Ministerpräsidenten und Landtage ändern eifrig Staatsverträge und Mediengesetze
Die Ministerpräsidentenkonferenz wie auch einige Länder wollen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich die Medienordnung neu regeln. Zur Zeit novellieren einige Bundesländer ihre Rundfunk- beziehungsweise Mediengesetze – zum Teil in fragwürdiger Weise. Jüngstes Beispiel dafür: das Saarland. Und auch die Ministerpräsidenten hatten bei ihrer jüngsten Konferenz Ende Oktober (nach Redaktionsschluss) Rundfunkthemen auf der Tagesordnung.
Schon im Vorfeld des Treffens war zu hören, dass sich die Länderchefs und -chefin in einigen Punkten so weit geeinigt hätten, dass sie auch Beschlüsse fällen könnten. Das beträfe unter anderem Anreize für die kommerziellen Sender, Regionalfenster zu schaffen und zu erhalten. Offen war dagegen zum Beispiel noch, ob es künftig für öffentlich-rechtliche Sender eine gesetzliche Pflicht geben soll, sich auf bestimmte Ziele per „Selbstverpflichtungserklärungen“ festzulegen. Einen teilweise provokativen Anstoß zur Reform der Medienordnung hatte die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis gegeben. M hat die Politikerin dazu befragt (siehe unten).
Unter den Bundesländern, die gegenwärtig ihre Mediengesetze novellieren, beansprucht das Saarland für sich, ein Gesetz mit „bundesweitem Modellcharakter“ zu entwickeln. Zentrale Ziele dabei laut Selbstdarstellung: „Stärkung der Selbstkontrolle und Selbstregulierung“ beziehungsweise – etwas offener – „Offensive für Deregulierung, Privatisierung“. Faktisch aber, so die Kritik von saarländischen ver.di-Medienpolitikern – liefen die Pläne auf eine Steigerung des Einflusses der Landesregierung und der politischen Parteien hinaus. Der geplanten Verkleinerung von Rundfunk- und Medienrat fielen vor allem Sitze von Arbeitnehmer- und Frauenorganisationen zum Opfer. Auch der Verband deutscher Schriftsteller (VS) soll seinen Sitz verlieren (wie zuvor schon in Rheinland-Pfalz und vielleicht bald in Nordrhein-Westfalen).
Die betroffenen ver.di-Fachgruppen kritisieren auch, dass landesweite Privatsender nicht länger eine Konzessionsabgabe zahlen sollen – faktisch eine Kürzung der Mittel für unter anderem Kultur und Wissenschaft im Saarland um eine Million Mark jährlich. Auch Werbezeitbeschränkungen sollen nach den Plänen der Staatskanzlei entfallen. Und nicht nur ver.di, sondern auch die Landesmedienanstalt Saar hatte kritisiert, dass nach den Regierungsplänen der Monopolzeitung im Lande – der „Saarbrücker Zeitung“ – künftig eine Beteiligung an Rundfunksendern möglich sein soll. Schließlich stößt auf Ablehnung, dass das Land den Offenen Kanal in seiner bisherigen Form zerschlagen und auf eine Art Spielwiese im Internet zurückführen will.
Anders dagegen in Niedersachsen. Dort wollen die Regierungsparteien die offenen Kanäle beziehungsweise die nichtkommerziellen Lokalfunksender aus dem Status von Modellversuchen in den Regelbetrieb überführen. ver.di wie DGB haben diese Absicht begrüßt, jedoch in Details Kritik geübt: So müsse eine sichere Finanzierung gewährleistet werden, aber die Beteiligung von Medienverlagen an den Bürgermedien ausgeschlossen bleiben. Während an der Saar im neuen Gesetz alle Medienbereiche in einem Gesetz geregelt werden sollen, hat an der Leine die Regierung ihren neuen Paragrafen nur die Überschrift „Mediengesetz“ verpasst, spart aber den Printbereich aus. Doch angesichts weiter fortgeschrittener Konzentration fordert die Fachgruppe Journalismus den Gesetzgeber auf, auch hier vor allem zur Sicherung der inneren Pressefreiheit aktiv zu werden und das Landespressegesetz entsprechend zu novellieren.
Darüber hinaus gibt es weitere Diskussionen über eine wenigstens teilweise Konzentration der Rundfunkaufsicht durch die Landesmedienanstalten. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel kann sich die dortige Landesanstalt (LfR) vorstellen, zu Gemeinsamkeiten mit den anderen Anstalten zu kommen, was Programmkontrolle, Jugendmedienschutz und Werbung anbelangt. Die SPD im Lande diskutiert über verkleinerte Aufsichtsgremien, die der Landtag mit Zwei-Drittel-Mehrheit wählen soll. Damit können dieselben Gefahren drohen wie an der Saar: der Ausschluss kleinerer, aber medien- und kulturpolitisch wichtiger Verbände sowie eine Einigung von Oppositions- und Regierungsparteien auf ihnen nahe stehende Personen statt auf Medien-Fachleute, wie gerade im Saarland praktiziert – zwei rechts, zwei links, und den Rest fallen lassen.