FAZ Business Radio erhielt Lizenz 93,6 MHz
Harte Zeiten für Großverlage. Eine erfolgreiche Zeitung herauszugeben reicht heutzutage nicht mehr aus. Wer im beinharten Wettbewerb mithalten will, muss seine publizistischen Inhalte über möglichst viele Kanäle verteilen. So auch die FAZ.
Eben erst hatte der Verlag mit seinen Berliner Seiten ein sündhaft kostspieliges Prestigeprojekt gestartet. Dann legte er nach mit seiner 25prozentigen Beteiligung am neuen Nachrichtenkanal N24. Als I-Tüpfelchen gab die FAZ-Gruppe die Übernahme des Hörfunksenders „berlin aktuell 93,4“ bekannt. Mit dem Kauf des Senders, so die Geschäftsführung, werde die „elektronische Verwertungskette aus Internet, Radio und TV“ geschlossen. Eine euphemistische Formulierung – gemessen an den bislang eher bescheidenen Erfolgen der FAZ-Gruppe in den elektronischen Medien. Die in den 80er Jahren gegründete Tele-FAZ segnete nach zehnjährigem Sendebetrieb 1993 das Zeitliche. Das Bildschirmtext-Angebot floppte ebenso wie ein Stadtfernsehen-Projekt in U-Bahnhöfen. Verlust-, aber auch ruhmlos endete 1995 das finanzielle Engagement beim privaten TV-Marktführer RTL. Nun will der Verlag auch seine kleine Beteiligung am Schmuddelsender RTL 2 abstoßen. Eine Identifikation mit der Big-Brother-Klientel erscheint der FAZ vermutlich wenig imagezuträglich.
Auch im Hörfunk fällt die bisherige Bilanz eher durchwachsen aus. Ein Programm von „überdurchschnittlicher journalistischer Qualität“, wie es die FAZ nun nach dem Erwerb von „berlin aktuell 93,4“ ankündigt, hatte der Verlag in Berlin schon einmal im Visier. Anfang der 90er Jahre, als mit „Inforadio 101,3“ das ehrgeizige Projekt eines reinen Wortprogramms gewagt wurde. Nach nur 17 Monaten trat 1993 Funkstille ein. Die Hauptgesellschafter „Tagesspiegel“ und „Radio Schleswig-Holstein“ mochten damals die horrenden Verluste nicht weiter mittragen. Im privaten Hörfunk, so die deprimierende Erkenntnis, ist eben kein Raum für überregionalen Qualitätsjournalismus.
Wenn jetzt ein neuer Anlauf unternommen wird, geht es wohl um die berühmten „Synergieeffekte“: Offenbar will die FAZ gemeinsam mit N24 ein eigenes Nachrichten-Radio aufbauen. Soeben erhielt die hundertprozentige FAZ-Tochter FAZ Electronic Media den Zuschlag für die UKW-Frequenz 93,6 MHz. Unter dem Arbeitstitel FAZ Business Radio soll jetzt ein Radio mit „bundesweiten Perspektiven“ entwickelt werden, so die Begründung des Medienrates der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB). Was das im Detail bedeuten mag, bleibt einstweilen im Dunkeln. Die FAZ-Geschäftsführung gibt sich nach wie vor wenig auskunftsfreudig; bei der MABB verweist man auf die Qualität des Zeitungsprodukts aus Frankfurt. Als ob das Eierkopfimage des Printtitels ein spannendes und rentables Audioformat garantierte. Eine Bereicherung der Berliner UKW-Skala könnte sowas zwar durchaus sein. Aber noch muss hierzulande der Nachweis erst geführt werden, dass solch ein Projekt auf privater Basis funktioniert. Das 1993 nach zweijährigem Sendebetrieb sang- und klanglos beerdigte Inforadio 101,3 hatte seinerzeit fast 44.000 Hörer pro Durchschnittsstunde erreicht, wurde aber von der Mehrheit der Gesellschafter mangels ausreichender Spoteinnahmen abgeschaltet. Schon damals war die FAZ dabei, konnte sich aber mit ihrem Plädoyer für längerem Atem nicht durchsetzen.
Jetzt erscheinen die Voraussetzungen ungleich schwieriger. Der Berliner Radiomarkt ist gefestigter und immuner gegen Innovationen. Das öffentlich-rechtliche InfoRadio von SFB und (noch) ORB hat bei der unlängst publizierten Media Analyse mit 35.000 stündlichen Hörern einen Achtungserfolg erzielen können. Das bisherige Berlin aktuell 93,6 dagegen, seit dem Frühjahr mit wirtschaftlicher Unterstützung der FAZ weitergeführt, dümpelt bei gerade mal 7.000 Hörern, abgehängt sogar von JazzRadio. Ein Trost bleibt immerhin: Tiefer geht kaum. Ob wirklich eine Art akustische Ergänzung zum TV-Nachrichtenkanal N 24 geplant wird, ist unklar. Die Münchner dürften derzeit genug damit zu tun haben, die Gründung der Senderfamilie ProSieben – Sat.1 unbeschadet zu verdauen.