Im ZDF: Statt Outsourcing Service- oder Cost-Center

IG Medien und Personalrat im ZDF konnten bisher verhindern, daß Dienstleistungsbereiche im ZDF in großem Stil ausgelagert und privatisiert werden. Statt outzusourcen werden in Mainz Dienstleistungsbereiche wie beispielsweise der Kfz-Betrieb, das Archiv, die Graphik oder der Außenübertragungsbereich mit den Ü-Wagen als Service-Center oder als Cost-Center geführt. Sie sollen im Idealfall wie selbständige Betriebe agieren.

Jedes dieser Service-Center bietet Redaktionen Leistungen an und rechnet diese anschließend mit den Redaktionen einzeln ab. Gleichzeitig ist jede Redaktion verpflichtet, alles was für eine Produktion erforderlich ist, beim Service Center zu bestellen, technische Ausrüstungen und Geräte genauso wie Personal. Das Service-Center besitzt ein Angebotsmonopol, dort wird entschieden, ob die von den Redaktionen nachgefragten Leistungen von ZDF-Mitarbeitern aus der Produktionsdirektion selbst erbracht werden oder ob dafür Ressourcen am Markt dazu gekauft werden. Die Preislisten werden zwischen den Service-Centern und den Redaktionen jährlich abgestimmt.

Cost-Center unterscheiden sich von den Service-Centern dadurch, daß dort Leistungen angeboten werden, die am Markt nicht vorhanden sind. Dazu gehören zum Beispiel die Zentraltechnik, der Aufnahme- und Wiedergabebereich und die Sendeabwicklung. Für diese Tätigkeiten gibt es aus diesem Grund auch keine vergleichbaren Marktpreise. Für diese Leistungen müssen die Redaktionen kostenorientierte Verrechnungspreise zahlen, die ebenfalls in jährlichen Zielvereinbarungen gemeinsam ausgehandelt werden. Auf diese Weise werden auch in diesen Bereichen ökonomische Anreiz- und Rahmenstrukturen geschaffen, die zu einem eigenverantwortlichen und kostenorientierten wirtschaftlichen Verhalten führen soll.

Synergieeffekte durch Mobile Produktion

Die Kameraleute, die zusammen mit Journalisten auf der Suche nach Bildern unterwegs sind oder Interviews für eine Reportage drehen, bezeichnet man landläufig als EB-Teams, das Kürzel für „Elektronische Berichterstattung“. Ihre Kolleginnen oder Kollegen an den großen Elektronischen Studiokameras, im Fernsehjargon „E-Kameraleute“ genannt, waren in der Vergangenheit im ZDF von den klassischen Fernsehteams organisatorisch getrennt. So wie es heute noch in vielen Fernsehanstalten der Fall ist.

In der neugeschaffenen ZDF-Produktionsdirektion sind diese beiden ähnlichen Tätigkeiten in Zukunft im Geschäftsfeld Kamera zusammengefaßt. Das ZDF erhofft sich dadurch Synergieeffekte, da Kolleginnen und Kollegen je nach Auftragslage sowohl mit der EB-Kamera unterwegs sein, wie an der E-Kamera im Studio eingesetzt werden können. In der Vergangenheit war beispielsweise zu großen Außenübertragungen ein EB-Team angereist, um Schnittbilder zu drehen, die in der Sendung gezeigt wurden. Dazu kamen zusätzlich die E-Kameraleute, um die Studiokameras zu bedienen. Durch die Neuorganisation will das ZDF bei solchen Veranstaltungen Doppelanreisen und damit Reisekosten in nicht unbeträchtlicher Höhe sparen.

Kosten – Legende widerlegt

Alle Leistungen, die ZDF-Redaktionen in Zukunft in Anspruch nehmen, müssen bei den Service-Centern bestellt und dann mit sogenannten Marktpreisen bezahlt werden. Für den Preis spielt es keine Rolle, ob ZDF-Mitarbeiter oder Freie beschäftigt werden, ob ZDF-Gerät eingesetzt oder Ausrüstungen bei privaten Firmen angemietet werden. Die Redaktionen zahlen immer das gleiche.

Um herauszufinden, welche Preise auf dem freien Markt für vergleichbare ZDF-Leistungen bezahlt werden müssen, haben verschiedene Arbeitsgruppen im Vorfeld Angebote der wichtigsten Anbieter eingeholt und daraus einen Mittelwert errechnet und entsprechende Preislisten erstellt. Nachdem Personalkosten, Geräte- und Teampreise der externen Anbieter feststanden, war die Überraschung groß: Die ermittelten Marktpreise lagen teilweise erheblich über den ZDF-eigenen Preisen. Würden diese Marktpreise den Redaktionen in Rechnung gestellt, wären die Redaktionsetats schnell aufgebraucht. Jetzt ist im Kamerabereich nur noch von „Verrechnungspreisen“ die Rede und die Legende widerlegt, auf dem Markt sei alles billiger zu haben als im ZDF.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »

AfD als Social Media Partei überschätzt

Eng vernetzt mit dem extrem- und neurechten Vorfeld und gezielt provozierend mit rassistischem Content: Die Landtagswahlkämpfe der AfD in Sachsen, Thüringen und Brandenburg waren von einer hohen Mobilisierung geprägt, auch über die sozialen Medien. Eine aktuelle Studie der Otto Brenner Stiftung (OBS) in Frankfurt am Main zeigt nun aber: die Auftritte der AfD auf Social Media sind weit weniger professionell als zuletzt häufig kolportiert und es gibt deutliche regionale Unterschiede.
mehr »