die Vergütungen für Pressespiegel an die Verwertungsgesellschaft Wort, die sie an die Autorinnen und Autoren weiterleiten. Für 1999 wurden immerhin 7,7 Millionen Mark ausgeschüttet – nicht nur an freie Journalisten, sondern auch an Redakteurinnen und Redakteure, denen diese Vergütung laut Manteltarifvertrag allein zusteht.

„Die digitale Vervielfältigung ist in § 49 Abs. 1 UrhG nicht geregelt“ (www.presse-monitor.com/rechtslage.html), erklärt die Verlegerseite einfach und versucht seit Jahren massiv, eine ausdrückliche Einbeziehung von elektronischen Pressespiegeln durch eine Gesetzesnovellierung zu verhindern.

Sie geht mittlerweile sogar noch einen Schritt weiter und will die seit Jahrzehnten angewandte Pressespiegel-Praxis in Bezug auf Wochenpublikationen und nicht tagesaktuelle Artikel für illegal erklären. Wenn es nach den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen geht, sollen die Autoren künftig also völlig leer ausgehen.

Zustimmung der Urheber notwendig – deshalb ist Handeln gefordert

Aber: „Elektronische Pressespiegel, die ohne Zustimmung der Rechteinhaber hergestellt werden, sind rechtswidrig. Die Verantwortlichen solcher Pressespiegel können strafrechtlich verfolgt werden.“ Das steht ebenfalls auf der Homepage von Presse-Monitor im Internet – und danach sollten Autorinnen und Autoren handeln.

Zumindest allen Freien – insbesondere denjenigen, die für Zeitungen oder Zeitschriften schreiben, für die die PMG elektronische Pressespiegel anbietet (siehe Kasten auf dieser Seite) – ist zu raten:

  • das Nutzungsrecht dafür nicht bzw. nur gegen eine angemessene Vergütung einzuräumen und
  • einer Rechtseinräumung ohne angemessenen Honoraraufschlag, die in Verlagsschreiben gefordert wird, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthalten ist oder auf Honorarabrechnungen erscheint, ausdrücklich schriftlich zu widersprechen.

Sind die Rechte nicht individuell eingeräumt worden, dürfen die Verlage die journalistischen Beiträge nicht in elektronischen Pressespiegeln nutzen. Alle, die digitale Nutzungsrechte nicht oder jedenfalls nicht zur Nutzung in elektronischen Pressespiegeln eingeräumt haben, sollten gegen die Vorgehensweise der Verlage protestieren, der Nutzung ohne Vergütung widersprechen und eine Nachhonorierung verlangen. Dabei hilft die Gewerkschaft.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Zukunft der Filmförderung

In der morgigen Plenarsitzung des Bundestages wird über die Zukunft der deutschen Filmwirtschaft entschieden, der vom Bundestagsausschuss für Kultur und Medien beschlossene Gesetzentwurf zum Filmfördergesetz (FFG) steht zur Abstimmung auf der Tagesordnung. ver.di begrüßt eine Reform der Filmförderung, denn in Zukunft müssen Filmproduktionen Tarif- und Urheber-Vergütungen verbindlich einhalten.
mehr »

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Komplett-Verweigerung der Rundfunkpolitik

Nachdem die Ministerpräsident*innen am heutigen Donnerstag zur Rundfunkpolitik beraten haben, zeichnet sich ein düsteres Bild für die öffentlich-rechtlichen Medien, ihre Angebote und die dort Beschäftigten ab. Beschlossen haben die Ministerpräsident*innen eine Auftrags- und Strukturreform und einen ab 2027 geltenden neuer Mechanismus zur Festsetzung des Rundfunkbeitrags. Nicht verabschiedet wurde jedoch der fällige Rundfunkbeitragsstaatsvertrag.
mehr »

KI: Menschen wollen Regeln

Rund drei Viertel der Menschen in Deutschland sorgen sich einer Umfrage zufolge um die Glaubwürdigkeit der Medien, wenn Künstliche Intelligenz (KI) im Spiel ist. 90 Prozent der Befragten fordern dazu klare Regeln und Kennzeichnungen. Dies ergab eine am Mittwoch in Berlin veröffentlichte Studie der Medienanstalten. Für die repräsentative Erhebung "Transparenz-Check. Wahrnehmung von KI-Journalismus" wurden online 3.013 Internetnutzer*innen befragt.
mehr »