Netzneutralität: Offenes Internet in der EU gestärkt

Das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (BEREC) hat am 30. August seine Leitlinien zur Netzneutralität veröffentlicht. An diese Leitlinien müssen sich die Regulierungsbehörden der einzelnen EU-Mitgliedstaaten, in Deutschland die Bundesnetzagentur, in ihrer Auslegung der EU-Verordnung zur Netzneutralität künftig halten. Verbraucherschützer_innen und Netzaktivist_innen werten die nun beschlossenen Klauseln als Erfolg für das offene Internet. Zuvor hatten 500.000 Menschen die Kampagne „Save the Internet“ für den Erhalt der Netzneutralität unterstützt.

Das Prinzip der Netzneutralität garantiert, dass alle Daten von den Internetprovidern gleichberechtigt befördert werden und somit alle Internetnutzer freien und gleichen Zugriff auf diese Daten haben. Im Oktober 2015 hatte die EU-Kommission eine Verordnung zur Regelung der Netzneutralität auf europäischer Ebene beschlossen, die jedoch aufgrund schwammiger Formulierungen großen Unternehmen wie der Telekom zu viele Schlupflöcher bot, um die Netzneutralität zu unterlaufen. Bürgerrechtler_innen und Netzaktivist_innen hatten vor allem die unklaren Regelungen zu den sogenannten „Spezialdiensten“ kritisiert. Demnach wäre es Telekommunikationsfirmen möglich gewesen, bestimmte Daten bevorzugt zu befördern und somit kostenpflichtige Überholspuren auf der Datenautobahn zu schaffen.

Nach einer öffentlichen Konsultation hat die BEREC nun Leitlinien zur Auslegung besagter Verordnung in den EU-Mitgliedstaaten festgelegt, welche zumindest das Einrichten von Spezialdiensten im Netz verhindern. Netzexperten bemängeln zwar, dass die Streitfrage der Zero-Rating-Angebote, also von Diensten, die unabhängig vom Datenvolumen immer mit der gleichen Bandbreite angeboten werden, aufgrund der Formulierungen weiterhin ungelöst bleibe, dennoch werden die Leitlinien insgesamt als Erfolg für das offene Internet gewertet:

„Dies ist ein wichtiger Tag für das offene Internet in der EU. BEREC hat in seinen Leitlinien einen guten Kompromiss gefunden. Sie sind auf der einen Seite verbraucherfreundlich und setzen wettbewerbsschädlichen Praktiken Grenzen. Auf der anderen Seite lassen sie den Unternehmen ausreichenden Raum, ihre Netze zu optimieren sowie neue und innovative Geschäftsmodelle anzubieten. Die Bundesnetzagentur muss nun die TSM-Verordnung und die BEREC-Richtlinien konsequent anwenden und durchsetzen“, so Klaus Müller, Vorstand von verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Türkei: Regierung schaltet TV-Sender ab

In der Türkei ist einer der populärsten regierungskritischen TV-Sender für zehn Tage abgeschaltet worden. Gegen Sözcü TV sei eine Strafe wegen wiederholten „Verstößen gegen Sendevorschriften“ verhängt worden, schrieb der Chef der Rundfunkbehörde (Rtük), Ebubekir Sahin, auf der Plattform X. Der Sender kritisiert das Vorgehen als Zensur.
mehr »

Für ein digitales Ökosystem

Markus Beckedahl, Journalist und Gründer des Online-Portals www.netzpolitik.org, erkennt  im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunk den Ort, wo alternative digitale Infrastrukturen gut entwickelt werden können.
mehr »

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

KI macht Druck auf Suchmaschinen

Die Künstliche Intelligenz frisst den Traffic: Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) meldet massive Einbrüche bei der Suchmaschinen-Nutzung aufgrund von Chatbots bei Google oder ChatGBT. Weil viele Nutzer*innen sich mit den Zusammenfassungen von KI zufrieden geben, klicken sie nicht mehr weiter zu den Websites, von denen die Informationen bezogen werden.
mehr »