CinemaxX Mannheim: Unverhofft kommt oft

oder wie die Adecco Outsourcing GmbH zu einem Betriebsrat kommt

Damit hatte die Adecco Outsourcing GmbH sicher nicht gerechnet: Kaum hatte der Hamburger „Personaldienstleiter“ den größten Teil der Belegschaft des CinemaxX Mannheim übernommen, stand auch schon die erste Betriebsversammlung unter Federführung der IG Medien ins Haus.

Der Grund dafür: Beschäftigte des Hamburger Kinomultis Flebbe waren auf die Gewerkschaft zugegangen und baten um Unterstützung bei der Wahl eines Betriebsrates. Bald darauf wurde der Betriebsleitung des Mannheimer Kinos eine Einladung zu einer Betriebsversammlung übergeben. Es sollte ein Wahlvorstand gewählt werden. Von den Beschäftigten des Cinemaxx in Mannheim. Doch es sollte anders kommen. Statt die Einladung der IG Medien auszuhängen, wurde flugs eine Mitarbeiterversammlung durch die Geschäftsleitung anberaumt. Mit Anwesenheitspflicht wegen der Wichtigkeit des Themas. Drei Tage später, am 28. Februar, wurde der staunenden Belegschaft eröffnet, dass 48 Beschäftigte ab 1. März bei der Firma Adecco arbeiten werden.

Mit der geplanten Betriebsratswahl habe das aber nichts zu tun – es spräche auch nichts gegen eine Arbeitnehmervertretung bei Adecco. Und – oh Wunder – trotz der Absicht, Kosten zu sparen, würden die Stundenlöhne um DM 1 angehoben – wohl in der Hoffnung, diese Beruhigungspille würde eine Betriebsratswahl überflüssig machen. Doch die Rechnung ging nicht auf. Am 4. März fand wie geplant die Betriebsversammlung statt – unter der Schirmherrschaft der Firma Adecco, die nicht recht wusste, wie ihr geschah. Die Geschäftsführung des Personaldienstleiters war sichtlich um Schadensbegrenzung bemüht: Die Erhöhung der Löhne sollte den Beschäftigten signalisieren, dass eigentlich alles besser wird, im Übrigen komme man überall im Lande ohne Betriebsräte aus und regle alles einvernehmlich zum Wohle der Belegschaft – aber man werde sich selbstverständlich nicht dem Wunsch einer Belegschaft nach kollektiver Interessensvertretung widersetzen, wenn es denn sein müsse … Es musste sein. Der Firma Adecco blieb auch gar nichts anderes übrig. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht nun einmal die Wahl von Betriebsräten vor. Mittlerweile hat der Wahlvorstand seine Hausaufgaben gemacht – der Wahltermin steht auch schon fest: Der 29. April 2000. Wenn der Betriebsrat erst gewählt ist, wird die Firma Adecco noch mehr staunen. Dann nämlich stehen Haustarifverhandlungen an, bei denen es nicht nur darum gehen wird, den um DM 1,- erhöhten Stundenlohn tarifvertraglich festzuschreiben. Wie gesagt: Unverhofft kommt oft.


  • Einhart Klucke ist der zuständige IG-Medien-Bezirkssekretär in Mannheim/Heidelberg

Weitere aktuelle Beiträge

Dienstleister bestreikt den MDR

Der gestrige Streik der MCS TEAM GmbH zeigte deutliche Auswirkungen auf das Fernsehprogrammprogramm des MDR. Live-Schalten fielen aus und nicht alle Beiträge in der Sendung „Sachsen-Anhalt Heute“ konnten ausgestrahlt werden. Hintergrund des Streiks waren die bislang unzureichenden Angebote der Geschäftsführung. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fordert eine Erhöhung der Gehälter um 6 Prozent, mindestens aber um 200 Euro pro Monat, bei einer Laufzeit von 12 Monaten.
mehr »

Einschüchterung durch Klagen

Bis zum 7. Mai 2026 muss die Anti-SLAPP-Richtlinie der Europäischen Union in nationales Recht umgesetzt werden. Auf der Basis einer Umfrage, an der sich 227 Personen im September 2024 beteiligten, hat die Mannheimer Professorin Stefanie Egidy untersucht, gegen wen sich diese Strategischen Klagen in Deutschland richten, was ihre besonderen Merkmale sind und welche Reformen im deutschen Recht nötig sind, um Betroffene zu schützen und zu unterstützen. 60 Prozent der Teilnehmer*innen, die auf eigene Erfahrung verweisen konnten, arbeiten im Journalismus.
mehr »

Social Media: Mehr Moderation gewünscht

Wer trägt die Verantwortung, um etwas gegen zunehmenden Hass in den sozialen Medien zu unternehmen? Die Plattformen? Die Politik? Die Nutzer*innen? Alle drei Gruppen jeweils zu einem Drittel. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie der Technischen Universität München (TUM) und der University of Oxford. Sie zeigt auch: der Großteil der Menschen in den zehn untersuchten Ländern wünscht sich mehr Moderation bei Inhalten.
mehr »

Viel Parteienfunk, wenig Transparenz

Im Gefolge des Skandals beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) werden auch die öffentlich-rechtlichen Kontrollgremien verstärkt kritisch beäugt. Geht es nach dem Urteil des Journalisten und Medienbloggers Peter Stawowy, dann ist das trotz einiger Reformbemühungen nach wie vor mehr als berechtigt. Zu starker Parteieneinfluss, mangelnde Transparenz, ineffiziente Strukturen -  dies nur einige der Defizite, die der Autor in seiner im Auftrag der Otto Brenner verfassten Studie ermittelt hat.
mehr »