Filmabgaben verfassungsmäßig?

Deutscher Film im Aufschwung – nationale Förderung am Abgrund

Gerade noch strahlender Held zur Berlinale, nun von obersten Gerichten gerügt: Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) und in dieser Funktion auch „Bundes-Film-Papst“ stehen turbulente Zeiten bevor. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig hält die Abgabenpolitik auf Basis des neuen Filmförderungsgesetzes (FFG) in der derzeitigen Form für „verfassungswidrig“. Deshalb setzten die Richter die von neun Kinobetreibern angestrengten Verfahren vorläufig aus und riefen das Bundesverfassungsgericht an.

Das muss nun relativ rasch entscheiden, sonst geht der bundesweiten FilmFörderungsAnstalt (FFA) das Geld aus. Ein Großteil ihres jährlich 76 Millionen Euro schweren Etats kommt nämlich aus Branchenabgaben, von all jenen, die wirtschaftlichen Nutzen aus der Verwertung von Kinofilmen ziehen. Nur: Es gibt Einzahler erster und zweiter Klasse – die einen wie Kinos und Videotheken sind gesetzlich mit bestimmten Abgabequoten belegt und erhalten FFA-Bescheide. Die anderen wie Fernsehsender und neue Verwerter à la Online-Portale handeln mit der FFA Verträge aus und reduzieren ihre Zahlungen durch geldwerte Leistungen wie Werbespots.
Dies stinkt vielen deutschen Kinobetreibern, obwohl die Hälfte von ihnen wegen Umsatzproblemen befreit ist. Auch ein Bonus für die anstehende digitale Umrüstung konnte die klagenden Filmtheater nicht umstimmen. Bereits im Vorfeld der seit knapp einem Vierteljahr geltenden FFG-Novelle eskalierte der Streit um die „Ungleichbehandlung“ und die Bundesverwaltungsrichter sahen nun auch die „Abgabengerechtigkeit“ gravierend verletzt. Das allein hätte sicher durch FFG-Nachbesserungen behoben werden können, doch die ganz Hartnäckigen unter den Klägern wollen offenbar das Kind mit dem Bade ausschütten. Denn sie bezweifeln grundsätzlich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für etwas wie das Kulturgut Film und monieren einen Verfassungsverstoß durch die Film-Sonderabgabe.
Nun soll Karlsruhe entscheiden – oder die Streitenden einigen sich vorher, wie die SPD-Filmpolitikerin Angelika Krüger-Leißner empfiehlt. „Wir müssen uns ganz schnell zusammensetzen, um eine Lösung zu finden, die verfassungsrechtlich nicht angreifbar ist“, sagt auch Steffen Kuchenreuther, Kinobetreiber und Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO). Die Gefahr für die bundesweite Filmförderung sei groß, da jetzt schon etliche Kinos unter Vorbehalt an die FFA zahlen. Außerdem liegt beim Europäischen Gerichtshof schon lange eine Klage der Cinemaxx AG.
Die FFA selbst sieht in der Leipziger Entscheidung eine „Klarstellung, die Fernsehveranstalter in die gesetzliche Abgabepflicht mit einzubeziehen“. Zugleich kündigte der FFA-Vorstand für das Bundesverfassungsgericht an, zusammen mit dem Kulturstaatsminister „für eine Aufrechterhaltung des Abgabesystems“ zu kämpfen, um „die Existenz der nationalen Filmförderung in Deutschland dauerhaft“ zu sichern. Immerhin gibt’s ja noch die über 120 Millionen schwere regionale Filmförderung in Deutschland und den neuen DFFF mit jährlich 60 Millionen Euro. Die haben 2008 deutschen Filmen mit 185 Kino-Starts und über 34 Millionen Zuschauern einen Rekord von fast 27 Prozent Marktanteil beschert.

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