Gegenwind

Landesmedienanstalt sieht die Fakten bei Radio Dreyeckland anders
Die baden-württembergische Landesmedienanstalt für Kommunikation (LFK) hat den Beitrag in M 03/2008 „Gegenwind aus Stuttgart“ kritisiert. Fakten seien falsch oder nicht in den richtigen Zusammenhängen dargestellt.

M hat nachgehakt bei Thomas Langheinrich, Präsident der LFK.

 
M | Ein Hauptvorwurf in dem Beitrag betrifft die Kürzung von Fördergeldern. Radio Dreyeckland (RDL) behauptet zum Beispiel konkret, dass für sie existenzbedrohliche Streichungen erfolgten und erst danach Auflagen etwa nach einem „eigenproduzierten“ Programm erhoben wurden. Mit Blick auf das nächste Jahr wird ausgehend von derzeitigen Förderrichtlinien mit weniger Geld gerechnet? Das sehen Sie offenbar anders?

THOMAS LANGHEINRICH | Was die Streichungen von Fördergeldern anlangt, so hat RDL im Sendegebiet Schopfheim den lizenzierten Umfang eigenproduzierter Sendungen nicht eingehalten. Als die LFK dies im Rahmen der Programmbeobachtung feststellte, hat sie die Fördergelder entsprechend gekürzt. Wie so oft in den letzten Jahren hat Radio Dreyeckland auch wegen dieser Entscheidung die Gerichte bemüht. Die Richter haben die Förderpraxis der Landesanstalt bestätigt. Auch in Zukunft werden die Nicht-Kommerziellen Lokalradios (NKL) im bisherigen Umfang von der LFK finanziell gefördert. Entgegen der beharrlich wiederholten Behauptungen vom angeblichen „Gegenwind aus Stuttgart“ hat sich die Gesamtsumme der NKL-Förderung 2008 erhöht und wird voraussichtlich auch 2009 weiter steigen. Radio Dreyeckland stellt – trotz besseren Wissens – falsche Behauptungen zu einer Förderrichtline 2009 auf, die es so überhaupt nicht gibt. Aber als PR-Maßnahme, um neue Mitglieder gegen die vermeintlich böswillig agierende LFK zu generieren, eignen sich solche und andere Falschaussagen der Vertreter der „Gegenöffentlichkeit“ wohl allemal. Im Übrigen: Zurzeit laufen insgesamt 13 (!) weitere Widersprüche und Verfahren von Seiten RDL gegen Entscheidungen der LFK. Man kann den Eindruck haben, Geschäftsführer Kurt-Michael Menzel führt einen persönlich motivierten Feldzug gegen die LFK. Im Hinblick auf die angespannte finanzielle Lage seines Radios wäre das Geld der Spender und Mitglieder besser in die Finanzierung des Programms zu investieren als erfolglose juristische Verfahren anzustrengen.

M | Ein weiterer Punkt: die Frequenzvergabe. Auch hier fühlt sich RDL nicht genügend unterstützt, weil es auf 102,3 Megahertz in Freiburg nur lückenhaft zu empfangen sei. Doch eine langjährig umworbene Frequenz sei an das Uni-Lernradio gegangen?

LANGHEINRICH | Wie immer hat es sich auch bei dieser Entscheidung die LFK nicht leicht gemacht. Unsere Techniker haben beide Frequenzen im Vorfeld analysiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der Großteil der beiden Frequenzen das gleiche Gebiet versorgt. Das heißt im Umkehrschluss, nur ein geringer Prozentsatz der zusätzlichen Frequenz wäre tatsächlich für Radio Dreyeckland relevant gewesen und hätte zusätzliche Reichweite generiert. Beide Frequenzen RDL zu geben, wäre unter diesem Gesichtspunkt eindeutig Verschwendung der Ressourcen und gesellschaftlich nicht verantwortbar gewesen. So hat das Uni-Lernradio in Freiburg eine Frequenz erhalten und trägt damit zur Pluralität der Medien und Meinungen in der Region bei.

M | Im Beitrag wird gesagt „seit kurzem“ teilen sich das Freie Radio Stuttgart (FRS) die Frequenz 99.2 MHz mit dem Hochschulradio Stuttgart. Das stimmt zugegebenermaßen so nicht ganz, weil es schon seit dem 1. Januar 2004 so ist. Aber ist es nicht richtig, dass das FRS damit 32 Stunden weniger Sendezeit je Woche und 7.200 Euro weniger an Fördergeldern erhalten hat? Auch der Querfunk moniert, dass 2006 Gelder gestrichen worden seien?

LANGHEINRICH | Lassen wir doch einfach Fakten sprechen: Die Landesmedienanstalt hat dem Freien Radio Stuttgart (FRS) auf Grund der besonderen Situation und des hohen Programmaufwands sogar einen finanziellen Ausgleich in Form einer zusätzlichen Pauschale genehmigt, so dass die 7.200 Euro Verlust nahezu kompensiert werden konnten. Beim Querfunk wurden Fördermittel seitens der LFK zurückgehalten, weil der Sender sich weigerte die erforderlichen Nachweise einzureichen. Daraufhin hat Querfunk den Rechtsweg beschritten und erst auf Aufforderung der Richter die Unterlagen offengelegt. Danach hat die LFK den Förderbetrag ausbezahlt. Querfunk hat der Gang vor Gericht jedenfalls nichts eingebracht, außer Kosten.

M | Laut Landesmediengesetz können Nichtkommerzielle Lokalradios (NKL) 10% des Rundfunkgebührenanteils der LFK erhalten. Hier ist im M-Beitrag nur ein Teil der Kosten genannt und damit ein falsches Bild vermittelt worden? Oder ist die Bewertung dessen, was in diese Gebühren-Prozente gehört, einfach nur unterschiedlich auch im Vergleich zu anderen Bundesländern?

LANGHEINRICH | Die Nicht-Kommerziellen Lokalradios erhalten 10 Prozent der Gebührengelder, das sind insgesamt über 800.000 Euro, für ihre Programme und deren Verbreitung. Das heißt, die Landesmedienanstalt schöpft den gesetzlichen Rahmen in Baden-Württemberg voll aus und zwar ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein. Die Praxis anderer Bundesländer ist auf Grund anderer Strukturen und anderer Landesmediengesetze nicht vergleichbar. Beispielsweise gibt es in Bayern nur zwei freie Radios, in Baden-Württemberg immerhin 13. Dass der gesetzliche Förderbetrag nicht ausreicht, um alle diese Sender voll zu finanzieren, liegt auf der Hand und ist vom Gesetzgeber auch so gewollt. Neben den Fördergeldern sollen die NKL-Veranstalter sich über Mitgliedsbeiträge oder Spenden finanzieren. Im Landesmediengesetz ist zudem ausdrücklich Sponsoring erlaubt. Wenn manche Sender das aus ideologischen Gründen ablehnen, dann ist das ihre Sache. Aber noch eine Klarstellung: Wenn im Artikel von M behauptet wird, kommerzielle Privatradios erhalten in Baden-Württemberg pro erreichbarem Hörer 30 Cent für ihre Verbreitung, ist das falsch. Die kommerziellen Radios erhalten nach einem bestimmten Schlüssel nur Bruchteile dieses 30 Cent-Berechnungsfaktors als Förderbetrag, während die LFK 100 Prozent der Verbreitungskosten der Nicht-Kommerziellen Lokalradios (NKL) übernimmt.

Interview: Karin Wenk 
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