Kinosterben in Portugal

In diesem Jahr hat auch der erfolgreiche Spielfilm »Nachtzug nach Lissabon« den Bick auf Portugal gelenkt. Nach wie vor bestimmt die Troika mit ihren Sparauflagen das Leben im südwestlichsten europäischen Land am Atlantik. Auch die portugiesischen Kinos sind von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Lande betroffen. Sie verzeichneten 2012 einen immensen Umsatzeinbruch.

Foto: Callahan / Fotolia.com
Foto: Callahan / Fotolia.com

Während sich der größte Kinobetreiber Portugals ZON Lusomundo Cinemas Socorama trotz Krise noch ganz gut behaupten kann, muss die Kinokette Socorama Cinemas S.A. Federn lassen. Seit Januar dieses Jahres hat sie 49 ihrer 106 Kinos im Land geschlossen. Noch für 2012 hatte Socorama Cinemas S.A. an der Kasse Bruttoeinnahmen von 12,6 Millionen Euro zu verzeichnen, 1,7 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Von Viana do Castelo und Guimarães im Norden Portugals und den Städte Leira, Loures, Torres Novas, Sintra, Cascais und Lissabon, selbst in Touristenzentren wie Portimã an der Algarve, werden Kinos zugemacht, ebenso in Funchal auf Madeira und in Ponta Delgada auf der Azoreninsel São Miguel. Damit ist die größte Azoreninsel ohne Kino. Vor Jahren hatten hier noch lokale Unternehmer eine Chance, aber sie wurden von den großen Kinobetreibern geschluckt. Mit der Schließung der Betriebe von Socorama Cinemas S.A. verlieren 75 Arbeitnehmer, die als Vorführer oder an der Kasse tätig waren, ihren festen Arbeitsplatz. Und neue Arbeitsplätze sind in dem Krisenland derzeit mehr als rar. Die Arbeitslosigkeit in Portugal beträgt insgesamt 18%, mit der Tendenz steigend, bei den Jugendlichen mehr als 40%. Bereits in den Jahren zuvor gaben Kinos überall im Land auf. In São Brás de Alportel, einer Stadt an der Algarve, bekam das ehemalige Kino von der Kommune als Galerie und Kulturzentrum eine neue Funktion. Auch in der Gemeinde Estói, der Ort ist bekannt durch die römischen Ruinen von Milreu, wurde aus dem Kino ein Kulturzentrum.
Arbeitslosigkeit grassiert in allen Bereichen der Filmproduktion bis hin zu den Schauspielern. Der öffentlich-rechtliche TV-Sender Radio Televisão de Portuguesa (RTP) förderte bisher Filme mit Zuschüssen. Dem vom Staat finanzierten Radio und TV-Sender droht jedoch die Privatisierung. Die Staatskasse ist leer. Es ist davon auszugehen, dass RTP nach einem Verkauf als Förderer des portugiesischen Films ausfallen wird. Der Abgeordnete Miguel Tiago stellte im Parlament in Lissabon der Regierung die Frage, was sie unternehme, damit das verfassungsmäßige Gebot des Zugangs zur Kultur eingehalten wird. Bis heute steht eine Antwort aus.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Eine Medienplattform für Europa

Für ARD und ZDF war es eine richtungsweisende Entscheidung, als sie vor einem Jahr mitteilten, ihre Mediathek-Software gemeinsam entwickeln zu wollen. Mit im Boot ist inzwischen auch das Deutschlandradio. Unter dem Projektnamen „Streaming OS“ laufen die Arbeiten. OS steht für „Operating System“, aber auch für „Open Source“. Die öffentlich-rechtlichen Sender wollen wichtige technische Bausteine für ihre Streaming-Aktivitäten auch anderen Anbietern und Organisationen frei zugänglich machen. Eine europäische Ausrichtung haben sie ebenso im Blick.
mehr »

AfD-Einstufung zwingt Rundfunkgremien zum Handeln

Das zunächst unter Verschluss gehaltene Gutachten des Verfassungsschutzes, welches zur Einstufung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistische Partei“ führte, wurde nunmehr durch Medien veröffentlicht. Innenminister Dobrindt ließ zunächst offen, inwiefern juristische Schritte gegen die Veröffentlichung geplant seien. Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im Bundesvorstand von ver.di, begrüßt, dass nun öffentlich über das Zustandekommen der Einstufung diskutiert werden kann.
mehr »

RBB: Nach- und Neubesetzungen

Beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wird es voraussichtlich im Herbst eine neue Leitung der Programmdirektion geben. Es gehe darum, dann die Neubesetzung mit dem eingeleiteten Konsolidierungs- und Reorganisationsprozess aufeinander abzustimmen, erklärte der RBB auf Anfrage. Damit wird es keine schnelle Nachbesetzung der Programmdirektorenstelle geben.
mehr »

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »